Um eine Warzenproblematik in einem Rinderbestand beheben zu können, muss man zunächst die Erkrankung und ihren Verlauf an sich verstehen.
Ausgelöst werden die gutartigen Hautwucherungen durch sogenannte Papillomaviren, die durch kleinste Risse in die obere Hautschicht eindringen und sich in deren Zellkernen vermehren. Die abgestorbenen Hautzellen verhornen und bilden die Wucherung. Reißt eine Warze ab, treten die Viren über das Blut in die Umwelt aus.
Übertragen wird das Virus direkt von Tier zu Tier oder indirekt über die Stalleinrichtung.
Als Risikofaktoren für eine Infektion mit dem Virus gelten kleinste Hautwunden sowie ein geschwächtes Immunsystem. Letzteres kann etwa verursacht werden durch Stress, bestehende Erkrankungen, Keimdruck oder einen Nährstoffmangel. In einem Bestand mit Warzenvorkommen sind Einzeltiere oft unterschiedlich stark betroffen.
Bei denen das Rind betreffenden Papilloma-Viren kommen viele verschiedene Spezies vor, die kaum unterscheidbare klinische Bilder verursachen. Zudem besteht keine Kreuzimmunität. Das heißt, dass die Infektion mit dem einen Virus, nicht vor einer Infektion mit einem anderen Papilloma-Virus schützt. Mischinfektionen sind zudem möglich.
Die Inkubationszeit, die Zeit von der Infektion bis zum Auftreten der klinischen Symptome, dauert zwei bis sechs Monate.
Die meisten Warzeninfektionen heilen von selbst ab, das kann allerdings einen bis zwölf Monate dauern. Aber nicht alle Formen der Papillomatose zeigen eine Selbstheilungstendenz.
Nach einer abgeheilten Papillomatose (Warzenerkrankung) tritt meistens eine lebenslange Immunität ein. Allerdings nur gegen das jeweilige Virus.
Euterwarzen – ein Beispiel aus der Praxis
Der eine Strich am Euter des tragenden Jungrindes (unten im Bild) ist stark mit Warzen befallen.
(Bildquelle: Berkemeier)
In einem Milchkuhbetrieb treten bei den Rindern im Alter zwischen 15 und 24 Monaten Warzen an den Zitzen auf. Alle Rinder sind im selben Stall untergebracht. Es ist ein Boxenlaufstall mit Komfortmatten in den Hochboxen, ohne Einstreu. Im Sommer haben die Rinder Weidegang, aber auch hier treten Warzen auf.
Die Einzeltiere sind dabei kaum, sehr stark oder auch gar nicht befallen.
Selbst bei den stark befallenden Rindern ist nach der Abkalbung die Melkbarkeit meistens nicht eingeschränkt. Die Färsen mit Warzen zeigen beim Einmelken und Melken sowie Laufverhalten zum Melkroboter kein abweichendes Verhalten gegenüber den symptomfreien Färsen. Nur wenn eine Warze frisch abgerissen ist, ist das Laufverhalten zum Melken manchmal eingeschränkt.
Die Warzen heilen innerhalb von einem bis zwölf Monaten vollständig ab.
Da die Tiere sich in ihrem Verhalten normal zeigen, wurde bisher keine Behandlungsmaßnahme ergriffen. Der Milchkuhhalter möchte nun die Lösungsansätze aus Schulmedizin und Naturheilverfahren bzw. eine Kombination beider für seinen Tierbestand abwägen und sich eine entsprechende Beratung einholen.
Der allgemeine Zustand der Rinder im Betrieb des Fallbeispiels ist sehr gut.
(Bildquelle: Schiewer)
Die Möglichkeiten der Schulmedizin
Linda Dachrodt
Tierärztin
In der Rinderpraxis, Zusatzqualifikation in Akupunktur und Homöopathie beim Rind
Leider sind die Möglichkeiten der Schulmedizin zur Behandlung von Euterwarzen begrenzt:
Eine chirurgische Entfernung von Warzen, wie sie an der Körperoberfläche durch Abbinden/Abklemmen erfolgen kann, gestaltet sich am Euter und den Zitzen schwierig. Zu groß ist die Gefahr, dass Vernarbungen zurückbleiben und diese die Melkbarkeit beeinträchtigen.
