Chancen und Strategien für Weidehaltung in Zeiten von Trockenheit, Klimaschutz, Tierwohl und nassen Mooren wurden auf den 2. Deutschen Weidetagen diskutiert.
Neben der Kuhweide stehen mehrere weiße Zelte – im Hintergrund grasen die Kühe von Familie Hanken. In der Maschinenhalle ist schon ordentlich was los. „Herzlich Willkommen zu den zweiten deutschen Weidetagen“, begrüßt Dr. Arno Krause, Geschäftsführer des Grünlandzentrums, die Besucher, die auf den braunen Holzstühlen vor der Bühne Platz genommen haben. Der Auftakt zu einer zweitägigen Veranstaltung mit Fachvorträgen, Diskussionsrunden und Praxis-Workshops.
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Neben der Kuhweide stehen mehrere weiße Zelte – im Hintergrund grasen die Kühe von Familie Hanken. In der Maschinenhalle ist schon ordentlich was los. „Herzlich Willkommen zu den zweiten deutschen Weidetagen“, begrüßt Dr. Arno Krause, Geschäftsführer des Grünlandzentrums, die Besucher, die auf den braunen Holzstühlen vor der Bühne Platz genommen haben. Der Auftakt zu einer zweitägigen Veranstaltung mit Fachvorträgen, Diskussionsrunden und Praxis-Workshops.
Moor muss nass – und dann?
Wie die Zukunft der Weidehaltung in Deutschland aussieht, war ein großes Thema. Insbesondere bedroht die Wiedervernässung der Moore die Milchkuhhaltung in den Grünland-Regionen Norddeutschlands im großen Stil.
Mathias Paech vom Grünlandzentrum stellte die Ergebnisse des Faktencheck Moor vor. Ausgehend von den Anforderungen des Klimaschutzgesetzes müssten demnach in Niedersachsen bis 2045 die Treibhausgasemissionen aus den Mooren um 3,5 Millionen Tonnen reduziert werden. Je nach Nutzungssystem (vollständige Renaturierung bis schwach torfzehrende Nutzung) müssten 116.000 ha bis 176.000 ha wieder vernässt werden. Die würden somit nicht mehr für die Milchproduktion zur Verfügung stehen.
Die Frage, wie eine Wiedervernässung in Deutschland konkret funktionieren könnte – von der Entschädigung der Landwirte bis hin zum tatsächlichen Vernässen der Flächen – ist noch offen. Erik Jansen vom Veenweide Innovatiecentrum aus den Niederlanden zeigte mit bisherigen Untersuchungsergebnissen auf, mit welchen Strategien die Treibhausgasemissionen im Moor reduziert werden können. Dabei wurde klar: So einfach ist das alles nicht.
Podiumsdiskussion zur Wiedervernässung
Dr. Arno Krause (ganz links) moderierte die Podiumsdiskussion zur Wiedervernässung der Moore mit Erik Jansen (Veeneide Innovatiecentrum), Manfred Tannen (Landvolk Niedersachsen) und Mathias Paech (Grünlandzentrum) (v.l.n.r.).
(Bildquelle: Thiemann)
In der anschließenden Podiumsdiskussion gaben die Referenten abschließend Statements zu ihren größten Sorgen und Hoffnungen im Zusammenhang mit der Wiedervernässung ab:
Do your research and stick to the facts for the renaturation of the peatlands!
Erik Jansen, Veenweide Innovatiecentrum
Die größte Sorge ist, dass wir nicht im Dialog miteinander Entscheidungen treffen und das Ziel nicht erreichen.
Manfred Tannen, Landvolk Niedersachsen
Wir müssen jeden Akteur mitnehmen. Dazu gehören auch die Menschen, die in den Moorgebieten wohnen.
Mathias Paech, Grünlandzentrum
Weidehaltung – gut für Klima, Biodiversität und Akzeptanz
Weidehaltung hat – von der Moordiskussion ganz abgesehen – viele positive Aspekte. Dazu gehört die ökologische Vielfalt. „Auf eine Kuh über der Erde – mit 500 kg Biomasse – kommen equivalent dazu „fünf Kühe“ unter der Erde“, erzählt Dr. Agnes van den Pol-van Dasselaar von der Aeres Universität of Applied Science eindrücklich in ihrem Vortrag. Neben einer höheren Biodiversität auf den Flächen sind auch die durchschnittlichen Methanemissionen von weidenden Kühen geringer, als bei einer reinen Grassilagefütterung.
Außerdem ist die Weidehaltung von der Gesellschaft erwünscht. Noch geht die Zahl der weidenden Kühe in Deutschland zurück. Derzeit kommen nur noch knapp 30 % der Kühe auf die Weide. Auch in unseren Nachbarländern war dieser Trend lange Zeit zu erkennen. Doch die Entwicklung in den Niederlanden zeigt, dass eine Trendumkehr möglich ist (siehe Grafik). „Hier hat der Verbraucherwunsch nach weidenden Kühen dazu geführt, dass seit 2015 die Zahl der Weidekühe wieder steigt“, erklärt Dr. Agnes van den Pol-van Dasselaar.
