Die Agrargesellschaft Forchheim entwickelt ihre Betriebsstrukturen für die Zukunft bewusst in Richtung Futterautonomie für ihre 1.420 Milchkühe und Nachzucht.
Die Erzgebirgische Agrargesellschaft Forchheim mbH hat sich von einem konventionellen Betrieb mit Hochleistungsherde und Kraftfutterzukauf zu einem Bio-Betrieb mit Low-Input und einer zu 80 bis 90 %autarken Futterversorgung entwickelt. Die Futterautonomie wird weiter ausgebaut. Gründe für die Ausrichtung sind u. a. der Grünlandanteil von 45 %, die Grenzstandort-Situation für Maisanbau und die schlechte Verfügbarkeit von Bio-Eiweißkonzentraten.
Kleinrahmige Holstein-Kühe eilen in den Stall. „Klackklack, klack-klack“ – eine nach der anderen schieben sie ihre Köpfe durch das Fressgitter und rupfen sich ein Maul voll Kleegras aus dem Berg vor ihnen. „120 t Frischgras holen wir pro Tag für die Kühe in den Stall“, erklärt Gunar Lantzsch. „Das Kleegras ist unsere Haupteiweißquelle. Es als Frischfutter zu füttern ist eine Kunst, wir mussten viel lernen, besonders in den trockenen Jahren.“
120 t Frischgras werden von ca. April bis September pro Tag an die 1.420 Milchkühe verfüttert. Hier im mittlerweile gut 15 Jahre alten Neubau am Hauptstandort der Agrargesellschaft.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Gunar Lantzsch ist gemeinsam mit Jonathan Arnold Geschäftsführer der Erzgebirgische Agrargesellschaft Forchheim mbH in Sachsen. Der Betrieb vollbrachte in den vergangenen Jahren große strukturelle Veränderungen und steht nun an einem Punkt, an dem es gilt, die neuen Strukturen zu konsolidieren und zu optimieren. Verfolgt wird das Ziel, möglichst eigenständig das gesamte Futter für 1.420 Milchkühe und ihre weibliche Nachzucht bereitzustellen.
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Die Erzgebirgische Agrargesellschaft Forchheim mbH hat sich von einem konventionellen Betrieb mit Hochleistungsherde und Kraftfutterzukauf zu einem Bio-Betrieb mit Low-Input und einer zu 80 bis 90 %autarken Futterversorgung entwickelt. Die Futterautonomie wird weiter ausgebaut. Gründe für die Ausrichtung sind u. a. der Grünlandanteil von 45 %, die Grenzstandort-Situation für Maisanbau und die schlechte Verfügbarkeit von Bio-Eiweißkonzentraten.
Kleinrahmige Holstein-Kühe eilen in den Stall. „Klackklack, klack-klack“ – eine nach der anderen schieben sie ihre Köpfe durch das Fressgitter und rupfen sich ein Maul voll Kleegras aus dem Berg vor ihnen. „120 t Frischgras holen wir pro Tag für die Kühe in den Stall“, erklärt Gunar Lantzsch. „Das Kleegras ist unsere Haupteiweißquelle. Es als Frischfutter zu füttern ist eine Kunst, wir mussten viel lernen, besonders in den trockenen Jahren.“
120 t Frischgras werden von ca. April bis September pro Tag an die 1.420 Milchkühe verfüttert. Hier im mittlerweile gut 15 Jahre alten Neubau am Hauptstandort der Agrargesellschaft.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Gunar Lantzsch ist gemeinsam mit Jonathan Arnold Geschäftsführer der Erzgebirgische Agrargesellschaft Forchheim mbH in Sachsen. Der Betrieb vollbrachte in den vergangenen Jahren große strukturelle Veränderungen und steht nun an einem Punkt, an dem es gilt, die neuen Strukturen zu konsolidieren und zu optimieren. Verfolgt wird das Ziel, möglichst eigenständig das gesamte Futter für 1.420 Milchkühe und ihre weibliche Nachzucht bereitzustellen.
