Serie: „AMS-Herden erfolgreich füttern“ Teil 2 „Aktive Kühe durch hoch verdauliche Silagen“
Heiner Jungeblodt kam mit seiner Leistung jahrelang mit 10.500 kg nicht richtig von der Stelle. Mithilfe seines Tierarztes hat er vor allem die Grundfutterleistung und Trockensteherfütterung überarbeitet. Mit Erfolg! Die hohe Grundfutterqualität (hoch verdauliche Silagen) hat dazu geführt, dass die Kühe (116 melkende Kühe) aktiver sind, gleichzeitig konnten sie die Leistung auf 12.421 kg erhöhen.
Bei Gras- und Maissilage achtet der Milcherzeuger inzwischen darauf nicht zu spät zu ernten. „Beim Mais warten wir nicht mehr auf das letzte Stärkeprozent. Eine hoch verdauliche Maissilage ist uns wichtiger!“
Am Ende des Fressgitters steht eine große, weiße Kuh mit nur wenigen schwarzen Flecken. Das Licht an ihrem Halstransponder leuchtet rot auf. Milcherzeuger Heiner Jungeblodt kommt näher. Trotzdem der Futteranschieber gerade erst die Ration Richtung Fressgitter geschoben hat, weiß die Kuh sofort Bescheid. Sie tritt gemächlich aus dem Fressgitter und setzt sich langsam Richtung Melkroboter in Bewegung.
Im Juni 2022 wurden die beiden Lemmer-Melkroboter im Stall von Heiner Jungeblodt installiert. Seither hat er sich kontinuierlich an 2,8 Melkungen pro Kuh sowie eine Auslastung von 2.200 bis 2.300 kg herangearbeitet. Wichtige Erfolgsfaktoren: Die Optimierung der Grundfutterqualität und eine penibles Fütterungsmanagement.
Ausgefeilte Fütterungskontrolle
„Unsere Leistung stagnierte jahrelang bei 10.500 kg. Deshalb holte ich Anfang 2020 meinen Tierarzt mit ins Boot und wir konnten gemeinsam die Grundfutterqualität verbessern. Mit seiner Unterstützung steigerten wir die Leistung schon vor dem Melkroboter um mehr als 1.200 kg “, ist der Betriebsleiter sichtlich zufrieden. Seit dem Einbau des AMS liegt die Leistung nun bei 12.421 kg Milch.
„Gutes Grundfutter ist entscheidend, damit die Kühe regelmäßig zum Futtertisch und häufiger zum Melkroboter kommen“, erklärt Matthias Klasen von der Tierarztpraxis Tepferd. Doch wie erhält man kontinuierlich hochqualitatives Grundfutter?
Um den idealen Erntezeitpunkt zu bestimmen, entnehmen wir regelmäßig Maiskolben und überprüfen den Trockenmassegehalt der Körner.
Heiner Jungeblodt
Frühere Ernte
Heiner Jungeblodt mäht das Gras inzwischen früher und die Abstände zwischen den Schnitten betragen meist maximal vier Wochen. Auch beim Mais erntet er früher als in der Vergangenheit.
„Um den idealen Erntezeitpunkt zu bestimmen, entnehmen wir regelmäßig Maiskolben und überprüfen den Trockenmassegehalt der Körner“, berichtet der Betriebsleiter. Die Feuchte misst er mithilfe eines TS-Bestimmungsgeräts bei der örtlichen Genossenschaft. Bei einem TM-Gehalt der Körner von 60% ist für ihn der optimale Zeitpunkt erreicht. „Wir warten nicht mehr auf das letzte Stärkeprozent, sondern setzen auf hoch verdauliche Maissilage.“
Proben frühzeitig ziehen
Für die Zusammenarbeit mit seinem Tierarzt hat sich der Milcherzeuger unter anderem auch entschieden, weil für ihn die Tiergesundheit und die Fütterung Hand in Hand gehen. „Wir führen hier alle zwei Wochen die Trächtigkeitsuntersuchung durch“, sagt Matthias Klasen, „fällt uns dabei z.B. auf, dass etwas mit dem Kot nicht stimmt, kontrollieren wir zeitnah auch die Fütterung.“ Außerdem wird die Fütterung regelmäßig nach Rationsumstellungen und bei Auffälligkeiten zusammen mit dem Tierarzt mit Hilfe der Schüttelbox und mit dem Kotwasch-Sieb überprüft.
