Jahresrückblick 2020 in Kürze
- Für die deutschen Milcherzeuger blieb die für das Jahr 2020 erhoffte weitere Erholung der Erzeugerpreise, die im Herbst 2019 einsetzte, aus. Wesentlich dazu beigetragen haben die marktseitigen Verwerfungen in Folge der Coronakrise. Auch wenn diese rückblickend betrachtet weniger stark als anfänglich befürchtet ausfielen.
- Die Wirtschaftlichkeit der Milchkuhbetriebe leidet seit dem zweiten Quartal 2020 unter merklichen Rückgängen beim Milchgeld. Mit den Tiefpunkten im...
Jahresrückblick 2020 in Kürze
- Für die deutschen Milcherzeuger blieb die für das Jahr 2020 erhoffte weitere Erholung der Erzeugerpreise, die im Herbst 2019 einsetzte, aus. Wesentlich dazu beigetragen haben die marktseitigen Verwerfungen in Folge der Coronakrise. Auch wenn diese rückblickend betrachtet weniger stark als anfänglich befürchtet ausfielen.
- Die Wirtschaftlichkeit der Milchkuhbetriebe leidet seit dem zweiten Quartal 2020 unter merklichen Rückgängen beim Milchgeld. Mit den Tiefpunkten im Mai, wo viele Milcherzeuger Milchpreise von 28 bis 29 Cent pro kg erhielten (entspricht etwa -15% zu März 2020; vor Beginn der Corona-Krise).
- Die Molkereien schafften neue Absatzwege bzw. stellten die Produktion stärker auf die gewachsene Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel ein, die Milchanlieferungsmenge hielt sich stabil. So konnte ab Juni auf der Erlösseite zwar eine leichte Erholung einsetzen, das Niveau vom Jahresanfang wurden jedoch nicht wieder erreicht.
- Die Milcherzeugerpreise, die vor Beginn der Corona-Krise im Auftrieb waren, werden im Jahresdurchschnitt das Vorjahresniveau 2019 (33,7 Cent) nicht erreichen. Der Jahresdurchschnittspreis beträgt nach den Berechnungen des Milchindustrie-Verband MIV voraussichtlich 32,5 Cent pro kg Standardmilch inkl. Nachzahlung.
- Die Jahresanlieferung an Milch in 2020 hält sich weitestgehend stabil zum Vorjahr. In den ersten elf Monaten des Jahres haben die Molkereien in Deutschland laut Schnellberichterstattung der Zentralen Milchmarkt Berichterstattung (ZMB) insgesamt 28,95 Mio. t Rohmilch erfasst. Das waren +0,4 % mehr als in der Vorjahresperiode. Auch im Dezember erwies sich der saisonale Anstieg der Milchanlieferungen nur verhalten.
- Detaillierte Rückblicke bei uns unter „Wie wird Corona die Milcherzeugerpreise beeinflussen?“ (April 2020) und „Corona: Milchmarkt weniger hart getroffen als befürchtet?“ (Juni 2020) sowie „Corona-Lockdown erhöht Milchkonsum im ersten Halbjahr 2020“ (Juli 2020) und „Wie entwickeln sich die Milchpreise?“ (September 2020) und „Milchmarkt im November 2020 und Ausblick 2021“ (November 2020).
Ausblicke: Schwächere Milcherzeugerpreise im 1. Quartal 2021!? Nicht unbedingt.
Anfang 2021 sind am Milchmarkt die alten Herausforderungen teils auch wieder die neuen, fasst es die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH (AMI) knapp zusammen: Die Folgen der Corona-Pandemie sowie der Austritt des Vereinigten Königreiches aus dem EU-Binnenmarkt sind die starken Einflussfaktoren. Dagegen steht ein in Deutschland zwar nahezu stabiles Milchangebot, in den meisten EU-Ländern sowie international steigt dieses allerdings, teils kräftig.
