Wie lässt sich die Milchproduktion aufrechterhalten, wenn kein Wasser vom Himmel fällt? Wie geht man damit um, wenn gerade in einen Kuhstall investiert wurde?
Wie lässt sich eine Milchproduktion aufrechterhalten, wenn kein Wasser vom Himmel fällt? Und wie geht man mit dieser Situation um, wenn man gerade ordentlich in eine Erweiterung des Kuhstall und einen zusätzlichen Melkroboter investiert hat? Darüber haben wir während unseres Besuches bei der Angermilch im oberfränkischen Seßlach mit Daniel Angermüller gesprochen.
Im Gespräch mit Daniel Angermüller
(Bildquelle: Ostermann-Palz)
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Wie lässt sich eine Milchproduktion aufrechterhalten, wenn kein Wasser vom Himmel fällt? Und wie geht man mit dieser Situation um, wenn man gerade ordentlich in eine Erweiterung des Kuhstall und einen zusätzlichen Melkroboter investiert hat? Darüber haben wir während unseres Besuches bei der Angermilch im oberfränkischen Seßlach mit Daniel Angermüller gesprochen.
Im Gespräch mit Daniel Angermüller
(Bildquelle: Ostermann-Palz)
Im überschaubaren Ortsteil Gleismuthausen, eingerahmt von sanften Hügeln und nur einen Steinwurf von der einstigen deutsch-deutschen Grenze entfernt, hat es seit Anfang Mai fast nicht mehr geregnet. Eigentlich galt die Region schon immer als Trockengebiet, doch früher verzeichneten die Landwirte dort immerhin noch 600 mm Niederschlag. Dieser langjährige Mittelwert wird schon seit einigen Jahren unterschritten. Nach 2018, 2019 und 2020 ist 2022 schon das vierte trockene Jahr. Glücklicherweise fiel 2021 ausnahmsweise mal ausreichend Niederschlag, denn so konnte Angermüller einen Futtervorrat anlegen.
Doch trotz dieser trockenen Klimabedingungen (in diesem Jahr brachten Angermüllers bislang gerade mal zwei Grasschnitte ins Silo, der Ertrag fiel mit 80 % zudem noch eher bescheiden aus), hat sich der junge Agraringenieur vor drei Jahren dazu entschlossen, gemeinsam mit seiner Ehefrau Lisa den elterlichen Milchkuhbetrieb zu übernehmen und kräftig zu investieren! „Ich glaube an die Milchproduktion“ erklärt er uns. „Die Gesellschaft benötigt auch in Zukunft Milchprodukte.“ Da das Milchaufkommen weltweit stagniere, rechnet er sich gute Chancen mit der Milchproduktion aus.
Milchprodukte werden auch in Zukunft noch gebraucht!“
Daniel Angermüller
Und die Trockenheit? Da hilft nur noch über die Fläche die Futterversorgung sicherzustellen. Mittlerweile werden denn auch 180 ha bewirtschaftet, wovon 35 ha absolutes Grünland sind. Das spiegelt sich auch in der Futterration (TMR) wieder, die zu 2/3 aus Maissilage besteht. Stärker in den Fokus gerückt ist aufgrund der Trockenheit in den letzten Jahren der Luzerneanbau. „Wir hoffen auf relativ gute Erträge, auch bei ausbleibenden Niederschlägen“, erklärt uns Daniel Angermüller, „aber wenn kein Wasser von oben kommt, wächst die Luzerne eben auch nicht.“
Lisa und Daniel Angermüller haben vor drei Jahren den Betrieb von Daniels Eltern übernommen.
(Bildquelle: Veauthier)
2011: Laufstall mit einem AMS
2011 haben Angermüllers einen neuen Kuhstall auf einer Anhöhe unweit der Hofstelle errichtet. Dort melkt seitdem ein Melkroboter. Zuvor wurden die 45 Kühe noch im alten Anbindestall gemolken. Im vergangenen Jahr hat das junge Betriebsleiterehepaar den Stall gespiegelt und das vorhandene AMS durch eine neueres Modell ersetzt und eine zweite Melkbox hinzugefügt. Seitdem werden alle laktierenden Kühe in einer Gruppe gehalten (d.h. die Kühe können sich ihre Melkbox aussuchen). In diesem Jahr folgte dann der Umbau des alten Kuhstalls zu einem Kälberstall.
