Elite Dairy Tour 2024

Schräge Herausforderungen meistern

Die Steillagen der Wiesenflächen von Familie Kaser in Südtirol bergen Tücken in der Futterbergung. So gelingt es ihr, die Kühe trotzdem optimal zu versorgen.

Kleine Wolken bedecken den blauen Himmel, als wir durch enge Kurven fahren und der Beschilderung in Richtung „Großplonerhof“ bergauf zum Milchkuhbetrieb von Familie Kaser folgen. Nach einigen Metern Fahrstrecke, die von Bäumen links und rechts der Straße geprägt sind, fahren wir nach einer Serpentinenkurve rechts an einer Wiese entlang. Am gegenüberliegenden Ende der steilen Fläche sehen wir die Stallgebäude des Milchkuhbetriebs der Familie Kaser.

Betriebsspiegel

  • 60 Holsteinkühe mit weiblicher Nachzucht
  • 11.900 kg Milch mit 4,25 % Fett und 3,28 % Eiweiß; 120.000 Zellen/ml
  • 60% selektives Trockenstellen
  • 1000 Höhenmeter, Flächen: 700 – 1.300 Meter

Die Wiese unterhalb des Kuhstalls ist einer „der Besten“ laut Fabian Kaser. Die Schwaden legen sie hier vertikal zum Hang. So können sie das Gras mit dem Ladewagen einfahren. Auf den meisten Flächen müssen Kasers das Gras mit aufwändiger Handarbeit auf eine ebene Fläche der Wiese sammeln. (Bildquelle: Simon)

Gleich zu Beginn des Gespräches kommt auch das Thema Steillagen auf. Auf den Weg vom Haus der Familie zum Kuhstall bleiben wir auf der Hoffläche stehen und blicken nun von oben auf die Wiese. Fabian Kaser erklärt uns: „Die Wiese unter unserem Kuhstall ist eine der besten und am wenigsten steilen Flächen. Hier können wir die Schwaden vertikal zum Hang legen, um sie dann mit unserem Ladewagen bergab fahrend zu bergen.“ Das sei vom Vorteil, denn bei den wenigsten Flächen wäre das möglich. Bei vielen Wiesen muss das Erntegut bis zur anliegenden Straße geschwadet werden, um es dort auf einer geraden Straße einfahren zu können.
Die Hanglagen sind bei der Futterproduktion eine Herausforderung. Sie sind aber nicht nur von Nachteil!
Fabian Kaser
Insgesamt bewirtschaftet Familie Kaser 30 ha Grünland und baut auf 2 ha Silomais an. Trotz erschwerter Bedingungen beim Futterbau ist Hofnachfolger Fabian Kaser sehr glücklich über die Situation: „Unser Betrieb und die Flächen liegen am Südhang des Berges. Dadurch ist der Schnee früh geschmolzen und wir können meist Anfang Mai bereits den ersten Schnitt machen. Das ist in unserer Region nicht selbstverständlich.“ Für die aufwändige Futterproduktion gibt es eine Förderung pro Hektar Grünland in Hanglage. So lag der Auszahlungspreis im März 2024 bei 74 Cent pro Liter Milch.

Futterselektion nur schwer zu unterbinden

Seit der Investition in den Futtermischwagen mit einer integrierten Fräse können die Kühe, die inzwischen kürzeren Graspartikel schlechter selektieren. (Bildquelle: Simon)

Fabian Kaser ist 21 Jahre alt, ist nun seit drei Jahren für die Fütterung verantwortlich und optimiert diese stetig. „Als ich zu Hause anfing, hatten wir große Probleme mit der Futterselektion. Damit verbunden waren schwankende Leistungen sowie ein hohes Acidoserisiko“, erklärt der junge Hofnachfolger. „Unser Ladewagen kann das Gras nicht kürzer schneiden. Es hat eine durchschnittliche Partikellänge von 9 – 11 cm. Daher haben wir seit letztem Jahr einen Futtermischwagen mit Fräse, um die Graspartikel kürzer zu schneiden.“ Zusätzlich hat er begonnen, Wasser in die Ration zu mischen, sodass die Kraftfutterkomponenten besser am Grundfutter haften.

