Nachdem seine Eltern vor Jahren die Milchkuhhaltung in Münster aufgaben und seitdem fremde Jungrinder aufzogen, hat sich Jan Schedding dazu entschlossen, neu in die Milchkuhhaltung einzusteigen. Und das mit einem ganz besonderen Konzept: Die ganzjährige Haltung von 60 Anglerkühen auf Stroh mit Weidegang von Frühjahr bis Herbst, Saisonabkalbungen und die Gruppenhaltung von sechs bis acht Kälbern vom ersten Lebenstag an gehören dazu.
Bei unserem ersten Besuch im Juli während der...
Nachdem seine Eltern vor Jahren die Milchkuhhaltung in Münster aufgaben und seitdem fremde Jungrinder aufzogen, hat sich Jan Schedding dazu entschlossen, neu in die Milchkuhhaltung einzusteigen. Und das mit einem ganz besonderen Konzept: Die ganzjährige Haltung von 60 Anglerkühen auf Stroh mit Weidegang von Frühjahr bis Herbst, Saisonabkalbungen und die Gruppenhaltung von sechs bis acht Kälbern vom ersten Lebenstag an gehören dazu.
Bei unserem ersten Besuch im Juli während der Bauphase des neuen Kuhstalls war absehbar, dass der Bau aufgrund von Lieferengpässen nicht wie geplant rechtzeitig vor den ersten Kalbungen fertig wird. Also musste Jan Schedding die Startphase im Oktober alternativ, ohne das neue Stallgebäude und ohne einen Melkstand, planen. Wir haben ihn am 19. Oktober erneut besucht und gefragt, wie er die letzten Wochen erlebt hat und wie er die Zeit ohne Melkstand überbrücken konnte.
Ein Neubau für 60 Anglerkühe auf Stroh mit Weidegang und Saisonabkalbung: Jan Schedding hat sich gegen seinen Job im Futterverkauf und für die Kühe entschieden.
Über 40 Kalbungen im Oktober ohne Abkalbestall und Melkstand
„Schon bevor die ersten Färsen kalbten war absehbar, dass weder der Stall noch der Melkstand pünktlich vor den ersten Kalbungen Anfang Oktober bezugsbereit sind“, erzählt Jan Schedding rückblickend. Der junge Landwirt reagierte schnell, trennte im Altgebäude, in dem er die Jungrinder aufgezogen hatte, den überdachten Laufgang mit anliegendem Futtertisch vom restlichen Liegeboxenlaufstall ab und streute die Spalten dort mit Stroh ein: „Das ist nicht ideal, keineswegs! Aber ich musste kurzfristig einen Abkalbebereich schaffen und das war durch die Bauverspätungen beim Kuhstall leider nur so möglich!“
Die schlimmste Zeit war, als ich 13 Färsen, im Fressgitter fixiert, nacheinander mit einer Eimermelkanlage melken musste!
Jan Schedding
In Spitzenzeiten war Jan Schedding bis zu neun Stunden täglich nur mit dem Melken und dem dreimal täglichen Kälberfüttern beschäftigt. „Und in den neun Stunden habe ich noch nicht einen Handschlag am Bau geschafft“ erzählt er. „Es war wirklich mühsam und zeitaufwändig die frischmelken Jungkühe einzeln nacheinander im Fressgitter mit der Eimermelkanlage zu melken. Sie traten die Melkgeschirre oft ab und hielten auch manchmal die Milch fest. Und auch zehn neugeborenen Kälber zu versorgen benötigt seine Zeit, wobei das in dem System der Gruppenhaltung wirklich super funktioniert hat“ berichtet Jan Schedding weiter.
Stalleinzug nach langem Warten
Mitte Oktober war es dann endlich soweit: Der Melkstand war einsatzbereit und der Stall, zumindest in einer Hälfte, bezugsfertig. „Wir haben die Tiere über die Wiese hin zum neuen Stall in den Wartebereich vor dem Melkstand getrieben“, sagt Schedding. Nach der ersten Melkung durften sie dann erstmals in ihren neuen Stall. „Da war die Aufregung dann auch eigentlich schnell gelegt. Nach einer kurzen „Entdeckungstour fingen einige Färsen direkt an zu Fressen und Einige legten sich hin“, erzählt er.
