Der Fleckviehbetrieb von Georg und Andreas Kraus ist in Bayern und den angrenzenden Regionen weithin bekannt, insbesondere wegen der hohen Milchleistung der 250 köpfigen Kuhherde. Die gehört nämlich mit einer Durchschnittsleistung von rund 11.200 kg Milch nicht nur zu den leistungsstärksten in Bayern, sondern in der gesamten Fleckviehwelt. Seit einigen Jahren macht der Milchkuhbetrieb im schwäbischen Deubach aber auch noch durch eine weitere Besonderheit auf sich aufmerksam: A2-Milch.
- 250 Kühe
- 11.200 kg Milch (3,86 % Fett und 3,58 % Eiweiß)
- 250 Hektar
- 3,5 AK
Die Vermarktung von „Wohlfühlmilch“ ist kein Selbstläufer
Zunächst hat die Familie in 2015 einen Milchautomaten, um die Möglichkeiten der Direktvermarktung mal „anzutesten“, um mit den Verbrauchern ins Gespräch zu kommen. Eigentlich kam die Idee gut an, doch einige der Interessenten erklärten, die Milch nicht zu vertragen“, erinnert sich Andreas Kraus. Zufällig besuchte in dieser Zeit ein neuseeländischer Milchfarmer den Familienbetrieb um sich über Fleckvieh schlau zu machen. Dieser erzählte von der sogenannten, bekömmlicheren A2-Milch, die es in Neuseeland zu kaufen gibt. Als sich dann noch herausstellte, dass ein Teil der Fleckviehherde die A2-Gene in sich trägt, war die Idee, in die Direktvermarktung einzusteigen, geboren.
Seit 2016 vermarktet die Familie Kraus nun 10.000 bis 15.000 Liter über Hofläden und mehrere Edeka-Märkte in der Umgebung. Allerdings musste Andreas Kraus schnell feststellen, dass die Vermarktung der „Wohlfühlmilch“ kein Selbstläufer ist. Im Nachhinein ist er denn auch froh, dass er nicht in eine eigene Molkerei investiert hat, sondern die A2-Milch im Lohn abfüllen lässt. Die Molkereien übernehmen auch den Versand der Milch, so dass Andreas Kraus sich „nur“ um das Marketing kümmern muss.
2 AMS mit insgesamt 7 Melkboxen
Gemolken wird die Herde in zwei AMS (GEA). Zunächst war nur ein 1x4 AMS-Mehrboxensystem im Einsatz, der durch eine zusätzliche Einzelbox ergänzt werden sollte. Doch dann wurde den Krauses ein gebrauchtes 1x3 Boxensytem für 100.000 € angeboten. Solch ein Schnäppchen wollten sie sich dann aber doch nicht entgehen lassen, die Anlage wurde selbst ausgebaut und kurzerhand einmal quer durch die Republik, von der Nordseeküste nach Schwaben transportiert.
So sind jetzt sieben Melkboxen im Einsatz. Auch wenn die beiden zusätzlichen Melkplätze eigentlich „über“ sind, ist Andreas Kraus doch froh diese vorhalten zu können. „Sicherlich ist die Anlage sehr großzügig dimensioniert, aber die Kühe profitieren von der geringeren Auslastung. Die Herde ist so einfach ruhiger.
Hervorragende Eutergesundheit - nur 90.000 Zellen
2,8 Mal wird jede Kuh im Tagesdurchschnitt gemolken. Den Zellgehalt der Milch beziffert Kraus auf nur 90.000 Zellen/ml. In der Milch der allermeisten Jungkühe finden sich gerade mal 50.000 Zellen. Das kommt nicht von ungefähr! Auf eine gute Eutergesundheit legen Vater und Sohn großen Wert, so wird jede Kuh gedippt, auch wenn es vergleichsweise teuer ist. „Sobald wir das Dippen weggelassen, steigt der Zellgehalt um 20.000 Zellen“, weiß Andreas Kraus. Alle Kühe werden mit einem Trockensteller und Zitzenversiegler (im Schnitt >24 kg beim Trockenstellen) in die melkfreie Phase entlassen. Unter 20 kg Milch wird selektiv trockengestellt. Alle bekommen vorher einen Schalmtest, um gegebenenfalls einen höherwertigen Trockensteller zu verwenden.
Sobald wir das Dippen weglassen, steigt der Zellgehalt um 20.000 Zellen.
Andreas Kraus
Die Euter (und Klauen) der hochtragenden Färsen werden rund acht Wochen vor der Kalbung kontrolliert. Fällt dabei ein Rind mit einem Verdacht auf eine Entzündung im Euter auf, wird es antibiotisch behandelt (Trockensteller), der Strichkanal mithilfe eines Zitzenversieglers verschlossen. Um sich an das AMS zu gewöhnen, laufen die hochtragenden Färsen die letzten Wochen in der Herde mit. „Das ist mehr als die halbe Miete!“
In dem GEA-Melkroboter lassen sich Kühe nach dem Kalben auch gut per Hand anmelken. Die frisch abgekalbten Kühe werden zudem morgens und abends unter Aufsicht gemolken, anschließend wird die Anlage gespült, so wir das Risiko einer Erregerübertragung nahezu ausgeschlossen. All diese Maßnahmen mögen aufwendig sein, „aber letztlich sparen wir so viel Antibiotika ein, da die Tiere gesund in die neue Laktation starten!“, ist Andreas Kraus überzeugt.
