Nicht zu früh besamen!

Milchkühe sollten frühestens ab dem 70. Laktationstag besamt werden. Kühe, die nach einer kurzen Wartezeit belegt werden, zeigen signifikant niedrigere Konzeptionsraten nach der ersten Besamung.

Nach dem Kalben ist die Kuh erst einmal nicht fruchtbar. In den ersten Laktationswochen bildet sich die Gebärmutter auf normale Größe zurück, die Zyklusaktivitäten werden wieder aufgenommen. Dieser natürliche Ablauf, der rund zwei Monate dauert, ist abhängig von Management, Fütterung und den Haltungsbedingungen. Alle Kühe, die bei der Kalbung noch mit Reproduktions- oder Stoffwechselproblemen zu kämpfen hatten, benötigen weitaus mehr Zeit. Sie kehren häufig erst einen Zyklus später als ihre Herdenkolleginnen (die ohne Schwierigkeiten kalbten) zu einem regelmäßigen Zyklus zurück. So tritt beispielsweise bei Kühen rund 15 Tage nach der Kalbung die erste Brunst auf. Kühe, die jedoch in der Transitperiode angeschlagen waren, rindern erst mit 30-35 Tagen. 20-30% aller Kühe zeigen sogar bis zum 60. Laktationstag immer noch keine Brunst.

Eine Verkürzung der Wartezeit löst nicht die Probleme

Eine frühe Besamung löst in keinster Weise die Repro-Probleme, so Mel DeJarnette, Reproduktionsspezialist von Select Sires (USA). „Es ist unmöglich bei einer Herde mit schlechten Reproduktionsleistungen das festgelegte Kalbeintervall (ZKZ) zu erreichen indem die Wartezeit verkürzt wird. Die freiwillige Wartezeit ist nicht der Kern des Problems! Fütterung und Körperkondition in allen Produktionsabschnitten haben wesentlich größere Auswirkungen auf die Reproleistungen.“
Das bedeutet nicht, dass man nicht ein oder zwei Kühe belegen kann, wenn sie wenige Tage vor Ablauf der freiwilligen Wartezeit rindern. „Ich sage den Milchviehhaltern immer, dass es eine gute Sache ist eine Kuh um den 40. Laktationstag rindern zu sehen, denn das belegt, dass sie normal im Zyklus ist! Aber das bedeutet nicht, dass man sie mit 40 Tagen besamen soll!“, so Paul Fricke, Reproduktionsspezialist an der Universität Wisconsin (USA). Außerdem sollte bedacht werden, dass Kühe, die bereits am 40. Laktationstag wieder erfolgreich besamt werden, später oft mit 30 bis 40 kg Milch trockengestellt werden müssen!

Länger warten macht die Kühe fruchtbarer

Eine europäische Studie zeigte, dass Kühe, die nach einer kurzen Wartezeit belegt wurden, signifikant niedrigere Konzeptionsraten nach der ersten Besamung aufzeigten im Vergleich zu später besamten Tieren. Wurde beispielsweise die erste Besamung vom 73. auf den 53. bzw. vom 81. Tag auf den 59. Laktationstag vorverlegt, ging die Konzeptionsrate bei niedrigleistenden Kühen von 35% auf 14% zurück! 100 Tage nach dem Kalben waren nur 30% der früh zugelassenen Kühe tragend, im Gegensatz zu 45% der später zugelassenen Tiere.
Ebenso stellte sich die Situation bei hochleistenden Kühen dar (Grafik 1). Sie hatten deutlich schlechtere Reproduktionsleistungen, wenn die Wartezeit reduziert wurde. So waren am 125. Laktationstag rund 40% der früh zugelassenen Tiere (73 Tage Wartezeit) tragend, dagegen aber annähernd 50% der spät zugelassenen Kühe (94 Tage Wartezeit).
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(Bildquelle: Elite Magazin)

Die Experten raten, eine individuelle Wartezeit festzulegen und sich routinemäßig daran zu halten. „Jede Herde ist unterschiedlich!“, so David Prentice, Tierarzt und technischer Servicespezialist bei ABS Global. „Man muss die individuelle Leistung beachten, um die beste Entscheidung treffen zu können. Wichtige Punkte beim Management sind dabei die Bewertung von Körperkondition, Lahmheiten, Sauberkeit, Fütterung.“