Tierarztbesuche kosten Geld. Intensive Prophylaxe-Maßnahmen können Geld sparen. Die Zusammenarbeit mit der Tierarztpraxis spielt dabei eine große Rolle.
Wie lassen sich die Tierarztkosten bei meinem Betrieb senken? Ist mein Tierarzt zu teuer? Passen Kosten und Leistung zusammen? Diese Fragen lassen sich nicht so ohne Weiteres beantworten. Fest steht, dass es deutliche Unterschiede in den Tierarztkosten pro Kuh oder pro Liter Milch zwischen verschiedenen Milchkuhbetrieben gibt – obwohl die reinen Behandlungskosten zwischen den Tierarztpraxen nur unwesentlich voneinander abweichen. Diese Kosten sind oft eine große Unbekannte, obwohl sie nicht nur Auskunft über den Erfolg und die Entwicklung im Stall, sondern auch über die Zusammenarbeit mit der zuständigen Tierarztpraxis geben.
Kosten pro Kuh und Jahr
Pro Kuh und Jahr sollten Sie ihrem Tierarzt im Durchschnitt (inklusive Klauenpflege und TU) nicht mehr als 120 Euro pro Jahr überweisen. Die Klauenpflege beansprucht dabei 20 bis 30 Euro. Wichtig ist, die reinen Kosten immer im Zusammenhang mit zu betrachten. Wird zum Beispiel ein intensives Impf- oder Hormonprogramm durchgeführt, können die Kosten höher ausfallen. Diese sollten jedoch durch eine höhere Milchleistung. wieder ausgeglichen werden. Eine gängiger Maßstab sind die Tierarztkosten pro Liter Milch. Diese variieren je nach Betrieb zwischen 0,5 bis 2,5 Cent. Ziel sollte sein, dass die Tierarztkosten pro Liter Milch 1,0 ( bis 1,5) Cent nicht überschreiten. Um das zu erreichen, sollten Sie folgende Tipps verfolgen:
Notfälle sind zeitaufwendig und fallen oft außerhalb der Sprechzeiten an. So verursachen sie hohe Kosten.
(Bildquelle: Weerda)
Teure Notdienste
Bei einer „freien” Zusammenarbeit von Milcherzeuger und Tierarzt erfolgt die Abrechnung der tierärztlichen Dienstleistung pro Kuh und Behandlung entsprechend der Vorgaben in der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Bei einer vertraglich geregelten Bestandsbetreuung kann auch über alle Behandlungsformen hinweg per Stunde abgerechnet werden (je nach Praxis, Art der Dienstleistung, ab 100 Euro pro Stunde).
Zuschläge für Notfälle und Feiertage werden in beiden Modellen berechnet. Auch hier müssen sich Tierärzte nach der GOT richten, die vorsieht, alle Notdienste, das heißt alle Besuche außerhalb der Sprechzeiten, mit einem festgelegten Notdienst-Zuschlag plus dem doppelten Gebührensatz (pro Kuh, pro Behandlung oder pro Stunde) in Rechnung zu stellen. Anders als in der Humanmedizin oder im Kleintierbereich werden Telefonate mit dem Tierarzt oder ein Austausch per WhatsApp von Nutztierpraxen bisher (noch) nicht abgerechnet.
Krankenkasse für Kühe?
Warum gibt es eigentlich keine Krankenkasse für Kühe? Die Mitgliedschaft in der Tierseuchenkasse ist ja schließlich auch Pflicht für alle Tierhalter. Der Jahresbeitrag pro Rind beträgt hier ca. 4 Euro. Im Seuchenfall werden daraus Entschädigung und Beihilfe an den Tierhalter gezahlt. Wertvolle Einzeltiere (z. B. Zuchtbullen) können freiwillig versichert werden, um im Todesfall Ersatz zu bekommen. Zudem gibt es auch Veranstaltungs-, Ertragsschaden- oder Weide-Versicherungen für Rinder.
Klassische Krankenkassen-Systeme für Tiere gibt es bereits im Kleintier- und Pferdebereich. Je nach Leistungspaket decken sie Operations- und/oder Behandlungskosten ab. Zur Krankenversicherung gehört zum Teil auch die Übernahme eines bestimmten Höchstbetrages für vorbeugende Impfungen. Je nach Leistungspaket zahlt man für die OP-Versicherung eines Pferdes 30 bis 40 Euro, für die Voll-Krankenversicherung bis zu 150 Euro pro Monat.
Abrechnung nach Zeitaufwand
Rechnet der Tierarzt pro Zeiteinheit, z. B. pro Stunde ab, ist eine gute Vorbereitung im wahrsten Sinne „Gold wert“. Stehen die Kühe fixiert im Fressgitter mit einer Liste der anstehenden Untersuchungen, ist die Arbeit schnell erledigt. Außerdem dienen die Vorbereitung und Dokumentation gleichzeitig der eigenen Arbeit im Stallbüro. Eine derartige intensive Zusammenarbeit zielt darauf ab, die Tiergesundheit in der Herde auf langfristige Sicht zu verbessern. Zudem entsteht mit gewisser Zeit ein guter Überblick über typische Schwachstellen der Kuhherde. Somit können Prophylaxe und Früherkennung spezifischer erfolgen.