Armin und Karin Herger-Bärtsch bringen ihre Milch vom Hofstandort in 1.350 m Höhe selbst ins Tal. Auch die schwankenden Futterqualitäten und der Wolf fordern den Familienbetrieb heraus.

Pro Tier werden 2 kg Luzerne, 3,5 kg Maismehl, 2,5 kg raps, 2 kg Melasse, 1,5 kg Heu 1. Schnitt, 1. 1,5 kg 2. Schnitt, 0,2 kg Stroh, 1,5 kg Biertreber in das Grundfutter (3/4 Grassilage, ¼ Maissilage) beigemischt. (Bildquelle: Simon)

Trotz des wesentlich besseren Mischergebnis ist Fabian Kaser nicht zufrieden: „Das Gras ist mir immer noch zu lang.“ Er sieht in der Fütterung noch viel Potential hinsichtlich Milchleistung und Kuhgesundheit. Zukünftig möchte der Junglandwirt seine Kühe noch effizienter halten, in dem er mehr Milch aus dem Grundfutter melkt. Sein Plan ist durch eine intensivere Bewirtschaftung des Grünlands (Düngung, Nachsaat, Striegeln, etc.) eine möglichst energiereichere Silage produzieren zu können. Aktuell hat der erste Schnitt einen Energiegehalt von 6,3 MJ NEL. „Aber da geht noch was“, ist er überzeugt.

Höhere Abgangsleistung angestrebt

Mit ihren 60 Holsteinkühen zählt Familie Kaser zu einem Großbetrieb in der Region Lüsen nordöstlich von Bozen. Aktuell erreicht die Herde eine Abgangsleistung von 46.000 Litern pro Kuh. Das Ziel von Fabian Kaser ist es, zukünftig konstant über 50.000 Liter in dieser Kennzahl zu erreichen. Er ist Eigenbestandsbesamer und entscheidet selbst, mit welchen Kühen er weiter züchten möchte. 30 % der Tiere belegt er mit der Fleischrasse Limousine. Die Zwischenkalbezeit verlängern Kasers tierindividuell: „Manche Kühe fangen wir erst ab dem 120. Tag an zu besamen. Die kriegt man sonst kaum trocken.“
Bei den Rindern kommt bis zu 30 % gesextes Sperma in den Einsatz. Sie sind ab dem sechsten Lebensmonat auf einem Nachbarbetrieb mit Weidezugang untergebracht. Dort wird die Fütterung und Brunstbeobachtung vom Eigentümer übernommen. „Eigentlich kaufen wir im Jahr etwa 10 Färsen über eine Auktion zu, um den genetischen Wert der Herde zu verbessern“ erklärt Fabian Kaser. „Aktuell brauchen wir das allerdings nicht machen.“ Er hält inne und lacht dann. Bei den hohen Färsenpreisen in der nahen Vergangenheit hatten wir weniger Fleischrassesperma nutzen wollen, daher sei aktuell ausreichend Nachzucht vorhanden- zukünftig möchten sie aber wieder fremde Einzeltiere in die Herde integrieren.

Das hat uns beeindruckt:

