Betriebsspiegel Lindhof (Schleswig-Holstein)
• 110 Kühe (Jersey, irische Kreuzungstiere, Angler)
• 7.500 kg ECM Kuh/Jahr
• 3 Arbeitskräfte in der Milchproduktion
Das ist die letzte Probe“, sagt Marie Eismann und beugt sich zu einem Behältnis herunter, das ein Stück Weide unter sich verschließt. Sie sticht mit der Nadel in eine kleine Gummiöffnung, zieht Luft in die Spritze und presst die enthaltenen Gase in ein beschriftetes Proberöhrchen. Das war‘s. Der Versuch ist abgeschlossen. In den nächsten Tagen werden die Klima-Messstationen abgebaut.
Zu ihren Füßen weidet am Hang des kleinen Hügels eine Milchkuhherde aus Jerseys, irischen Kreuzungen und Anglern, deren Emissionen hier in den letzten Jahren gemessen wurden. Gegenüber der Messstation liegt das Versuchsgut Lindhof der Universität Kiel direkt an der Ostsee. Nicht nur das Methan der Kühe, sondern alle wesentlichen Klimagase, die mit der Weidehaltung in Verbindung stehen – also auch die Emissionen der Weidefläche selbst, hat Stipendiatin Marie Eismann hier erfasst.
Das Ziel: Eine komplette Messwert-basierte Klimabilanz über das Jahr zu erstellen. „Wir haben zum Beispiel herausgefunden, dass die Fläche eine negative Methanbilanz aufweist, also das Gas speichert, wenn die Kühe nicht auf ihr weiden“, berichtet Versuchsleiter Ralf Loges.
Vollweide nach irischem System
Das Versuchsgut gibt es bereits seit 75 Jahren, die Milchkühe aber erst seit 2015. „Angefangen hat alles mit der Idee, „low-cost“ Weidewirtschaft nach dem irischen System zu betreiben“, erinnert sich Ralf Loges. Das heißt: Saisonale Abkalbung, wenig Kraftfuttereinsatz, Vollweidesystem – und das alles nach Ökorichtlinien. „Und mit dem Ansporn, Geld zu verdienen“, fügt der Versuchsleiter hinzu. „Denn wer hat eigentlich gesagt, dass man mit Weidehaltung kein Geld verdienen kann?“
Wer sagt, dass man mit Weide kein Geld verdienen kann?
Ralf Loges
Betriebsspiegel Lindhof (Schleswig-Holstein)
• 110 Kühe (Jersey, irische Kreuzungstiere, Angler)
• 7.500 kg ECM Kuh/Jahr
• 3 Arbeitskräfte in der Milchproduktion
Das ist die letzte Probe“, sagt Marie Eismann und beugt sich zu einem Behältnis herunter, das ein Stück Weide unter sich verschließt. Sie sticht mit der Nadel in eine kleine Gummiöffnung, zieht Luft in die Spritze und presst die enthaltenen Gase in ein beschriftetes Proberöhrchen. Das war‘s. Der Versuch ist abgeschlossen. In den nächsten Tagen werden die Klima-Messstationen abgebaut.
Zu ihren Füßen weidet am Hang des kleinen Hügels eine Milchkuhherde aus Jerseys, irischen Kreuzungen und Anglern, deren Emissionen hier in den letzten Jahren gemessen wurden. Gegenüber der Messstation liegt das Versuchsgut Lindhof der Universität Kiel direkt an der Ostsee. Nicht nur das Methan der Kühe, sondern alle wesentlichen Klimagase, die mit der Weidehaltung in Verbindung stehen – also auch die Emissionen der Weidefläche selbst, hat Stipendiatin Marie Eismann hier erfasst.
Das Ziel: Eine komplette Messwert-basierte Klimabilanz über das Jahr zu erstellen. „Wir haben zum Beispiel herausgefunden, dass die Fläche eine negative Methanbilanz aufweist, also das Gas speichert, wenn die Kühe nicht auf ihr weiden“, berichtet Versuchsleiter Ralf Loges.
Vollweide nach irischem System
Das Versuchsgut gibt es bereits seit 75 Jahren, die Milchkühe aber erst seit 2015. „Angefangen hat alles mit der Idee, „low-cost“ Weidewirtschaft nach dem irischen System zu betreiben“, erinnert sich Ralf Loges. Das heißt: Saisonale Abkalbung, wenig Kraftfuttereinsatz, Vollweidesystem – und das alles nach Ökorichtlinien. „Und mit dem Ansporn, Geld zu verdienen“, fügt der Versuchsleiter hinzu. „Denn wer hat eigentlich gesagt, dass man mit Weidehaltung kein Geld verdienen kann?“
Wer sagt, dass man mit Weide kein Geld verdienen kann?
