Entzündung, also die Reaktion des Körpers auf einen gefährdenden inneren oder äußeren Reiz, ist ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite wichtig für die Immunantwort und ein ganz normaler Teil der biologischen Abläufe in einer Kuh. Auf der anderen Seite unterdrücken Entzündungen direkt die Milchproduktion, fördern Gelenkprobleme und Lahmheiten und können zu einer frühen Fehlgeburt führen.
Was haben Entzündungen mit der Transitperiode zu tun?
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Entzündung, also die Reaktion des Körpers auf einen gefährdenden inneren oder äußeren Reiz, ist ein zweischneidiges Schwert: Auf der einen Seite wichtig für die Immunantwort und ein ganz normaler Teil der biologischen Abläufe in einer Kuh. Auf der anderen Seite unterdrücken Entzündungen direkt die Milchproduktion, fördern Gelenkprobleme und Lahmheiten und können zu einer frühen Fehlgeburt führen.
Was haben Entzündungen mit der Transitperiode zu tun?
Insbesondere zur Kalbung scheinen subakute Entzündungen
vollkommen normal und auch notwendig zu sein. Künstlich unterdrückt, führt dies zu Todgeburten und Nachgeburtsverhaltung. Messbar sind Entzündungen u.a. an den „Akute-Phase-Proteinen“ im Blut. Forschende (
Link zur Studie) haben bei 70 Kühen nach der Kalbung den Haptoglobin-Gehalt gemessen. Während die Hälfte der Kühe keine signifikante Erhöhung der Haptoglobin-Werte aufwies, hatten die anderen Kühe einen fast zehnfach erhöhten Gehalt im Blut!
Interessanterweise konnte man gerade NICHT am Gesundheitszustand der Kühe ablesen, welche Kühe die erhöhten Werte aufwiesen.
Problematisch wird es dann, wenn Entzündungen „akut“ werden und sich als Mastitis, Metritis oder Ketose in verschiedenen Organen zeigen. Diese Kühe geben dann über die gesamte Laktation zwischen 300 und 500 kg weniger Milch und haben ein um bis zu 3,5-fach erhöhtes Risiko, die Herde zu verlassen. Das liegt vor allem daran, dass Entzündungsreaktionen die Futteraufnahme absenken.
Viele kleine Entzündungen können sich aufsummieren und zu einem großen Stoffwechselproblem heranwachsen.
Barry Bradford, Universität Michigan
„Das Problem ist, dass sich viele kleine Entzündungen ‚aufschaukeln‘ und den Stoffwechsel aus dem Ruder bringen können“, erklärt Barry Bradford, Universität Michigan. „Kleine, erst einmal unsichtbare Probleme oder Managementfehler summieren sich und sorgen über eine geringere Futteraufnahme für Kühe, die insgesamt schlechter in die Laktation starten.“
Wie kann man Kühe erkennen, bei denen Entzündungen ein Problem darstellen?
Als Grenzwert hat sich in den vergangenen Jahren ein Plasma-Haptoglobin-Gehalt von etwa 0,5 g/L in den ersten sieben Tagen nach der Kalbung herauskristallisiert. Kühe, die darüber lagen (25% der klinisch gesunden Kühe, 50% aller Kühe!), hatten 4,6-fach häufiger eine Metritis, gaben gut 2,5 kg weniger Milch und wurden schlechter tragend. Leider ist es gar nicht so einfach, augenscheinlich „gesunde“ Problemkühe zu erkennen, weil bei einer Blutprobe ein paar Tage vergehen, bis das Analyse-Ergebnis vorliegt:
- Ob und wie eine Herdenüberwachung Sinn macht, ist derzeit Teil der Forschung.
- Bei Einzeltieren hilft es, im Zweifel mit Entzündungshemmern (NSAIDs) zu unterstützen. So gaben Kühe, die nach der Geburt einen Entzündungshemmer erhielten, über die gesamte Laktation mehr Milch (Studie). Auch blieben sie länger in der Herde als die Kontrollkühe. In einer anderen Studie fanden die Forschenden geringere Lahmheitshäufigkeiten, wenn die Kühe zur Geburt ein NSAID erhielten (wir berichteten).
NSAIDs zur Geburt senken die Lahmheitshäufigkeit einer Herde.
Über die Fütterung vorbeugen
Ist auch eine „entzündungshemmende“ Fütterung möglich? In der traditionellen chinesischen Fütterung ist beispielsweise chinesisches Helmkraut dafür bekannt, leberschützend und entzündungshemmend zu sein.
In einem Fütterungsversuch konnte ein solches Polyphenolpräparat die Milchleistung während der gesamten Laktation um 13% steigern, obwohl es nur gut sechs Wochen lang zu Beginn der Laktation gefüttert worden war. Warum eine so kurze Fütterungszeit eine so lange Auswirkung hat, konnten
die Forschenden bislang nicht genau klären. Sie vermuten aber, dass das Produkt Entzündungsreaktionen insbesondere im Euter eindämmen konnte, weil die Mastitis-Häufigkeit in der Versuchsgruppe um die Hälfte geringer war.
Erfolg der Fütterung selbst messen?
Um zu testen, ob die „entzündungshemmende“ Wirkung einer Fütterungsstrategie oder einer Maßnahme auch wirklich eintritt, können Sie Blutproben von 20 Kühen in den ersten beiden Wochen nach der Kalbung ziehen und den Haptoglobin-Wert untersuchen lassen (tierärztliches Labor). In kleineren Herden empfiehlt es sich, Blut-Ergebnisse über mehrere Wochen zu sammeln und erst dann gemeinsam zu interpretieren, da der Haptoglobin-Gehalt einzelner Kühe sehr unterschiedlich ausfallen kann.
Ein aktiviertes Immunsystem braucht besonders viel Glukose. Futtermittelzusatzstoffe oder Ergänzungsfuttermittel, welche insbesondere die Leber unterstützen sollen, sind bereits auf dem deutschen Markt erhältlich.
Fazit
Kühe, welche die absolut notwendigen „subklinischen“ Entzündungsreaktionen im Körper rasch überwinden, schaffen es, den Stoffwechsel an die veränderte Situation anzupassen und auch einen normalen Zyklus wieder aufzunehmen. Kühe, die Entzündungen nur langsam lösen, leiden häufiger an einer negativen Energiebilanz, metabolischen Krankheiten und Unfruchtbarkeit. Letztere können von entzündungshemmenden Maßnahmen profitieren. Sie voneinander zu unterscheiden, bleibt jedoch bislang eine Herausforderung.
Wer auf jeden Fall profitiert:
- zur Kalbung überkonditionierte Kühe
- Kühe, die Zwillinge erwarten
- vierte Laktation oder älter
- Kühe mit geringer Wiederkauaktivität.
Quelle: Transition Cow Conference in Südlohn, HCS Herdenmanagement (Dezember 2023)
Mit einer systematischen Frischmelker-Kontrolle lassen sich Problemkühe oft noch rechtzeitig ausfindig machen.
Bereits seit 20 Jahren ist die fehlende Wirksamkeit von Stäben wissenschaftlich belegt. Trotzdem werden sie noch eingesetzt. Das ist nicht mehr zeitgemäß!