Der Familienzusammenhalt- Hand in Hand
Die steilen Lagen bedeuten einen großen Mehraufwand für die Milcherzeuger in den meisten Regionen Südtirols. So auch bei den Kasers. „Das schaffen wir nur, weil die ganze Familie zusammen hält und sich gegenseitig unterstützt“, sagt Fabian Kaser. Wenn vorwiegend sein Vater Martin, sein Bruder Florian und er im Sommer mit der Grasernte beschäftigt sind, dann übernehmen seine Mutter Elisabeth und seine Tante Christina beispielweise die Melkzeiten. Und das, obwohl bei den Ferienwohnungen, die Kasers vermieten, auch Hochkonjunktur ist. Für die Vermietung und die Direktvermarktung ist Fabians Mutter hauptverantwortlich. „Wenn es dann knapp wird, hilft auch meine Freundin Jana aus,“ sagt Fabian Kaser.
Zufriedene Kühe
Im Kuhstall des Großplonerhofs herrscht absolute Ruhe. Die Kühe sind ruhig, obwohl wir mit unseren laut knisternden Plastiküberziehschuhen zwischen ihnen gehen, um von den Laufgängen aus Fotos zu machen- Die ein oder andere Kuh schaut mal neugierig in unsere Richtung, aber das war es auch. Die liegenden Kühe bleiben entspannt wiederkauend liegen, die anderen fressen ihr Futter am Futtertisch und eine genießt gerade die Massage unter der Kuhbürste. Außerdem positiv auffallend: Alle Kühe sind sehr sauber und passend konditioniert!
Voll motiviert
Aktuell ist Fabian Kaser noch ein bis zwei Tage pro Woche als selbstständiger Klauenpfleger aktiv, solange seine Eltern die nächsten Jahre noch beide voll im Betrieb arbeiten: „Leider haben viele junge Menschen hier wenig Motivation die harte Arbeit zu bewältigen, besonders in Regionen mit Hanglagen. Vielen Höfen fehlt daher ein Nachfolger, das ist traurig! Auch ich habe natürlich Respekt davor, wenn die Arbeitskraft meiner Eltern irgendwann wegfällt- aber dennoch bin ich voll motiviert und habe noch viele Pläne für die Zukunft und unsere Kühe.“

Erfolgsfaktoren im Stall

Fütterung

Die Optimierung der Fütterung, insbesondere der Unterbindung der Selektion, bedeutet für die Herde der Kasers weniger Stoffwechselprobleme, eine bessere Fruchtbarkeit und mehr Milch!

Fabian Kaser ist Fan von Sandwich-Silagen bestehend aus Gras- und Maissilagen: „So bleibt das Verhältnis von Gras und Mais immer gleich – selbst wenn jemand anderes füttert.“ (Bildquelle: Simon)

Die Klauen tragen die Milch

Diesen Spruch hat Fabian Kaser als selbstständiger Klauenpfleger natürlich verinnerlicht und handelt auch danach. Bei den kleinsten Auffälligkeiten behandelt er das betroffene Einzeltier direkt im Klauenstand, bevor es zu einem erheblichen Leistungsabfall kommt.

Diesen Klauenstand nutzt Fabian Kaser, um Klauendefekte kurzfristig zu behandelt. Für den Herdenschnitt nutzt er den, den er auch als selbstständiger Klauenpfleger mit zu seinen betreuenden Betrieben nimmt. (Bildquelle: Simon)

Bequeme Liegeboxen

Die Liegeboxen streuen Kasers alle zehn Tage mit einer selbstgemischten Stroh-Kalk- Mischung auf. Die Kühe liegen gerade in den Boxen und sind sauber. „Ich bin zufrieden, aber möchte noch eine Anpassung vornehmen“, so Fabian Kaser. Er möchte die wandständigen Tiefboxen so umbauen, dass den Kühen mehr Kopfraum zur Verfügung steht.

Gerne würde Fabian Kaser eine fertige Einstreumischung von bergfourage ausprobieren, um auch prophylaktisch eggen Mastitiden entgegen zu wirken. Leider ist die Anlieferung mit einem Sattelzug an dem Standort durch die engen Kurven der Auffahrt zum Hof nicht möglich. (Bildquelle: Simon)

Luft und Licht

Die offene Front mit Blick ins Tal und auf den Ort Lüsen bringt viel Licht und Luft in den Kuhstall. Zusätzlich sorgen temperaturgesteuerte Ventilatoren für die optimale Belüftung für die Kühe.

Familie Kaser füttert immer abends die Kühe. Da sie keinen Futteranschieber besitzen, können sie so sicher stellen, dass die Kühe die ganze Nacht das Futter erreichen. (Bildquelle: Simon)

Sponsoren der Elite Dairy Tour 2024 (Bildquelle: Elite Magazin)

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