Ralf Loges
Der Einstieg in die Milchproduktion hat sich auf dem Lindhof jedenfalls gelohnt. Niedrige Futterkosten von nur 16 Cent, kaum Kraftfuttereinsatz und ein geringer Arbeitsaufwand wirken sich positiv auf die Bilanz aus. Die Herde erreicht einen Schnitt von 7.500 kg ECM/Kuh/Jahr. Die hohen Milchinhaltsstoffe werden von der Molkerei extra vergütet. Das rechnet sich.
Die Futterkosten auf einen Blick:
Milcherzeugung inkl. Färsenaufzucht WJ 2020/21
- Futterkosten je kg erzeugte ECM-Milch ct/kg ECM 15,75
- Grundfutterkosten (anteilig) ct/kg ECM 11,23
- Kraftfutterkosten (anteilig) ct/kg ECM 4,52
„Zahlen aus dem Jahr 2021/22 bzw. 2022/23 haben wir uns noch nicht gezielt angeschaut“, erklärt Ralf Loges, da die Betriebszweigabrechnung händisch erfolgt. „Der Preise für ökologisches Kraftfutter dürften um 40 % gestiegen sein. Beim Grundfutter sind natürlich die Faktorkosten angestiegen. Aber wahrscheinlich vergleichsweise gering, da wir keinen Mineral-N-Dünger einsetzen und durch intensive Weide der Energieverbrauch für Maschinenbereitstellung und Kraftstoffe im Weidebetrieb eine geringere Rolle spielt.“
Jerseys statt Dreirassenkreuzung
„Ursprünglich wollten wir eine Dreirassenkreuzung“, erklärt Ralf Loges. Aber der Import von Kreuzungstieren aus Irland erwies sich als schwierig. Deshalb entschied man sich, stattdessen 80 Jerseys aus Dänemark zu kaufen. Im Frühjahr 2016 starteten sie auf dem Lindhof in ihre erste Laktation. Damals wurden die dänischen Herdbuchkühe ausschließlich mit gesextem Jerseysperma belegt.
Da es mit den Jerseys so gut funktionierte, entschlossen sie sich, nach dem ersten Jahr auch weiterhin einen Teil der Herde als reine Jerseys zu behalten. Noch heute gibt es einige der ersten Zukauftiere mit dänischen Ohrmarken in der Herde. Sie starten gerade in ihre achte Laktation. Ein Teil der Herde wird mittlerweile jedoch mit irischen Kreuzungstieren und Anglern angepaart.
Im Abkalbebereich neben dem Melkstand schnauft eine Jersey. Sie liegt auf der Seite im Stroh, der kugelrunde Bauch verhärtet sich, der Kopf richtet sich auf. Sie schnauft wieder. Die Abkalbungen haben sich dieses Jahr nach hinten verzögert. Eigentlich sollten Mitte April schon längst alle Kühe auf der Weide sein. Aber es gab Fruchtbarkeitsprobleme, einige Kühe wurden spät tragend. „Die saisonale Abkalbung ist einfach eine Herausforderung“, sagt Herdenmanager Keanu Heuck.
Er war bereits als Auszubildener auf dem Lindhof und ist mittlerweile für das Herdenmanagement der 110 Kühe zuständig. Dabei gibt es auf dem Lindhof ein Sensorsystem, das die Aktivitätsdaten noch auf eine Entfernung von 1,5 km überträgt. Anders würde es mit der Weide nicht funktionieren. „Gerade, wenn die Kühe den ganzen Tag weiter weg vom Stall unterwegs sind, hat man sie nicht im Blick“, erklärt Keanu. Da leistet das Sensorsystem eine enorme Unterstützung – bei der Brunst-, aber auch bei der Gesundheitsüberwachung.