Erst nach der Reinging des Melkstands morgens und abends dürfen die Tiere zurück ins Stroh. Vorher sind sie auf dem Futtergang abgesperrt. So können sich die Zitzen verschließen, bevor sich die Jungkühe im Stroh ablegen. „Ich hoffe, dass ich so die Zellzahlen trotz der Haltung auf Stroh niedrig halten kann“, erklärt der Milcherzeuger. Das Melken gestaltet sich weiterhin noch etwas schwierig berichtet er. „Die Färsen treten relativ häufig das Melkzeug ab. Manchmal drückt sich auch ein Tier zu viel auf eine Melkstandseite. Aber dafür das neben dem Melkstand teilweise mit Schlagbohrern am Stall gearbeitet wird, sind sie eigentlich sehr brav“, sagt Schedding.
Der Stalleinzug war ein erster Meilenstein. Dennoch liegt noch ein weiter Weg vor der Finalisierung von Jan Scheddings Plänen. Neben dem Bau und den vielen Kalbungen, die es samt Kuh und Kalb zu versorgen gilt, gibt es weitere Hürden die Jan Schedding überwinden musste. So z.B. die Rationsgestaltung: „Wie mache ich eine Ration für sieben Tiere?“ verdeutlicht er das Problem. Zusammen mit einem Futterberater beschloss der Junglandwirt die bisherige Rinderration vorerst mit Kraftfutter zu strecken. Nun mischt er für die aktuell 23 abgekalbten Färsen (Stand: 19. Oktober) eine TMR, ausgelegt für 30 Liter Milchleistung.
Die Milchleistung kann ich aktuell noch nicht wirklich beurteilen, da wir noch mitten in der Kalbephase sind und die Tiere durch den Umzug und den weiteren Baumaßnahmen am Stall viel Stress erfahren. Die beste Färse hat aktuell eine Tagesleistung von 26 Litern Milch.
Jan Schedding
Vitale Kälber
Gegenüber des Altgebäudes, in dem aktuell noch die restlichen Rinder kalben, ist ein Maschinenunterstand für die Kälber umfunktioniert, da der neue Kälberstall auch nicht pünktlich fertig gestellt werden konnte. Alle Kälber sind vom Tag der Geburt in festen fünfer Gruppen unterbracht. In diesen Gruppen (männlich und weiblich getrennt) sollen die Kuhkälber während der kompletten Tränkephase bleiben. Die Bullen verlassen nach zwei Wochen den Hof. „Das klappt bisher super! Sie Kälber lernen schnell voneinander, weshalb das Tränken kein Problem ist“, sagt Jan Schedding überzeugt nickend. „Für mich macht die Gruppenhaltung weniger Arbeit, da ich die Ställe maschinell misten und einstreuen kann. Außerdem wüsste ich nicht welche Vorteile die Einzelhaltung bringen sollte - die Kälber sehen super aus und sind gesund.“
Vitale Kälber sind dem Milcherzeuger besonders wichtig. Deshalb hat er sich für die dreimal tägliche Fütterung entschieden. Bis Ende Oktober fütterte Jan Schedding ausschließlich Vollmilch, da der Melkstand zwar schon funktionierte, die Tankkühlung jedoch nicht. Zum Absetzen wird voraussichtlich auf Milchaustauscher umgestellt. Ende des Jahres können die Kälber dann in den neuen Stall umziehen, in dem sie bis zum sechsten Lebensmonat in ihren festen Gruppen verbleiben sollen.
Trotz „Chaos“ voll motiviert
Und obwohl Jan Schedding einen Haufen Arbeit mit dem Bau und den Saisonabkalbungen hat, ist er frohen Mutes. „Auch wenn es zurzeit noch unendlich viel Arbeit ist und noch nichts richtig fertig ist, macht es viel Spaß und ich bin froh, diesen Schritt gewagt zu haben“, resümiert er. „Zu sehen, wie die Rinder, die ich vor ca. 1,5 Jahren gekauft habe, sich nach der Kalbung entwickeln und wie die Kälber wachsen, motiviert mich“ fährt Schedding fort. Er weiß aber auch, dass er ohne die Hilfe seiner Freunde und der Nachbarschaft nicht so weit gekommen wäre.
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