Milchproduktion Norditalien

Familie Pelizzari: Von 27 auf 1.500 Kühe in 30 Jahren

Die Milchkuhherde von Familie Pelizzari (IT) ist kontinuierlich gewachsen. Erst im letzten Jahr haben sie ein neues Melkhaus sowie einen neuen Stall eingeweiht.

Dass im Städtedreieck zwischen Mailand, Brescia und Parma in der norditalienischen Poebene viele Milchkühe gehalten werden, ist bekannt. Dennoch waren wir auf unserer Norditalien-Tour im Mai dieses Jahres sehr beeindruckt, als wir auf einer langen Landstraße in Richtung Ricengo zu einem unserer nächsten Reportagebetriebe folgen. Denn hier reiht sich links und rechts der Straße ein großer Milchviehbetrieb mit mehreren hundert Kühen an den nächsten.
So auch der Milchkuhbetrieb der Familie Pelizzari. Als wir vor dem Melkhaus parken, sehen wir das neue Außenmelkkarussell. Auf dem Melkhaus ist eine große Aufschrift „Allevamento Pelizzari“ mit einer runden Italien- Flagge auf der ein schwarz-weißer Kuhkopf sowie die Jahreszahl 2023 zu erkennen sind. Das Tor unter dem Schriftzug ist geöffnet. Dahinter sehen wir, dass gerade Kühe in dem großen, neuen Außenmelker-Karussell gemolken werden. Nach dem Aussteigen begrüßt uns der zukünftige Betriebsnachfolger Leonardo Pelizzari herzlich in der Mittagssonne. Er erklärt uns, dass die Kühe täglich um 1 Uhr nachts und um 13 Uhr mittags gemolken werden. Das neue Melkkarussell bietet Platz für 72 Kühe.

Milchproduktion Norditalien

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Schrittweises Wachstum

Vor 27 Jahren hat Aquilino Pelizzari, der Großvater von Leonardo, an diesem Standort, nördlich von Crema, noch 27 Kühe gemolken. Heute melkt die Familie 1.500 Kühe mit Hilfe von Fremdarbeitskräften. Wir gehen mit ihm durch die beiden im letzten Jahr neu gebauten Gebäude, dem Melkhaus und einem Stall für Trockensteher und Kälber. Die einzelnen Wachstumsschritte des Milchkuhbetriebs sind deutlich zu erkennen. Neben dem neuen Melkhaus befindet sich der wohl älteste Kuhstall. Er hat im Vergleich zu den angrenzenden Ställen eine niedrige Deckenhöhe. Wie auf der Landstraße, die uns hierher geführt hat, reiht sich ein Kuhstall an den nächsten.
Typisch für die Ställe in der heißen Po-Region ist, dass jeder Stall mit zahlreichen Ventilatoren und einer automatischen Vernebelungsanlage ausgestattet ist, um Hitzestress vorzubeugen. 90 % der Herde sind schwarzbunte Holsteins. Die restlichen 10 % teilen sich in einige Brown Swiss-, Jersey und auch Simmental-Kühe auf. Die Kühe sind in insgesamt zehn Gruppen aufgeteilt. Darunter befinden sich die Frischmelkergruppe, eine Hochleistungs- und eine separate Färsengruppe.

Eigene Nachzucht und Zukaufsfärsen

Leonardo Pelizzari wird zukünftig den Betrieb seines Vaters übernehmen. (Bildquelle: Simon)

Familie Pelizzari muss jährlich etwa 300 Färsen zusätzlich zur eigenen Aufzucht zukaufen, da sie nicht genug Aufzuchtplätze haben. Diese, größtenteils deutschen Jungkühe, werden über einen Händler (ACB La Nuova) importiert. Beim Zukauf vertraut die Familie auf das Importunternehmen. „Auffällig ist, dass unsere eigenen Färsen eher klein und fett sind. Die Zukaufstiere haben den typischen Dairycharakter. Sie sind oft groß und schmal“, sagt Leonardo Pelizzari und zeigt dabei auf eine fast komplett weiße Jungkuh, die vor einer der Tränken im Stallübergang steht. Er fährt fort: „Aber das ist mir eigentlich egal. Das wichtigste ist, dass sie melken.“ Seine Lieblingskühe der Herde sind die Jerseys, Die ausschließlich gesext besamt werden und sich dadurch auch „glücklicherweise“ vermehren.

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Dominate Brown Swiss-Kälber

Sowohl die weiblichen als auch die männlichen Kälber erhalten eine Woche Vollmilch. Für sieben weitere Wochen füttert der Betrieb die Kuhkälber mit Milchaustauscher.. Während dieser Zeit sind sie für vier Wochen in einer Einzelbox und danach in einer Kleingruppe. Bei jeder Kälbergruppe hängt eine grüne Milchbar über dem Nackenrohr. Dabei fällt eine Gruppe junger Kälber besonders auf: Eine fast ausschließliche Brown Swiss-Gruppe. „Die Rasse ist sehr dominant. Daher stellt man sie besser im Tränkealter in eine separate Gruppe. Natürlich geht das nur, wenn zu dem Zeitpunkt viele braune Kühe kalben“, sagt ?? Pelizzari.

Ein großer Abkalbestall für alle zusammen

Wir haben nun das Hofgelände einmal überquert und Betreten zum Abschluss den im letzten Jahr eingeweihten neuen Trockensteher- und Abkalbestall. Das große Stallgebäude ist in vier verschiedene Tiergruppen geteilt. Links beginnend sind die Frühtrockensteher untergebracht. Dann folgen die Anfütterungstiere. Bemerkenswert ist, dass alle Tiere der Close Up-Gruppe in einem großen Strohabteil untergebracht sind und dort auch zusammen abkalben. „Das große Abkalbeabteil bereitet uns keine Probleme. Auch die Erstkalbskühe kalben in der Kuhgruppe“, so Pelizzari. Das Erstkalbealter der selbst aufgezogenen Jungkühe beträgt durchschnittlich 23 Monate.

Optimierter Kälberbereich

Nach dem Abteil der Anfütterungskühe folgen Abteile für abgesetzte Kälber, die anschließend in einen anderen Jungtierstall ziehen, bevor sie mit 6 Monaten zum gepachteten Aufzuchtbetrieb transportiert werden. Gegenüber des Fressgitters der Abgesetzten sind Einzelkälberboxen über die gesamte Stalllänge aufgestellt. Teilweise hatte der Betrieb starke Probleme mit Durchfall. Deshalb verfolgt der Milchkuhbetrieb nun ein festes Schema: Nach jedem Kalb werden die Boxen gereinigt und desinfiziert. Anschließend folgt eine Leersteh-Phase vor der nächsten Belegung.

Mehr Milch und bessere Inhaltsstoffe gewünscht

Zukünftig möchte Familie Pelizzari mehr Milch pro Kuh melken. Durch die Optimierung des Trockensteherbereiches erhoffen sie dahingehend einen ersten Schritt gemacht zu haben. Aktuell liegt die tägliche Leistung bei 32 Litern. „Leider sind die Inhaltsstoffe mit 3,96 % Fett und 3,54 % Eiweiß zu niedrig“, sagt Leonardo Pelizzari. „Wir versuchen daher Bullen für die Besamungen auszusuchen, die nicht nur eine positive Milchmenge, sondern auch gute Inhaltsstoffe vererben.“
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