Das Blut aus den Warzen enthält reichlich Virusmaterial und ist somit hochinfektiös. Deshalb sollte bei der Entfernung darauf geachtet werden, dass die umliegenden Hautpartien nicht mit diesem Blut in Kontakt kommen bzw. danach gründlich gereinigt werden (Seife, alkalisch), um eine weitere Virusverbreitung zu verhindern.
Auch stellen die blutenden Warzen eine Infektionsquelle für anderen Tiere dar. Dies erklärt, warum meist mehrere Tiere einer Gruppe betroffen sind.
Stallspezifischer Impfstoff bietet eine Chance
Bei betroffenen Beständen, wie im Praxisbeispiel oben, kann der Einsatz eines stallspezifischen Impfstoffes eine Chance für eine langfristige Lösung bieten.
Dabei wird von bereits erkrankten Tieren Warzenmaterial gewonnen und daraus der Impfstoff hergestellt. Benötigt werden ca. 0,4 g für 2 Impfdosen. Es gibt verschiedene Labore, die dies anbieten, z.B. das ViroVet der Universität Gießen.
Empfohlen wird von diesem Labor eine mindestens 2-malige Impfung im Abstand von 3 bis 4 Wochen.
Geimpft werden sollten alle betroffenen Altersgruppen. Aufgrund der langen Inkubationszeit empfiehlt es sich auch bereits Kälber zu impfen, um einen möglichst frühen Impfschutz zu erreichen.
Der Einsatz des Impfstoffs erfolgt somit sowohl zur Therapie als auch zur Prophylaxe.
Prophylaxe durch Vorsicht bei Tierzukauf, Stallhygiene und Stärkung des Immunsystems
Da Papillomaviren von Tier zu Tier übertragen werden, sollte beim Zukauf von Tieren darauf geachtet werden, dass diese keine Warzen haben.
Da die Übertragung zudem über Stalleinrichtungen erfolgen kann, wird gleichzeitig eine gute Reinigung, Desinfektion (Natronlauge, Formaldehydlösungen) und bestenfalls Leerstand des Stallgebäudes empfohlen.
Es sollte unbedingt bei allen Altersgruppen eine adäquate Fliegen-, sowie Ekto- und Endoparasiten Bekämpfung erfolgen.
Studien belegen, dass die Immunantwort bei der Heilung der Warzen eine zentrale Rolle spielt. Deshalb sollte das Immunsystem gezielt gestärkt (passende Fütterung, gutes Stallklima) und Stress vermieden werden. Eine positive Beeinflussung des Immunsystems kann z. B. mit der Zufütterung von Vitamin E in der Ration erreicht werden.
In der Rindermedizin werden immer wieder Studien zu möglichen zusätzlichen Behandlungsmethoden an Zitzen und Euter (z. B. mit Podophyllin) durchgeführt – bislang ist allerdings der entscheidende Durchbruch noch nicht gelungen.
Homöopathische Behandlung von Warzen
Angela Esser
Tierheilpraktikerin
Ausbildung u.a. an der ATM Akademie für Tiernaturheilkunde und Tierphysiotherapie
Die Behandlung von „Euterwarzen“ ist aus Sicht meiner langjährigen tierheilpraktischen Tätigkeit sinnvoll mit Thuja D30, das Hauptmittel bei Warzen, in Kombination mit TR 16 logoplex zur Immunstimulation. Diese beiden homöopathischen Mittel sind von Ziegler Homöopathika ad us. vet. und damit auch als Tierarznei für Rinder zugelassen und für den Landwirt einfach ins Bestandsbuch einzutragen.