Eine große betriebliche Wandlung
Die frischlaktierenden Kühe weiden stundenweise und im Wechsel mit den anderen Gruppen am Standort. Links hinten der Stall mit Melkzentrum und Biogasanlage.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Die Agrargesellschaft Forchheim ist nach der Wende aus der Aufsplittung einer Genossenschaft entstanden. Einst wurden hier 300 Milchkühe gemolken, bis Mitte der 90er mit Weide. „In den 2.000er-Jahren zeichnete sich ab, dass es schwierig wird, rentabel mit einer Herdengröße von 300 Kühen zu wirtschaften“, erzählt Gunar Lantzsch, „2009 stand dann die Entscheidung an: Aufhören oder Weitermelken.“
Das Ergebnis fiel pro Milchproduktion aus, man beschloss in zukunftsfähige Strukturen zu investieren. Neben den Standortbedingungen mit einem Grünlandanteil von 45 %, 25 bis 30 Bodenpunkten und einer Höhenlage von 450 bis 700 Metern war auch der Erhalt von Arbeitsplätzen mit ausschlaggebend. Ein sukzessives Bauen, Modernisieren und Wachsen hin zur heutigen Struktur begann. Teil dessen war die Aufnahme zwei weiterer Betriebe in die Gesellschaft in den Jahren 2013 und 2022. „2015 erreichten wir die heutige Herdengröße und entschieden auf Bio umzustellen.“
Warum Bio mit 1.400 Kühen? „Zum einen aufgrund meiner persönlichen Präferenz“, antworte Gunar Lantzsch. „Ich bin überzeugt, dass eine geschlossene Kreislaufwirtschaft sozial- und umweltverträglicher ist. Dazu gehört eben auch ein hoher Selbstversorgungsgrad beim Futter. Und zum anderen wegen der langfristig stabileren Milchpreise.“
Low-Input passt zu unserer Betriebsstruktur“
Gunnar Lantzsch
Heute wird nicht nur biologisch produziert, sondern zudem eine Low-Input-Strategie verfolgt. Aus zwei Gründen: „Erstens müssen unsere Kühe mit zwei krasse Futterwechseln im Jahr verkraften. Zweitens aufgrund der Herdengröße. Angesichts der Arbeitskräftesituation wäre es schwierig sie intensiver zu führen.“
Die Konsequenz ist eine geringere Milchleistung. Das ist ein Nachteil, aber bis jetzt bewährt sich die Strategie ökonomisch. „Im ersten Umstellungsjahr arbeiteten wir zunächst mit höheren Kraftfuttermengen, das war nicht rentabel. Es waren zwei teure Liter mehr Leistung und die Kühe sind heute gesünder,“ sagt Gunar Lantzsch. 2022 lagen die Rationskosten im Sommer bei 12 Cent pro kg Milch und im Winter bei 21 Cent. „Aktuell dürften wir uns wegen der gestiegenen Kosten für Diesel, Personal und Ersatzteile bei 14 Cent für die Sommerration bewegen.“
Die Betriebsstruktur ist entwickelt, jetzt konzentrieren wir uns auf die Optimierung“
Gunnar Lantzsch
Kuhkomfort hat einen hohen Stellenwert, auch in den Altgebäuden
In der Vegetationszeit müssen Bio-Betriebe mindestens 50 % Frischgrün füttern. Die Agrargesellschaft kann aus der Weide nur etwa 15 % liefern. Nicht allein wegen zu weiter Laufwege für die melkenden Kühe, sondern auch, weil ihre flachgründigen Dauergrünlandböden anfällig in niederschlagsarmen Zeiten sind.
„Das mussten wir 2017 und 2018 schmerzhaft erfahren. Ausgerechnet in der Umstellung konfrontierte uns das Grünland mit Mindererträgen von bis zu 50 %. Zeitgleich hatten wir, dem ursprünglichen Plan folgend, auf den Anbau von Mais verzichtet“, erzählt Lantzsch. Er nennt den Verzicht auf Maisanbau einen ihrer größten Fehler, neben dem Versuch Frischgras in die TMR einzumischen.
Alle 24 bis 26 Tage wird das Ackerkleegras geschnitten, entweder für Frischgras oder Silage.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Die „Grünfutter-Pflicht“ erfüllen sie heute maßgeblich über im Stall gefüttertes Frischgras, es stellt einen Rationsanteil von 70 bis 80 %. Der Flächenbedarf zur Ernte der täglichen 120 t Frischmasse variiert witterungs- und vegetationsbedingt von 6 bis 30 Hektar pro Tag. Die tägliche Ernte erfolgt durch Mähwerk-Ladewagen-Kombinationen. Alle 24 bis 26 Tage wird geschnitten, entweder für Frischgras oder Silage. Denn steigen die Rohfasergehalte über 21 %, fressen die Kühe das Kleegras nicht mehr.