Zu einer guten Zusammenarbeit gehört es, sich gemeinsam mit dem Tierarzt auf Ziele zu verständigen. Diese lassen sich z. B. in Kennzahlen fassen. Das können die Tierarztkosten sein, aber vor allem produktionstechnische Kennzahlen wie der Anteil an Nachgeburtsverhalten, die Anzahl festliegender Milchfieber-Notfälle oder die Neuinfektionsrate. Ein Jahr kann dabei als Schwelle dienen. Die aktuellen Zahlen sollten regelmäßig, das heißt einmal im Monat, überprüft werden. Mithilfe solcher Kennzahlen lässt sich auch das Tiergesundheitsmanagement kontrollieren. Das heißt nicht, den Tierarzt persönlich zu hinterfragen, sondern den Erfolg seiner Arbeit zu „controlen” und ihn bei Bedenken offen anzusprechen oder zu fragen, warum das Ziel noch nicht erreicht wurde.
Enorm wichtig ist bei einer Bestandbetreuung das Vertrauensverhältnis zwischen Herdenbetreuer und Tierarzt.
(Bildquelle: Weerda)
Teamarbeit spart Zeit
Enorm wichtig ist bei einer Bestandbetreuung das Vertrauensverhältnis zwischen Herdenbetreuer und Tierarzt. Ob immer derselbe Tierarzt auf den Betrieb kommt, hängt von den logistischen Möglichkeiten der Tierarztpraxis ab. Ist das ein ausdrücklicher Wunsch des Milcherzeugers, sollte es im Voraus geklärt werden. Kann das nicht gewährleistet werden, sollten die behandelnen Tierärzte alle auf demselben fachlichen Stand sein und dieselben Methoden anwenden. Mitunter kann ein Wechsel des Tierarztes auch vorteilhaft sein, denn ein anderer Tierarzt kann mit einem neuen Blickwinkel weiterhelfen.
Die meisten Milchkuhbetriebe lassen sich von spezialisierten Beratern in den Bereichen Fütterung, Fruchtbarkeit oder auch Klauenpflege beraten. Da alles unmittelbar mit der Tiergesundheit zusammenhängt, ist es ratsam, Berater und Tierarzt an einen Tisch zu setzen. Eine intensive Kommunikation ist nicht immer von beiden Seiten gerne gesehen, bietet aber vor allem dem Milcherzeuger Vorteile. Deshalb sollte dieser aus Sicht des Kunden einen gegenseitigen Austausch verlangen und zu Beginn Tierarzt und Berater beispielsweise gemeinsam einladen.
Außerdem gilt: Nur dokumentierte Daten können analysiert werden! Ein eigener Zugang zum Herdenmanagementprogramm für Tierarzt und/oder Fütterungsberater ermöglich es, selbstständig mit den Daten arbeiten zu können und dem Landwirt Arbeit zu ersparen.
Israel: Nur 5 Euro pro Kuh und Jahr
Mehr als die Hälfte des Landes Israel ist Wüste, die Futtermittel sind stark begrenzt und die Temperaturen können mancherorts auf über 45 °C steigen. Trotzdem melken israelische Milcherzeuger über 11.000 kg Milch pro Kuh und Jahr und liegen damit im internationalen Vergleich vorne. Der Schlüssel für den Erfolg liegt in einem klugen Management und guter technischer Ausstattung. Viele Betriebe sind mit modernen Systemen zur Brunsterkennung und Gesundheitsüberwachung ausgestattet.
Im kleinen Land Israel arbeiten rund 40 Tierärzte für die „Hacklait“. Jeder der 40 Tierärzte hat ein eigenes Betreuungsgebiet für rund 1.000 bis 3.000 Kühe. Die genossenschaftlich organisierte Tiergesundheitsversicherung gehört den Landwirten im Land. Die Genossen zahlen regelmäßig einen festen Beitrag (ca. fünf Euro) pro Milchkuh und Jahr ein. Dadurch haben sie Anspruch auf zwei tierärztliche Besuche im Monat (einen kurzen und einen etwas umfangreicheren).
Kommt der Tierarzt zu einem festen Termin, ist für den Tierhalter klar, dass alle zu untersuchenden Tiere festgemacht sind und der Landwirte mit einer Arbeitsliste bereitsteht, um Befunde zu dokumentieren. Datenerfassung und Auswertung, die Erstellung von Abgabebelegen ist 100 % digitalisiert. Arzneimittel werden extra abgerechnet. Da aber alles zentral für alle Tierärzte eingekauft wird, gibt es keine Konkurrenz untereinander.
Die Bezahlung erfolgt je nach Gebietsgröße und einem Punkteschema. Grundsätzlich werden Tierärzte bei der Hacklait vergleichsweise gut bezahlt. Neueinsteiger müssen aber häufig zuerst als Vertreter oder Springer arbeiten. Da die Tierärzte in ihren Gebieten tagtäglich als Einzelkämpfer unterwegs sind, treffen sie sich regelmäßig zu Hacklait-Fortbildungen. Dort sprechen externe Experten oder sie bilden sich durch Fallstudien gegenseitig fort.
In Israel arbeiten rund 40 Tierärzte für die „Hacklait“. Jeder der 40 Tierärzte hat ein eigenes Betreuungsgebiet für rund 1.000 bis 3.000 Kühe.
(Bildquelle: Hacklait)
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