Die Behandlung ist wie folgt:
10 ml Thuja D30 und 10 ml TR 16 logoplex werden den mit Euterwarzen befallenen Rindern per Injektion oder über die Schleimhäute (ins Maul, in die Scheide) verabreicht. Thuja D30 und TR 16 können zusammen in eine Spritze aufgezogen werden.
Die Behandlung wird 1 mal täglich an 10 Tagen durchgeführt.
Jetzt wartet man ab und beobachtet den Verlauf der Warzen. In der Regel fangen die Warzen an abzutrocknen. Die Gabe der Homöopathika Thuja D30 und TR 16 wirken lange nach. Es macht Sinn ca. 14 Tage abzuwarten. Gegebenenfalls wiederholt man die Behandlung mit Thuja D30 und TR 16 logoplex.
Rinderflechte ist eine oberflächliche Pilzkrankheit der Haut, die gerne bei Jungrindern auftritt. Wie man diese Krankheit homöopathisch behandelt.
Tipp: Eine Warzenbehandlung von Vollmond bis Neumond (abnehmende Mondphase) wird empfohlen.
Das Immunsystem stärken und das Keimmilieu im Stall positiv verändern
Die Haut ist ein Ausscheidungsorgan und damit ein Zeichen dafür, dass der Darm nicht in Takt und infolge das Immunsystem nicht in Ordnung ist. Warzen sind ein Anzeichen für ein geschwächtes Immunsystem.
Zur Stärkung des Immunsystems bzw. zur Regenerierung des Darms und der Haut empfiehlt die Tierheilpraktikerin eine Anwendung von Milchsäurebakterien: Innerlich regen sie das Immunsystem an und helfen dem Darm sich zu regenerieren. Äußerlich angewendet haben sie einen anti-entzündlichen Effekt.
Folgende vorbeugende Maßnahmen nennt Angela Esser daher zusätzlich zur homöopathischen Behandlung der Rinder:
Eine qualitativ gute, bedarfsgerechte Fütterung der Rinder, um das Immunsystem zu fördern. Eine Kur mit Milchsäurebakterien (Kanne Brottrunk oder Fermentgetreide) kann helfen eine gestörte Darmflora wieder positiv einzustellen.
Stress reduzieren, die Belegdichte der Stallplätze ist hier eine wesentliche Stellschraube.
Stallhygiene und Liegeflächenkomfort sind wichtig. DennPapillomaviren treten über kleinste Wunden/Risse/Sprödigkeit in die Haut ein. Eine geeignete (Minimal-)Einstreu auf den Matten der Hochboxen kann dem Betrieb im Praxisbeispiel helfen die Hautbarriere zu schützen.
Das Keimmilieu im Stall positiv verändern: Neben einer guten Durchlüftung und Entmistung sowie natürlichem Licht ist auch das mikrobielle Stallklima im Rinderbereich entscheidend. Gute Erfahrungen konnte die Tierheilpraktikerin mit bei der Verbesserung des Keimmilieus in Ställen mit der Vernebelung (Aerosolausbringung) von Kanne Brottrunk machen. Pathogene Keime werden nachweislich durch den Einsatz von Kanne Brottrunk reduziert (Praxisstudie FH Südwestfalen). Empfehlung: Der Brottrunk wird einmal komplett gründlich, dann mindestens einmal pro Woche im Stall vernebelt. Die gesamte Stallausrüstung, die Wände, die Stallböden, die Decken, und selbst die Tiere werden mit der speziellen Lösung von lebenden Milchsäurebakterien eingenebelt. Das Euter sollte äußerlich mitbehandelt werden. Spezielle Nebelgeräte (DN 17/10, DN 40/22) erleichtern bzw. ermöglichen eine entsprechende Ausbringung.
Bei Weiderindern den Infektionsdruck durch Insekten und endogene Parasiten reduzieren (Immunsystem schützen, stärken). Auch hier gibt es Möglichkeiten der pflanzlichen und homöopathischen Behandlung.
Quellen: LMU Rinderskript, Linda Dachrodt, Angela Esser