Kolostrummanagement oft nicht optimal

Kälber werden ohne Immunglobuline geboren und sind daher auf die Aufnahme maternaler Antikörper aus dem Kolostrum angewiesen. Eine optimale Versorgung mit hochwertigem Erstkolostrum beugt einer sog. Hypogammaglobulinämie (Fehlen von Gammaglobulinen) vor, die mit einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen einhergeht. Eine Studie belegt, dass das Kolostrummanagement in vielen Betrieben noch verbessert werden kann.

Ein neugeborenes Kalb sollte gemäß den Empfehlungen und zur aktiven Infektionsvorbeuge zwei Liter hochwertige Biestmilch innerhalb der ersten zwei bis drei Lebensstunden bekommen. Weitere zwei Liter sollten in den darauf folgenden vier Stunden vertränkt werden. Neben dem Gammaglobulin (= Immunglobulin) sollte auch ein besonderes Augenmerk auf Selen gelegt werden, das bei Erkrankungen wie Mastitis, Nachgeburtsverhalten oder der Weißmuskelkrankheit des Kalbes eine wichtige Rolle spielt.
Die Prävalenz für die Unterversorgung von maternalen Antikörpern bei klinisch gesunden Kälbern wurde kürzlich in einer Studie ermittelt. Dabei wurde auch auf eine mögliche Korrelation zwischen der Selenkonzentration im Serum von Mutter und Kalb und der Gammaglobulinkonzentration im Serum des Kalbes geprüft.

Biestmilchversorgung beeinflusst Gammaglobulingehalt im Serum

Die untersuchten Kälber wurden entsprechend ihrer Gammaglobulinkonzentration im Serum in Gruppen eingeteilt ( 10 g/l bzw. 10 g/l). 42,9 % der Kälber konnten weniger als 10 g Gammaglobulin pro Liter Serum aufweisen, 30 % sogar unter 8 g/l. Signifikante Unterschiede wurden dabei zwischen einer optimalen und einer suboptimalen Biestmilchversorgung deutlich. Im Mittel aller untersuchten Kälber konnte eine Gammaglobulinkonzentration im Serum von 10,6 g/l festgestellt werden.
In Bezug auf Selen konnte bei den Kälbern ein mittlerer Gehalt von 26,8 µg/l Serum festgestellt werden, bei den Müttern betrug dieser 36,5 µg/l. Die Gammaglobulinkonzentration korrelierte weder mit der Selenkonzentration der Mutter noch mit der des Kalbes signifikant. Die Selenkonzentration im Serum von Mutter und Kalb hingegen korrelierte deutlich. 

Kolostrummanagement oft mangelhaft

Durch die Hilfe von Fragebögen konnten Informationen zu Geburtsverlauf, Kolostrummanagement und Parität der Kuh in die Auswertungen mit eingehen. Dabei wurde deutlich, dass das Kolostrummanagement in 69,9 % der Fälle nicht optimal, d.h. zu spät oder zu wenig Menge vertränkt, wurde. Das aufgenommene Volumen hatte dabei eine geringere Bedeutung als der Aufnahmezeitpunkt. Der Transfer von Selen zwischen Mutter und Kalb erfolgt nur in geringen Mengen über das Kolostrum. Das erklärt, weshalb die Selenkonzentration im Serum des Kalbes in dieser Studie nicht von der Kolostrumaufnahme beeinflusst wurde.

Quelle: B. Lejeune, E. Schelling, M. Meylan (Der Praktische Tierarzt)