Nachlässigkeit im Melkprozess schlagen sich in einer schlechteren Eutergesundheit, geringeren Milchleistung und Milchqualität nieder. Tipps, wie Sie den Melkprozesses verbessern können.
In Familienbetrieben bindet das Melken in aller Regel etwa 30 bis 50 % der Arbeitszeit. Eine Auswertung der DLG-Spitzenbetriebe gibt beim Arbeitsaufwand für das Melken zwischen 16 und 28 AKh je Kuh und Jahr an, eine enorme Spannbreite. Die Daten zeigen, dass durchaus noch so einiges unternommen werden kann, um den Melkablauf effizienter zu gestalten. Das gilt unisono auch für Lohnarbeitsbetriebe, denn hier müssen die Melker und Melkerinnen wird oftmals stundelang in der Grube stehen. Auf Dauer...
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In Familienbetrieben bindet das Melken in aller Regel etwa 30 bis 50 % der Arbeitszeit. Eine Auswertung der DLG-Spitzenbetriebe gibt beim Arbeitsaufwand für das Melken zwischen 16 und 28 AKh je Kuh und Jahr an, eine enorme Spannbreite. Die Daten zeigen, dass durchaus noch so einiges unternommen werden kann, um den Melkablauf effizienter zu gestalten. Das gilt unisono auch für Lohnarbeitsbetriebe, denn hier müssen die Melker und Melkerinnen wird oftmals stundelang in der Grube stehen. Auf Dauer kostet das viel Kraft und damit letztlich auch viel Konzentration. Ein reibungsloser (effizienter) Melkablauf, spart hier nicht unwesentlich Arbeitszeit, er schützt vor einem unnötigen Verlust an Konzentration und ist letztlich so auch der Milchqualität und Tiergesundheit zuträglich.
Einen entscheidenden Einfluss auf die Effektivität des Melkprozesses haben gleich mehrere Faktoren:
Art und Pflege der Liege- und Laufflächen im Stall
dem Zutrieb (hier insbesondere dem Verhalten des Treibers)
der Gestaltung des Warteraums
der Gestaltung des Melkstands bzw. des Melkkarussels (Zutrieb, Standfläche, Austrieb)
der Sauberkeit der Kühe
der Melkroutine
der Eutergesundheit
der Genetik der Tiere (Milchfluss)
der Einstellung der Melkanlage (u.a. Vakuumhöhe, Abnahmeschwelle, …)
In der ersten Melkzeit nach dem Zitzengummiwechsel fällt einem Milcherzeuger auf, dass einige der neuen Zitzengummis einen Längsriss haben. Was ist die Ursache?
800 kg pro Melker und Stunde
Als anzustrebende Zielvorgabe empfehlen US-Melkexperten bei zwei Melkzeiten täglich mindestens 68 kg Milch pro Melkplatz und Stunde zu melken (55 kg bei drei Melkungen). Hochgerechnet sind das je Arbeitskraftstunde gute 800 kg verkaufsfähige Milch (inklusiv der Vor- und Nacharbeiten). Um diesen Wert zu erreichen, muss ein Melker oder eine Melkerin 12 Melkplätze alleine bedienen, das durchschnittliche Gemelk mindestens 17 kg Milch betragen. Das ist sehr anspruchsvoll, aber realisierbar, ohne dass sich Einbußen bei der Eutergesundheit einstellen, wenn alle genannten Punkte optimiert werden.
Art und Pflege der Liegeflächen im Stall: Eine trockene, top gepflegte Liegefläche und saubere Laufgänge führen nachweislich zu sauberen Kühen und einer besseren Eutergesundheit (weniger Kannenkühe, weniger Euterbehandlungen). Zudem müssen weniger Euter vorgereinigt werden, sofern die Kühe sauber den Melkstand betreten. Das spart Zeit!
Tipp: Sorgen Sie dafür, dass die Laufgänge vor dem Zutrieb zum Melkstand gereinigt werden, so müssen die Kühe nicht durch die Gülle stiefeln, das Risiko einer Verschmutzung an Beinen und Euter sinkt deutlich!