40 bis 50 Jungkühe werden pro Jahr verkauft, die alle genomisch getestet werden. Aber auch weil sie übrig sind und Rinder aus einem AMS Stall nachgefragt werden. Besamt wird nur noch mit A2 Bullen, denn das Ziel ist eine 100 %ige genetisch veranlagte A2-Herde.
Nach 45 Tagen wird besamt - 365 Tage ZKZ
Im Vordergrund der Zucht steht die Verbesserung der Herde, aber es ist auch ein bisschen Hobby.
Andreas Kraus
Die Zucht hat auf dem Milchkuhbetrieb schon immer große Rolle gespielt. „ich bin schon als kleiner Bub, mit acht Jahren, mit dem Zuchtleiter durch den Stall gegangen“ erinnert sich Georg Kraus. Das Interesse an schönen Kühen hat er an seine Kinder weitergegeben. „Sicherlich steht in der Zucht der Antrieb, die Herde zu verbessern, im Vordergrund“ erklärt Andreas Kraus, „aber es ist auch ein bisschen Hobby.“
Bei der Anpaarung achten die Krauses auf einen hoch angesetzten Euteransatz, auch sollen die Tiere eher spätreif sein sowie Rahmen und Fleisch mitbringen. Mit dem Besamen wird trotz der hohen Milchleistungen zu Laktationsbeginn bereits wieder nach 45 bis 50 Tagen begonnen, denn die Fleckviehkälber lassen sich gut vermarkten. Ein sechs Wochen altes Kalb, das 90/100kg auf die Waage bringt, erlöst immerhin 600 €.
Deshalb wird eine Kuh, die eine Brunst zeigt, auch sogleich wieder besamt. Auf den Einsatz von Hormonen zur Zyklussteuerung wird verzichtet. Dennoch liegt Besamungsindex (BI) bei nur 1,7! Das Ergebnis eines hervorragenden Herdenmanagements.
Im Durchschnitt durchlaufen die Kühe 4,7 bis 5,0 Laktationen im Stall. Langlebigkeit ist aber kein Dogma, denn wenn eine Kuh 60.000 kg gemolken hat und gerade eine gute Jungkuh bereit steht, dann kann diese schon mal die alte Kuh verdrängen. Schließlich lässt sich die Altkuh in einem guten Zustand noch gut vermarkten.
Noch ein Wort zur Fütterung: Die Futterration ist sehr maisbetont ausgelegt: 26 kg Maissilage; 12 kg Grassilage; 5,0 kg Biertreber; 2,0 kg Gerste; 1,5 kg Rapsschrot; 1,0 kg Kraftutter (enthält geschützes Protein); 0,5 kg Stroh sowie Mineralien und Hefe. Im Melkroboter werden nochmals bis zu 5,0 kg des Kraftfutters angeboten, so dass jede Kuh maximal 10 kg Konzentrat täglich konsumieren kann.
Das hat uns beeindruckt:
- Natürlich die tollen, extrem leistungsstarken Fleckviehkühe! Es ist schon sehr ungewöhnlich auf eine Herde zu treffen, in der die Kühe mit 24 kg Milch trockengestellt werden.
- Aber auch die Ruhe und Gelassenheit, mit der die beiden Betriebsleiter ihre Kuhherde führen – alles wird der Minimierung von Stress untergeordnet.
- Und natürlich, die Bereitschaft neue Wege einzuschreiten, wie z.B. die Umstellung auf A2 Milch und der Einstieg in die Direktvermarktung.
Was sind die Erfolgsfaktoren im Kuhstall?
- „Ruhe! Kühe vertragen keinen Stress, schon gar nicht bei hohen Milchleistungen. Deshalb laufen auch nur meine Schwester und ich durch die Herde. Wir kennen die Kühe, da muss keine angefasst werden, um nach der Nummer zu suchen, höchstens um zu streicheln.“
- „Die Kennzahlen verstehen und auswerten, aber nicht nur die am Melkroboter!“
- „Die Klauenpflege selbst durchführen! Wir schneiden wieder selbst, die Auslagerung der Klauenpflege verursacht zu viel Stress. Jetzt steht der Klauenstand immer an der gleichen Stelle, die Kühe kennen das Prozedere!“
Warum melken Sie weiter, Herr Kraus?
„Unser Milchkuhbetrieb ist super aufgestellt, wir haben nicht alles auf einmal investiert. Zudem verfügen wir über eine gesunde Größe. Das passt alles!