Eine gute Zusammenarbeit funktioniert aber nur dann, wenn beide Seiten mitziehen, weiß Heiner Jungeblodt. Deshalb ist es ihm z.B. wichtig, bei einem Silowechsel schon vor dem Öffnen des neuen Silos eine Futterprobe zu ziehen und auch die Ergebnisse vorliegen zu haben. „Ich möchte beim Silowechsel nicht ins Blaue hinein füttern. Ein neues Silo, eine neue Rationsberechnung, das ist für mich wichtig. Außerdem braucht der Tierarzt ja auch ausreichend Zeit, um neu zu rechnen “, sagt der Betriebsleiter mit Nachdruck.
Wir warten nicht mehr auf das letzte Stärkeprozent, sondern setzen auf hoch verdauliche Maissilage.
Heiner Jungeblodt
Ein Rätsel, das Jungeblodt und sein Fütterungsberater noch lösen müssen, ist, warum die Kühe auf der linken Futtertischseite so viel lieber fressen als auf der anderen. „Wir legen auf der linken Seite mehr Futter vor, dennoch ist diese Seite immer schneller wieder abgeräumt. Wir haben schon Zeitrafferkameras aufgehängt, aber der Ursache sind wir noch nicht richtig auf den Grund gekommen“, sagt Heiner Jungeblodt und zuckt mit den Schultern.
Die Kontrolle der Fütterung überlässt Jungeblodt aber nicht allein seinem Fütterungsberater. Auch er kontrolliert regelmäßig auf den Trockenmasse-Gehalt der Ration und schaut sich das vom Melkroboter ermittelte Fett : Eiweiß – Verhältnis an.
Aber nicht nur die Grundfutterqualität haben die beiden „angepackt“, auch die Trockensteherfütterung wurde umgestellt.
Zweiphasige Trockensteherfütterung
Heiner Jungeblodt achtet penibel darauf, dass die Kühe 45 Tage vor dem errechneten Abkalbetermin auch trockengestellt werden. Einige Kühe geben dann allerdings noch deutlich mehr als 30 kg Milch. Eine Woche vor dem Trockenstellen werden deshalb die Melkanrechte deutlich reduziert. Auch das Kraftfutter am Roboter wird sieben bis zehn Tage vor dem Trockenstellen bei einer Milchleistung über 28 Liter auf 500 g gesenkt. Die Reduzierung erfolgt abrupt, nicht in kleinen Schritten.
Die Trockensteher-Fütterung ist zweiphasig, ca. 14 bis 16 Tage vor dem Geburtstermin werden die Kühe in den Strohbereich umgestallt und erhalten ab hier dann die Ration der melkenden Kühe, worüber dann das Mineralfutter für die Trockensteher gestreut wird.
Ich möchte beim Silowechsel nicht ins Blaue hinein füttern. Ein neues Silo, eine neue Rationsberechnung.
Heiner Jungeblodt
Magnesium gegen Milchfieber
Die Mineralstoffversorgung während der Trockenstehzeit läuft auf dem Betrieb Jungeblodt etwas anders als auf anderen Betrieben. Denn das eingesetzte Mineralfutter enthält keine sauren Salze oder ähnliches. Es liefert hingegen hohe Magnesiummengen, denn dieser Mineralstoff ist in der Lage sich Transportmechanismen zwischen Panseninhalt und dem Blutgefäßsystem zu Nutze zu machen, um die Kalziumfreisetzung über das Parathormon zu verbessern.