Nach 30 Sekunden muss die Seite voll belegt sein
Ruhiger Zutrieb: Die Melkroutine beginnt mit der ersten Interkation mit der Kuh. In der Regel ist dies das „Auftreiben“ aus den Liegeboxen. Wichtig ist, dass dies stressfrei erfolgt. Lautes klappern, pfeifen, „tätscheln“ und andere Aktionen sind beim Treiben unbedingt zu unterlassen, denn das stresst die Tiere – nicht nur die Kühe, die der Zutreiber vor sich sieht, sondern auch diejenigen, die bereits im Warteraum stehen! Diese wollen sich vorwärtsbewegen, können es aber nicht. Eine derart gestresste Kuh wird das Melken niemals als angenehm empfinden, zudem zieht sie die Milch hoch. Der Stress kann bis zu 30 Minuten andauern. Ebenso wichtig ist, dass die Kühe in ihrem eigenen Tempo, ohne Unterbrechung, in Richtung Melkzentrum marschieren können (siehe Stockmanship). Im Warteraum sollten die Kühe immer in Richtung Eingang Melkanlage blicken können. Das Absperrgatter am Ende des Warteraums sollte niemals „pushen“, es sollte immer etwas Luft zwischen der letzten Kuh und dem Gatter verbleiben.
Zutritt ohne Stopp: Wichtig ist, dass die Kühe schnell den Melkstand, das Karussell betreten und nicht zwischendurch stehen bleiben. In Fischgräten sollten die Kühe nach drei Sekunden „einparken“, d.h. bei einer 2x8 Fischgräte sollte nach rund einer halben Minute jeder Platz besetzt sein. In Parallel-Melkständen sollte die Befüllung etwas zügiger erfolgen. Dauert der Eintritt der Tiere länger, dann liegt dies meist daran, dass in der Melkergrube noch hantiert wird (Geräusche) oder der Eingangsbereich nicht optimal ausgeführt ist. Tipp: Verkleiden sie offene Seitenwände im Zutrieb, so dass die Tiere quasi durch einen Tunnel laufen. Auch die Ausgangstore sollten beplankt werden!
150 Sekunden nach dem Eintritt muss das Melkzeug hängen!
Schnell vorbereiten: Der erste taktile Kontakt mit dem Euter sollte bereits nach maximal 30 Sekunden erfolgen. Um dies gewährleisten zu können, muss der Melker bzw. die Melkerin schon am ersten Standplatz parat stehen, wenn die Kuh „einparkt“. Im Anschluss werden sofort die nachfolgenden Kühe vorbereitet.
Melkzeug unterhängen: Idealerweise wird das Melkgeschirr 150 Sekunden nachdem die Kuh den Standplatz betreten hat, untergehängt (90 bis 120 Sekunden Anrüstzeit). Gelingt dies nicht, ist die Vorbereitungsroutine zu überprüfen (werden zu viele Kühe gleichzeitig vorbereitet?).
Milchmenge in den ersten beiden Minuten: Dieser Wert ist eine sehr gute Kennzahl zur Überprüfung der Qualität der Eutervorbereitung. In leistungsstarken (Holstein)Herden sollten rund 8 kg Milch in den ersten zwei Minuten gemolken werden (6.8 kg bei drei Melkzeiten). In vielen modernen Melkanagen lässt sich dieser Wert „auslesen“, sonst kann er mithilfe eines Lactocorders ermittelt werden.
Tipp: Messen sie den Milchfluss. In den ersten 15 Sekunden nach Beginn des Melkens sollte dieser mindestens 1,0 kg/min betragen, im Peak (zw. 60 und 120 Sekunden mehr als 3.2 kgs/min.
Nicht länger als 4,5 Minuten melken!
Melkzeugabnahme: Immer noch werden viele Melkgeschirre zu spät abgenommen, es wird blindgemolken! Als Faustzahl gilt: Liegt das Gemelk unter 11.5 kg, sollte das Melkgeschirr nach maximal vier Minuten abgenommen werden. Bei 11.5 und 16 kg, nach 4:15 Minuten, bei mehr als 16 kg Milch nach 4:30 Minuten.
Idealerweise werden alle Melkgeschirre auf einer Seite innerhalb von 30 Sekunden automatisch von den Eutern abgezogen. Eine manuelle Abnahme sollte nur bei maximal 2 % der Kühe erfolgen.
Tipp: Überprüfen sie in Gruppenmelkständen, ob „Langsammelker“ den Ablauf aufhalten. Alle Kühe, die länger als fünf (sechs) Minuten melken, sollten erst am Ende der Melkschicht gemolken werden