Gunar Lantzsch weist auf die besondere Wirtschaftlichkeit der Frischgrasfütterung (auch gängig als „Eingrasen“) hin: „Wir glauben, dass wir mit der Fütterung von Frischgras im Stall nur zwischen 50 und 70 % der Kosten in der Grundfutterproduktion haben, als bei der Bereitung und Fütterung von siliertem Futter.“
Noch dazu sind die Futterverluste bei Frischgrasfütterung wesentlich geringer als beim Silieren: „Man kann zwischen 25 und 30 % Verluste einsparen und hat entsprechend mehr Futter zur Verfügung. Das spielt besonders in den Dürrejahren eine große Rolle bei uns“, erklärt der Geschäftsführer.
Bio-Mais, dank der Fruchtfolge mit Klee sind trotz Grenzstandort gute Erträge erreichbar, im langjährigen Schnitt 35 t FM/ha.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
Für mehr Futtersicherheit ist Mais wieder Teil der Fruchtfolge, auch wenn er am Grenzstandort nur Erträge von durchschnittlich 35 t/ha erreicht. Zudem ist der Silomais in der Sommerfütterung wichtig, um den Eiweißüberschuss aus Frischgras und Weide aufzufangen.
Doch der Mais ist noch aus einem zweiten Grund wichtig: „Wenn man so stark auf Frischfütterung setzt wie wir es tun, dann benötigt man die Maissilage in der Sommerfütterung als Ausgleich für den Eiweißüberschuss.“
Das Kleegras wird als Untersaat im Frühjahr in die Getreidebestände eingestriegelt. Dies Verfahren hat sich bewährt und erlaubt bereits ein bis zwei Nutzungen im ersten Jahr.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
„Mit 2.000 Hektar verfügen wir jetzt über eine Flächenausstattung, die uns die ideale Fruchtfolge erlaubt“, erläutert der Geschäftsführer. „Nach drei Jahren Kleegras folgt nach Umbruch im März/April Mais, danach Ackerbohne und dann Roggen oder Sommergerste.“ Das Kleegras nimmt 40 % der Ackerfläche ein. Es wird als Untersaat in die Getreidebestände eingestriegelt, was bereits ein bis zwei Nutzungen im ersten Jahr ermöglicht.
Die 250 Dauergrünlandflächen werden intensiv mit Weidelgras, Rot- und Weißklee sowie Spitzwegerich nachgesät und alle zwei bis drei Jahre gekalkt. Neben der Schnittnutzung wird das Grünland von etwa April bis November als Vollweide mit den tragenden Rindern und trockenstehenden Kühen bis drei Wochen vor Kalbetermin beschickt.
Das Dauergrünland unter Schnittnutzung und Weide wird intensiv mit Weidelgras, Rot- und Weißklee sowie Spitzwegerich nachgesät und alle zwei bis drei Jahre gekalkt.
(Bildquelle: Schiewer, Landwirtschaftsverlag GmbH)
80 % selbst erzeugtes Kraftfutter
Im Sommer erhalten die melkenden Kühe zum Ausgleich der hohen Gehalte an Eiweiß (bis zu 22 g/kg TM im Herbst) und Zucker (bis zu 25 g/kg TM im Frühjahr) aus dem Frischgras Maissilage, 1 kg Körnermais, Mineralfutter und je nach Leistung bis zu 500 g Ackerbohnen. Die Milchleistung liegt bei 23 bis 25 kg pro Tag.
„Die Witterung beeinflusst die Futterqualität täglich. Die Ration auszubalancieren ist damit eine unserer großen Herausforderungen“, erklärt Gunar Lantzsch.
Wöchentliche Frischgrasanalysen helfen ihnen. Mitte September fängt der Klee an zu „matschen“ und der Frischgrasanteil wird heruntergefahren.
„Klee ist unsere wichtigste Eiweißquelle.“
Gunar Lantzsch
Die Winterration besteht aus 70 % Kleegrassilage, 30 % Maissilage sowie 3 bis 4 kg Roggenschrot und 1 bis 2 kg Ackerbohnenschrot.
„Wir erzeugen heute 100 % unseres Grundfutters und 80 % des Kraftfutters selbst. Unser Ziel für die nächsten zehn Jahre ist die endgültige Futterautonomie.“ Gunar Lantzsch lächelt und schließt ab: „Es fühlt sich auch einfach gut an, unabhängig von den teuren und schwer verfügbaren Futterkonzentraten zu sein!“
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