Durch die gesteigerten Magnesium-Mengen kommt es zu einer Reduktion des Kalium-Gehalts im Blut, hierdurch fällt es der Kuh letztlich leichter, selbständig Calcium aus ihren Knochen frei zu setzen. „Die Kühe erhalten dieses Mineralfutter während der gesamten Trockenstehphase. Zuerst über die Trockensteherration und später dann in der Anfütterungsphase mit der Laktationsration. Das funktioniert hervorragend“, berichtet der Milcherzeuger zufrieden. Er ergänzt: „Das und die prophylaktische Calcium-Infusion bei Kühen ab dem dritten Kalb sorgen dafür, dass wir keine Probleme mit Milchfieber haben“
Gutes Grundfutter ist entscheidend, damit die Kühe regelmäßig zum Futtertisch und häufiger zum Melkroboter kommen
Matthias Klasen
Die Ration der Trockensteher besteht aus (Frischmasse) 4,5 kg Grassilage, 17,5 kg Maissilage, 3,6 kg überständigem Heu, 3,8 kg Rapsschrot und dem genannten Mineralfuttermittel sowie 7 kg Wasser.
Mineralfutter im Rapsextraktionsschrot
Die Ration der laktierenden Kühe setzt sich aus (Frischmasse/Kuh) 18,0 kg Grassilage, 24,0 kg Mais, 3,6 kg Rapsextraktionsschrot, 0,5 kg Melasse sowie 3,6 kg Energiefutter (Gerste und Mais) zusammen. Außerdem wird 7,0 l Wasser zugesetzt, denn der Milcherzeuger strebt einen Trockenmassegehalt von ca. 36 % in der Ration an. „Wir wollen das Selektieren bestmöglich verhindern.“ Die Ration am Futtertisch ist auf eine Milchleistung von 33 l ausgelegt. Das Mineralfutter ist bereits dem Rapsextraktionsschrot untergemischt, wenn das Futter angeliefert wird, u.a. um eine hohe Mischgenauigkeit zu erreichen.
Bis zu 14 Tage im Strohbereich
Nach der Kalbung bleiben die Kühe ca. drei Tage im alten Stall im Stroh, wo der Betriebsleiter die Kühe erst mal mit einer Kanne melkt. Ab dem dritten Kalb bekommen die Kühe eine Calciuminfusion.
Nach den drei Tagen im Abkalbestall kehren die Kühe jedoch nicht sofort in die Herde zurück, sondern kommen in ein Strohabteil mit direktem Zugang zum Melkroboter. Die Kühe im Strohabteil betreten den Roboter von hinten, während die Herdenkühe ihn von der Seite nutzen. Dabei haben die Strohkühe immer Vorrang.
Wie lange die Kühe in der Strohgruppe bleiben, hängt von ihrer Fitness und ihrem Alter ab. „Kühe mit zwei oder drei Kälbern gehen nach etwa einer Woche zurück in die Herde, ältere Kühe bleiben länger, auch mal 14 Tage, in diesem Bereich“, erklärt Heiner Jungeblodt. Wie fit die Kühe sind, sieht Jungeblodt auch gut an den Melkungen. Denn die Kühe können aus dem Strohabteil jederzeit in die Melkbbox. Sieht er, dass sie mehrmals täglich, freiwillig gehen, ist das für ihn ein Zeichen, dass sie auch fit genug für die Herde sind.
Die Familie Struß setzt in der Fütterung ihrer hochleistenden Herde auf eine nahezu Voll-TMR, beste Grundfutter und ein konsequentes Vorgehen.
Färsen nicht zweimal anlernen
Färsen bleiben in der Strohbucht hingegen nur so lange, bis sie beim Melken ruhig stehen und die Milch fließt: „Wenn ich die jungen Kühe zu lange dort lasse, muss ich sie am Melkroboter erneut anlernen, da sie aus dem Stall ja einen anderen, seitlichen Zugang in die Melkbox haben. Das versuche ich zu vermeiden.“
Kraftfutter nicht zu schnell nach unten
Jungeblodt füttert nur eine Kraftfuttersorte. Ein Wechsel der Sorten innerhalb der Laktation würde nach seiner Einschätzung zu viel Unruhe mit sich bringen.