Vor diesem Hintergrund schließt die AMI im ersten Quartal 2021, möglicherweise auch darüber hinaus, Preisschwächen an den Produktmärkten nicht aus. Folgende Argumente werden dargelegt:
- Während sich die Aussichten am deutschen Milchmarkt bei Magermilchpulver und Molkenpulver auch nach dem Jahreswechsel fester darstellen, zeichnen sich bei Schnittkäse und Butter für die ersten Monate von 2021 Preisabschläge ab.
- Ob die zahlreichen Proteste der Milcherzeuger bei Molkereien und dem Handel positive Effekte auf die Molkereiabgabepreise haben und damit im Jahr 2021 die Erzeugerpreise stabilisieren könnten, wird sich zeigen. Mehr dazu erfahren Sie hier: „Milcherzeuger demonstrieren gegen Aldi-Butterpreis“.
- Rekordabsätze zu schwachen Molkereipreisen: Im Zuge der laut AMI „teils schwächeren Erlössituation der Molkereien“ im Absatz an den Lebensmitteleinzelhandel und im Industriegeschäft im vierten Quartal, ist der Anstieg der Erzeugerpreise bereits Ende 2020 zum Stillstand gekommen. Dem gegenüber standen im vierten Quartal und ganz besonders im Weihnachtsgeschäft Rekordabsätze an Milchprodukten im LEH (mehr dazu lesen Sie hier „Milchanlieferung 1,1 % unter Vorjahr, sehr hohe Nachfrage“). Der Lebensmittelhandel in Deutschland kann das Corona-Jahr 2020 als bisher umsatz- und ergebnisstärkstes Jahr überhaupt verbuchen, heißt es seitens der Lebensmittelzeitung.
- Auch Anfang 2021 sieht die AMI keine weitere Erholung der Milchpreise. Vielmehr wird es nach dem Jahreswechsel voraussichtlich zunächst zu leichten Rücknahmen beim Milchgeld kommen. FrieslandCampina hat bereits mit Verweis auf ihre Referenzmolkereien einen um knapp 1 Cent geringeren Garantiepreis für Januar 2021 angekündigt (mehr dazu unter „FrieslandCampina zahlt weniger Milchgeld im Januar“).
Weitaus positiver blickt hingegen die ZMB Zentrale Milchmarkt Berichterstattung GmbH in das neue Jahr. Deren Milchmarktanalysten sagen: Zum Jahresausklang 2020 gibt es bei allen Unsicherheiten keine Anzeichen für starke Preisveränderungen. Folgend die dargelegten Argument der ZMB:
- Marktstabilität: Wenn sich die stabilen Tendenzen bei den Preisen für Milchprodukte, die Ende 2020 zu beobachten sind, im Lauf von 2021 weiter fortsetzen, dürften die Preise im Jahresdurchschnitt von 2021 wieder höher ausfallen als im Jahr 2020. Denn es sei kein ähnlicher Preiseinbruch wie während der „Corona-Delle“ im Frühjahr 2020 wahrscheinlich.
- Angebot: Zudem 2020 haben sich trotz international stärkerer expansiver Tendenzen bei der Milcherzeugung keine größeren Vorräte an Milchprodukten gebildet, so dass das neue Jahr 2021 mit niedrigen Beständen beginnen wird.
- Nachfrage: 2020 hat gezeigt, dass die Nachfrage nach Milch-und Milchprodukten auch bei starken Einschränkungen für den Außer-Haus-Konsum und weltweit schrumpfender Wirtschaftsleistung robust ist. Diese Entwicklung dürfte sich 2021 aller Voraussicht nach fortsetzen.
Weltmarkt: Anlass zu vorsichtigem Optimismus
Für den Jahresbeginn 2021 zeichnen sich laut der AMI global keine grundlegenden Veränderungen der Lage ab. Die preishebenden und preissenkenden Faktoren halten sich in der Waage:
- Preissenkend: Das Exportangebot dürfte weiterhin ausreichend ausfallen, der Wettbewerb bleibt hoch. Derweil wird die internationale Nachfrage durch die schwächere Weltkonjunktur, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, beeinträchtigt bleiben.
