Weidehaltung Teil 2

Früher Weidestart sichert die Futterqualität

Über den optimalen Zeitpunkt für den Weidestart und das entsprechende Management haben wir Sie vergangene Woche im ersten Teil "Verpassen Sie den Weidestart nicht" informiert. Was für Vorteile ein früher Weidestart bringt, erfahren Sie nun hier.

Ein frühes Beweiden zu Vegetationsbeginn ist hinsichtlich der Unkrautbekämpfung von entscheidender Bedeutung, denn bei einem rechtzeitigen Weidestart werden von den Tieren auch Pflanzen gefressen, die zu einem späteren Zeitpunkt verschmäht werden. Dazu zählt vor allem der stumpfblättrige Ampfer, welcher sich vielerorts zu einer Problempflanze entwickelt. Erst mit zunehmender Vegetation steigen der Oxalessigsäure- und der Fasergehalt in der Pflanze an, was die Tiere von einem Verzehr abhält.
Allein durch frühzeitiges und konsequentes Beweiden erfolgt auf gut geführten Weidebetrieben ein nahezu vollständiges zurückdrängen des Ampfers. Auch bei dem Scharfen Hahnenfuß können gute Erfolge erzielt werden, da die Toxingehalte zu Vegetationsbeginn noch sehr gering sind und keine Durchfälle verursachen.

Frühes Überweiden erhöht die Futterqualität

Wird mit dem Weideaustrieb zu spät begonnen, werden diese exemplarisch genannten Unkräuter vom Weidetier nicht mehr gefressen. Diese können sich ungestört entwickeln und führen letztendlich zu einer immer stärker werdenden Verunkrautung der Weide. Eine aufwendige Weidepflege durch Nachmahd und Abfuhr der Weidereste sind die Folge. Besonders schnell verholzende Obergräßer wie Knaulgras oder Wiesenfuchsschwanz beginnen mit den ersten warmen Tagen ihr Wachstum. So kann bereits Ende März die Anlage von Blütenstängeln beobachtet werden. Zu Beginn sind diese noch weich und schmackhaft und werden vom Weidevieh gern gefressen. Mit fortschreitendem Wachstum verholzen die Stängel allerdings sehr rasch und werden von den Tieren gemieden.
Ein zügiges Überweiden der gesamten Grünlandflächen gleicht diesen Wachstumsvorsprung gegenüber den übrigen Gräsern aus und verbessert die Futterqualität erheblich.

Abweiden fördert Narbendichte

Zu Beginn der Wachstumsperiode sind die meisten Gräser bemüht, sich generativ zu vermehren. Sie versuchen, wenige lange Halme zur Blüte und damit zur Samenreife zu bringen. Das Bestocken der Gräser wird deshalb hormonell unterbunden, da wenige lange Triebe gegenüber der Konkurrenz eine bessere Chance für das notwendige Licht haben als viele kurze Stängel. In den Triebspitzen werden Phytohormone gebildet, welche die Seitentriebbildung einschränken.
Werden nun von Vegetationsbeginn an diese Triebspitzen abgeweidet und damit die hormonelle Unterdrückung ausgeschaltet, beginnen die Untergräser mit einer enormen Bestockung. Die Wiesenrispe beginnt verstärkt unterirdische Ausläufer (Rhizome) und einen dichten Wurzelfilz zu bilden. Das Deutsche Weidelgras besitzt die Eigenschaft, unter ständigem Tritt und Biss diese Wuchsform zugunsten einer seitentriebsbildenden Form zu ändern. So ist auch das Deutsche Weidelgras in der Lage, unter ständiger Beweidung einen dichten Pflanzenteppich zu bilden.

Bessere Verdaulichkeit

Während bei der Schnittnutzung von Grünland versucht wird, das Optimum zwischen Ertrag und Verdaulichkeit des Aufwuchses zu erreichen, kann beim Beweiden das Optimum in der Verdaulichkeit angestrebt werden. Bei der maschinellen Ernte muss ein gewisser Ertrag je Hektar vorliegen, damit der Ernteaufwand im Verhältnis zur geernteten Qualität passt. Die in Europa üblichen Gräser besitzen maximal drei funktionsfähige Blätter. Wird an der Triebspitze ein viertes Blatt ausgebildet, beginnt das unterste Blatt abzusterben.
Aus diesem Grund besteht der Massezuwachs während des Aufwuchses überwiegend aus Stängelanteil. In diesen Stängeln wird vermehrt Stützgewebe, also Lignin und Cellulose zur Stabilität eingelagert, welches die Verdaulichkeit der Pflanze senkt. So sinkt die Verdaulichkeit der Pflanze von anfangs 85 % (Blattstadium) auf unter 40 % (Ende Blüte) ab. Dies erklärt unter anderem auch den sich daraus ergebenden rückläufigen Energiegehalt bei zunehmender Aufwuchshöhe.
Sollen nun optimale Energieerträge je Hektar erzielt werden, ist bei Weidegang das Gras im 2,5 bis 3-Blattstadium zu nutzten. Bei Verdauungsversuchen an Halmen mit sehr kurzem Gras wurden je nach Vegetationszeit Energiegehalte von 6,4 bis 7,4 MJ NEL je kg TM nachgewiesen. Da im Weidebetrieb keine Erntekosten je kg TM anfallen, sollte Weidegras im Zustand der höchsten Verdaulichkeit genutzt werden.
 
Quelle: Siegfried Steinberger (ITE, LfL Grub)