Weideprämien können ein Anreiz sein die Strukturen weiter zu halten. „Das durch die derzeitigen Prämien ein Landwirt überlegt seine Kühe wieder zurück auf die Weide zu lassen, wenn er sie gerade nur im Stall hält, ist jedoch unwahrscheinlich“, sagt Tjade Gronau vom Landvolk Niedersachsen in einem Workshop zu Fördermöglichkeiten von Grünland und Weide. Zu niedrig seien die Auszahlung und zu stark auf extensive Bewirtschaftungsformen ausgerichtet.
In Dänemark und den Niederkabde nimmt der prozentuale Anteil der Kühe auf der Weide in den letzten Jahren wieder zu.
(Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)
Trends und Tipps für erfolgreiches Weiden
Unterschiedliche Weidepflanzen sichern Ertrag: Bei einer hohen Diversität mit unterschiedlichen Pflanzen im Bestand kann der Ertrag auch in trockenen Jahren abgesichert werden. So reichen beispielsweise die Wurzeln von Zichorie (Wegwarte), Luzerne oder Rohrschwingel besonders tief und kommen auch bei Trockenheit noch an Wasser aus tieferen Bodenschichten.
Wasserversorgung sicherstellen: Für die Kühe sollte auf der Weide mindestens alle 300 Meter eine Tränke mit sauberem Wasser erreichbar sein (zwischen zwei Tränken also höchstens ein Abstand von 600 Meter). Je größer die Qualitätsunterschiede zwischen den Tränken, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Rangkämpfen (Ranghöhere Tiere blockieren die Tränke). Das Wasser sollte sauber sein, nicht zu stark erwärmen (Gefahr von Algenbildung), regelmäßig kontrolliert werden und ausreichend schnellen Durchfluss haben, damit die Kühe zügig trinken können (min. 20 Liter/Minute).
Schlachten von Tieren auf Hof und Weide: Das (Teil)-mobile Schlachten von Kühen auf der Weide kann viele Vorteile haben. Darunter eine höhere Verbraucherakzeptanz, weniger Stress für die Tiere und eine größere Wertschöpfung durch gezielte Vermarktung. Das das erfolgreich ist, beweist Holger Behrens von der Naturfleischerei bio4friends, der bereits seit einigen Jahren die Weideschlachtung vermarktet. „Die Rechtlage ist klar“, erklärt Lea Trampenau (ISS). Die Hofschlachtung ist unter bestimmten Vorrausetzungen möglich. Mehr Infos hier: Innovative Schlachtsysteme
AMS und Weide geht: Ob mit geschickt platzierten Selektionstoren oder mit einem versetzbarem Melkroboter im Container – es gibt viele Lösungen, um weidende Kühe mit dem Roboter zu melken. Zwei Betriebe mit unterschiedlichen Konzepten stellten sich vor. Rene Söndergaard melkt seine 164 Kühe an drei Robotern. Über Selektionstore gehen die Kühe auf umliegende Umtriebsweiden, die der Landwirt jeweils in 12 ha Parzellen abgesteckt hat.
Markus Legge hat einen transportablen Melkroboter, den er auf den weit vom Hof entfernten Weideflächen platzieren kann. Die Kühe gelangen nur über den Melkroboter stets auf eine neues Stück. Der große Vorteil: Dadurch sieht Markus Legge sofort, welche Kühe noch nicht gemolken wurden und kann sie zügig nachtreiben.
Mache die Weide zu einem Teil deines Stalls.
Rene Söndergaard, 164 Milchkühe mit 13.200 kg ECM, aus Dänemark, drei Melkroboter und große Umtriebsweiden direkt am Betrieb
Wir melken die Kühe mit einem mobilen Melkroboter auf der Weide.
Markus Legge hat einen speziellen Transportcontainer für seine Melkroboter und kann so auch auf Weideflächen entfernt vom Hof die 120 Kühe melken.
Saisonale Abkalbung wie in Neuseeland: Um die Weidefläche effizient zu nutzen, kalben die 950 Jersey-Kühe von Soren Hemming Madsen aus Dänemark saisonal. Die Milchviehhaltung in Neuseeland war die größte Inspiration für den Landwirt. Er hat das neuseeländische System an die dänischen Bedingungen angepasst. Besonders wichtig ist für ihn, dass die Kühe immer eine stabile Ration bekommen, während der Trockensteh-Periode restriktiven Zugang zur Weide haben. Die Kühe kalben ab Mitte Juni bis August draußen auf der Weide – das ist am hygienischsten. Danach geht es für sie 6 Stunden pro Tag auf Koppelweiden zwischen der ersten und zweiten Melkung am Tag. „Die tägliche Bewegung ist entscheidend“, ist sich Soren Hemming Madsen sicher.
Sponsoren und Veranstalter der deutschen Weidetage.
(Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)
Deutschlands Moore gehören zu den größten Klimakillern: Sie stoßen mancherorts mehr Treibhausgase aus, als die Industrie. Welche Zukunft hat da die Milcherzeugung?