Die Kraftfuttermenge wird in den ersten 14 Laktationstagen bei den Färsen auf maximal 3,5 kg und bei den Mehrlaktierenden auf 4,0 kg am Melkroboter gesteigert. Diese Menge wird dann bis zum 70. Laktationstag fest gefüttert, anschließend wird nach tatsächlicher Milchleistung zugeteilt. Um keine Leistungseinbrüche durch die Reduzierung der Kraftfuttermenge zu „provozieren“, wird diese maximal um 100 g pro Tag reduziert.
Ein leerer Futtertisch ist tabu
Für den Betriebsleiter ist es neben der Grundfutterqualität und Rationszusammensetzung entscheidend, dass die Kühe jederzeit Zugang zum Futter haben. Daher bleibt der Futtertisch nur für kurze Zeit leer – und zwar während des Leerräumens des Futtertisches und der neuen Futtervorlage. „Ich fange um 05.30 Uhr mit der Stallarbeit an und schiebe die Rationsreste vom Futtertisch. Mein Vater beginnt dann spätestens um 06.00 Uhr die Ration zu mischen und die Kühe zu füttern“, so der Milcherzeuger. Um eine permanente Futtervorlage gewährleisten zu können, füttert Heiner Jungeblodt zudem auf einen Restfutteranteil von 5%.
Nicht zu lange Anschiebeintervalle
Er füttert einmal täglich, unter anderem, um die Einsätze des Futteranschieberoboters besser an die Futtermenge anzupassen. Um 07:00 Uhr ist die Futtervorlage abgeschlossen, und ab 12:00 Uhr beginnt der Anschieberoboter stündlich zu arbeiten, bis er um 05:00 Uhr am nächsten Morgen wieder stoppt. Zwischen der Futtervorlage und dem ersten Anschieben liegt eine Pause von fünf Stunden, da auf dem kurzen Stichfuttertisch zu Beginn noch reichlich Futter vorhanden ist.
„Wir haben das mal für eine kurze Zeit auf ein zweistündiges Intervall gesetzt. Das haben wir dann aber schnell wieder zurückgestellt, denn uns fehlten innerhalb kürzester Zeit 0,1 Melkungen“, beschreibt der Milcherzeuger seine Erfahrungen.
Der Spaltenroboter ist so eingestellt, dass er die Kühe am Futtertisch so wenig wie möglich gestört werden.
Heiner Jungeblodt
„Ich bin früher immer nachts zum Anschieben aufgestanden“
Auch schon bevor Jungeblodt in den Anschieberoboter investierte, war ihm das Futtertischmanagement sehr wichtig. „Früher bin ich nachts einmal aufgestanden, und habe das Futter mit dem Hoflader angeschoben. Aber auf die Dauer geht das nicht und mit dem Roboter sind die Ergebnisse einfach viel besser.“
Der Spaltenroboter ist ebenfalls so eingestellt, dass er die Kühe beim Fressen so wenig wie möglich stört. Er fährt nachts um 01:00 Uhr und mittags um 13:00 Uhr am Futtertisch entlang, also zu Zeiten, in denen nicht so viele Kühe fressen.
Fazit
Heiner Jungeblodt hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich an seiner Grundfutterqualität sowie an der Leistung und Gesundheit seiner Kühe gearbeitet. Diesen Erfolg verdankt er seinem konsequenten Ansatz, Schwachstellen – auch gemeinsam mit seinem Tierarzt – aufzudecken und die Fütterung stets im Blick zu behalten. So konnte er langfristig die Leistung steigern und die Herde gesund halten.
Marco Weires erreicht an zwei Lemmer-Melkrobotern ca. 4.900 kg am Tag. Wie er das schafft? Kontrolle ist ihm wichtig, damit Störungen gar nicht erst entstehen.