Wir genotypisieren alle weiblichen Kälber.“
Lisa Angermüller
Aktuell werden 150 Fleckviehkühe und die komplette Nachzucht gehalten. Die Milchleistung der Herde hat sich bei knapp unter 10.000 kg Milch eingependelt (aktuell 9.664 kg). Diese dürfte aber in den kommenden Jahren noch ansteigen, denn nach der erfolgten Aufstockung, besteht jetzt die Chance, die Herde „durchzuselektieren“. Mittlerweile werden alle weiblichen Kälber genotypisiert (FleQS Bayern), die Anpaarung erfolgt über Optibull.
Genomische Vererber – möglichst hornlos
Bei der Bullenauswahl setzen Angermüllers auf genomische Vererber (> 90 %), besonderes Augenmerk gilt dabei den Merkmalen Euter, Fundament, Fitness und Hornlosigkeit. Das sieht man den Kühen durchaus an. Lahme Kühe sind uns bei unserem Rundgang durch den Stall nicht aufgefallen. Sicherlich lässt sich die gute Klauengesundheit u.a. auch auf die bequemen Tiefboxen im Stall, die zweimal jährliche Klauenpflege und die Abwesenheit von Mortellaro zurückführen.
Die robusten Fleckviehkühe zeichnen sich durch eine gute Gesundheit aus, was nicht zuletzt auch die Zwischenkalbezeit von 380 Tagen beweist. Mit dem Besamen wird ab dem 50. Laktationstag begonnen. Allenfalls bei älteren Kühen tritt mal Milchfieber auf, was gelegentlich dazu führt, das mal eine Nachgeburt hängen bleibt. Deshalb erhalten die mehrlaktieren Kühe als Prophylaxe auch einen Bolus und eine besondere Aufmerksamkeit während der ersten Tage nach der Kalbung.
Als große Hilfe beim Herdenmanagement bezeichnet Daniel Angermüller die neuen Sensoren, die auch die Wiederkauaktivität messen. So lassen sich brünstige und „wackelige“ Kühe schnell auffinden. „Das hat uns wirklich vorangebracht im Stall!“ In der Umstellung auf die ad libitum-Tränke der Kälber sieht er einen weiteren Erfolgsfaktor im Stall.
Apropos Zucht: Auch wenn sich Lisa und Daniel Angermüller nicht als klassische Züchter verstehen wollen, so ist unverkennbar, dass der Auswahl der Vererber eine große Bedeutung zugemessen wird. Anders ist es nicht zu erklären, dass in den letzten Jahren schon der ein oder andere Bulle von einer Besamungsstation aufgekauft wurde (u.a. Verden P*S)
Angesprochen auf die größten Herausforderungen führt der besonnen auftretende Betriebsleiter an:
Die zunehmende Trockenheit
Die Akzeptanz der Rinderhaltung in der die Gesellschaft sowie die immerwährenden Veränderungen der Vorgaben seitens der Politik
Verfügbarkeit von Arbeitskräften
Aufbauend auf den genannten „Herausforderungen“ hat Angermüller für sein Unternehmen eine klare Zukunftsvision. Dabei spielen die Steigerung der Milchleistung und der Lebensleistung eine wichtige Rolle. Desweiteren will er seinen Fokus verstärkt auf erneuerbare Energien legen
Das hat uns beeindruckt
Die leistungsstarke, gesunde Fleckviehherde
Die Konsequenz mit der das Herdenmanagement umgesetzt wird (u.a. Selektionsstragie)
Die effizienten Arbeitsabläufe (nur 2,5 AK)
Die Zuversicht des jungen Betriebsleiter-Ehepaares, die Herausforderungen zu meistern