- Preishebend: Die Erholung der Erdölpreise als Indikator für die Kaufkraft sowie die positivere Grundstimmung durch den Ausgang der US-Wahlen und Aussichten auf COVID-19-Impfstoffe könnten die Nachfrage nach Milchprodukten allerdings positiv fördern.
Die Milchmarktexperten des ife Institut für Ernährungswirtschaft Kiel weisen darauf hin, dass die jüngsten Signale vom Weltmarkt nach einer kurzen Schwächephase wieder auf eine festere Entwicklung bei Milchpulvern, Käse und zuletzt auch bei Butter hindeuten.
Gedämpft sei zudem die noch vor kurzem gehegte Erwartung einer wieder schneller wachsenden Milcherzeugung. In Deutschland und Frankreich bleibt die Milchanlieferung hinter den im Vorjahr gelieferten Mengen zurück. In den USA hält die Expansion an, in Ozeanien sinkt die Milcherzeugung saisonal allerdings wieder.
Anfang November zeigten sich Schwächen am EU-Milchmarkt, hierbei wirkte sich auch die Stärke des Euro gegenüber dem US-Dollar aus. Inzwischen kann die Nachfrage nach Magermilchpulver am Weltmarkt das EU-Angebot allerdings laut ife immer weniger ignorieren, weil offensichtlich aus anderen Ländern, darunter auch den USA, nicht mehr so viel zur Verfügung steht wie noch gebraucht wird. Auch die Butterpreise haben sich zuletzt am Weltmarkt gefestigt, was aber in der EU noch nicht angekommen ist, so die ife-Experten.
Die Rabobank und das IFCN sehen im neuen Jahr 2021 vorsichtig positive Entwicklungen für den Milchmarkt.
Rabobank:
- Der Milchmarkt hat bisher nicht stark auf die zweite Corona-Welle reagiert. Doch es ist nicht zu übersehen, dass der Milchmarkt gegenwärtig in einer unsicheren Zeit steht. Die Corona-Krise übt weiter anhaltenden Druck auf die weltweiten Milchmärkte aus. Die Aussichten auf staatliche Unterstützung, die in der ersten Phase der Corona-Krise zu Stabilität verholfen hat, sind in 2021 nicht sicher, was das Risiko für geringere Milchpreise erhöhe.
- Doch ist gibt auch Entwicklungen, die sich positiv auf den Milchmarkt auswirken werden. Dies sind vor allem die aktuell niedrigen Mopro-Lagerbestände in Europa und den USA und der Beginn der Impfungen gegen das Corona-Virus.
- Der Rohstoffeingang der sieben größten Milchexporteure weltweit wächst weiter, doch für 2021 wird nur ein moderateres Wachstum um insgesamt 2,7 Mrd. l erwartet. In 2020 schätzt die Rabobank das Wachstum hingegen auf 4,5 Mrd. l.
- Für die ersten Monate des Jahres 2021 wird ein durchschnittlicher EU-Milchpreis zwischen 33,50 € und 35,50 € pro 100 kg erwartet. Im Oktober 2020 lag dieser bei durchschnittlich 34,71 €.
IFCN Dairy Research Network:
- Das International Farm Comparison Network hat zunächst eine voraussichtliche Angabe zum durchschnittlichen Welt-Milchpreis für 2020 geäußert. Demnach wird dieser bei 36,4 US-Cent pro kg inhaltsstoffkorrigierter Milch (4 % Fett und 3,3 % Eiweiß) liegen.
- Für das neue Jahr 2021 deuten sich laut Preisanhebungen an, jedenfalls hinsichtlich der Entwicklung der Börsen-Futures. Diese tendieren zum Ende 2021 bei 37 bis 39 US-Cent.
Quellen: u. a. ZMB, MIV, ife, AMI, IFCN, Rabobank