Die Hauptabgangsursache ist somit die Fruchtbarkeit. Nur selten verlassen Kühe den Betrieb wegen Klauen- oder Euterproblemen. Gute Kühe, die nicht aufnehmen, werden über den Winter gemolken und erst wieder im nächsten Jahr regulär besamt. Nur Tiere, die nicht tragend werden und deren Milchleistung im Winter unter zehn Liter fällt, verlassen den Betrieb. Die Remontierungsrate liegt bei 18 %
Nur für die eigene Remonte
„Wir besamen nur die ersten 40 Tiere mit Milchrassen für die Remontierung“, erklärt Ralf Loges. Der Rest der Herde wird mit Angus belegt. Alle Färsenkälber – auch die Kreuzungstiere – bleiben auf dem Betrieb. „Die gehen dann in die extensive Weidemast auf Naturschutzgrünland, ohne Kraftfutter. Das Fleisch vermarkten wir über den Hofladen.“
Ihr erstes Lebensjahr verbringt die Nachzucht im Stall. Durch einen angebauten Laufhof können sie jederzeit nach draußen. Mit 14 Monaten kommt ein Bulle dazu. Das Erstkalbealter liegt bei 23,5 Monaten.
Beginn der Vollweidezeit
Den Winter über verbringen auch die Kühe im großzügigen Strohstall mit angeschlossenem Laufhof. „Ab Mitte Februar befinden wir uns dann in der Vorweidezeit“, erklärt Keanu. „Dabei gehen die Kühe so früh wie möglich mindestens einmal über alle Flächen, um das Graswachstum und die Bestockung des Grases anzuregen.“
Sie verbringen aber noch nicht den ganzen Tag draußen und werden morgens mit Kleegrassilage am Futtertisch zugefüttert. Erst in der zweiten Aprildekade, wenn das Graswachstum richtig in Gang kommt, beginnt die Vollweidezeit mit Portionsweide.
Dann kommen die Kühe nur zum Melken morgens und abends von der Weide in den Melkstand – eine steile Doppelachter-Fischgräte. Theoretisch sollen die Kühe alle drei Wochen eine Fläche beweiden. Nach dreimal weiden folgt ein Siloschnitt. Diese „Reinigungsschnitte“ sollen die Futterverluste durch Geilstellen gering halten. Da die Kühe es bei gutem Aufwuchs nicht schaffen, alle Flächen abzugrasen, hält Keanu für die Futterproduktion Weideflächen vor.
„Wir messen den Aufwuchs auf allen Flächen wöchentlich mit einem Grashöhen-Sensor. Beim ersten Einstich weiß das Gerät mit GPS-Sender sofort, wo man sich befindet. So wissen wir ziemlich genau, wie viel Grasmasse steht und wie der Zuwachs gewesen ist. Danach können wir die Schnittzeitpunkte bestimmen.“ „Das Ziel ist, das Gras jung, klein und grün zu halten“, ergänzt Ralf Loges. „Es muss sofort wieder loswachsen können.“
Junges, kleines und grünes Gras muss sofort wieder loswachsen können.
Ralf Loges
Bei den Schnitten kommt daher nicht viel Masse herunter, dafür aber Ballensilagen mit 7,1 MJ NEL. „Dann machen wir die Ballenfolie ab und haben das Gefühl, da ist Zuckerwatte drin.“ Die weniger energiereichen Siloschnitte zwischen den Beweidungen finden als Jungviehfutter Verwendung.
Immer grün halten
„Diese Weide wird dieses Jahr noch umgebrochen“, Ralf Loges zeigt mit der Hand auf die Fläche, wo gerade die Kühe stehen. Alle zwei bis drei Jahre wird auf den Weideschlägen Getreide oder Mais angebaut. Durch den Wechsel gibt es im Getreide keine Probleme mit Disteln oder Quecken und der Bodenhumusgehalt baut sich während der Weidezeit auf.
Im Mai vor zwei Jahren wurde auf dieser Fläche per Untersaat im Getreide kostengünstig die Ansaat mit Kleegras und Kräutergemengen gemacht. So konnten die Kühe nach der Getreideernte im September direkt auf der Fläche weiden. „Wir wollen die Flächen immer grün halten und den Boden nicht bearbeiten“, sagt Ralf Loges. Er schaut über die Gräser zu seinen Füßen. „Als richtige Futterkräuter haben sich Spitzwegerich und Zichorie durchgesetzt.“
Weidepflanzen in den Fokus
Nachdem der Forschungsschwerpunkt in den vergangenen Jahren auf der Methan- und Klimagasmessung lag, wird sich das Lindhof-Team in der nächsten Zeit neuen Schwerpunkten widmen. Die Messstationen der Uni Kiel gehen nächste Woche in ein anderes Forschungsprojekt, in dem Moorflächen wieder angestaut werden sollen.
Auf dem Lindhof richtet sich der Fokus dann wieder mehr auf klassische Fütterungsversuche. Verschiedene Weidepflanzen, ihre Schmackhaftigkeit, Trocken- und Hitzeresistenz sollen zukünftig intensiver erforscht werden.
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