Tierärztliche Bestandsbetreuung

Den ganzen Betrieb im Blick haben!

Prophylaxe und Behandlung, beides gehört zur tierärztlichen Bestandsbetreuung. Aber was erwarten Landwirte von ihrem Tierarzt? Lesen Sie hier, wie ein ganz normaler Arbeitstag von zwei verschiedenen Tierärzten aussieht!

Das Auto ist gepackt und die Betriebstermine sind geschrieben, nun macht sich Dr. Ernst Grimmelmann auf den Weg. Seine Praxis liegt im Landkreis Nienburg/Weser, zusammen mit einem Teilhaber und drei weiteren Tierärzten betreut er Rinder-, Schweine- und Pferdebetriebe im Umkreis von bis zu 60 km. Die von ihm betreuten Rinderbetriebe reichen von zehn Milchkühen bis zu einem Bestand von 500 Kühen plus Nachzucht. An diesem Tag stehen vor allem kurative Einzeltierbehandlungen auf dem Plan. Daneben spielt aber auch die Trächtigkeitsuntersuchung eine große Rolle. Durch die regelmäßigen Besuche aufgrund der Trächtigkeitsuntersuchungen kennt Grimmelmann die Betriebe sehr gut und kann Probleme oft schon im Vorfeld erkennen. Bei etwa 50 % der Betriebe führt er die Besamungen der Kühe und Färsen durch, heute stehen gleich mehrere auf der Liste.

Erregerfeststellung und Ursachenforschung

Andere Betriebe haben beispielsweise einzelne Tiere mit Verdacht auf Masitis. Dabei ist die Dokumentation der behandelten Tiere sehr wichtig. „So entstehen auch Beratungsgespräche. Wir wollen langlebige, gesunde Kühe mit guter Leistung“, sagt Grimmelmann. Bei jedem Fall von Mastitis nimmt er eine Milchprobe und untersucht diese in der eigenen Praxis. Es wird ein Resistenztest gemacht, damit betroffene Tiere gezielt behandelt werden können. Treten Mastitiden vermehrt auf, wird Ursachenforschung betrieben. Hygiene-, Fütterungs- und Haltungsmanagement sind dann die Punkte, die mit dem Landwirt zusammen oder bei Bedarf mit weiteren Spezialisten diskutiert werden. Auch die Informationen aus der Milchleistungsprüfung werden analysiert, um Schwachstellen zu finden. „Dies gehört zum Service“, sagt Grimmelmann.

Betriebsindividuelle Konzepte, denn jeder hat andere Anforderungen!

Ein wesentlicher Punkt in der Bestandsbetreuung sind Prophylaxe-Maßnahmen zur Gesunderhaltung des Bestandes. „Wir haben mit den Betriebsleitern Standardprogramme entwickelt.“ Dazu gehöre die Impfung der Milchkühe, wenn im Betrieb vermehrt Kälberdurchfall aufgetreten sei ebenso, wie die Impfungen gegen Kälbergrippe oder BVD. Auch die systematische Behandlung auffälliger Tiere nach der Geburt sorgt für gesunde, langlebige Kühe. „Jeder Betrieb ist anders und hat andere Anforderungen an seinen Tierarzt“, sagt Grimmelmann. Bei dem einen sei das Fruchtbarkeitsmanagement die Hauptaufgabe. Andere könnten vieles selbst und bräuchten den Tierarzt in diesen Fällen für die Abgabe der notwendigen Medikamente und die dazugehörige Dokumentation. Für alle sei aber wichtig, jederzeit einen Ansprechpartner zu haben und daher muss der Tierarzt regelmäßig vor Ort sein.

Umwelt nimmt hohen Stellenwert ein

Für Dr. Jürgen Rothert, einem der drei Geschäftsführer der Tierarztpraxis Agroprax in Ankum bei Osanbrück, ist die reine tierärztliche Arbeit nur ein kleiner Teil seiner Tätigkeit. „Wir arbeiten rund um die Kuh“, ist seine Devise. Die übliche tierärztliche Arbeit, darunter auch Trächtigkeitsuntersuchung oder die Behandlung einzelner Tiere sowie die dazugehörige Dokumentation, machen nur rund ein Drittel seiner Arbeit aus. Einen weitaus größeren Stellenwert räumt er der Umwelt der Tiere ein. Dazu gehören die Fütterungs- und Futteranalyse ebenso wie die Arbeitsorganisation von der Fütterung bis hin zum Melken. Auch Stall- und Arbeitsplanungen erstellt er mit Betriebsleitern und Herdenmanagern. Das Ziel ist eine gesunde Herde mit hoher Leistung.

Routinebesuche und Schwachstellenanalyse

Auf dem Betrieb von Ludger Engeln, einem Milchviehbetrieb mit rund 150 Milchkühen steht ein Routinebesuch an. „Einmal im Monat kommt Jürgen Rothert oder einer seiner Kollegen auf den Betrieb“, erklärt Engeln. Dann werden Trächtigkeitsuntersuchungen gemacht, anschließend folgt immer ein Hofrundgang. Während des Rundgangs schauen sich Tierarzt und Landwirt alle Bereiche und Tiergruppen gemeinsam an, um auch kleine Schwachstellen zu finden. Danach setzen sie sich zusammen und besprechen alle Auffälligkeiten und auch die Ergebnisse der jüngsten Futteranalysen und Milchleistungsprüfungen. „Wenn Arbeit und Technologie stimmen und wenn der Mensch alles richtig macht, werden die Tiere nicht krank. Oder anders rum: Wenn in der Herde etwas außerhalb der Norm liegt, seien es Aborte, Ketosen oder Leistungsparameter, hat der Mensch etwas falsch gemacht und diese Fehler müssen wir schnell finden“, sagt Rothert. „Alle wesentlichen Dinge, die man am Tier beobachten kann, werden soweit runtergebrochen, dass man sie in ein Raster bringen und so beurteilen kann und das bringen wir den Landwirten bei“, erklärt der Tierarzt. „Wir müssen alles tun, damit die Tiere gesund bleiben“, sagt Rothert, „kranke Tiere sind nicht akzeptabel, nicht aus ökonomischer Sicht und schon gar nicht aus Sicht des Tierschutzes“, so sein Fazit.
 
Quelle: Renate Bergmann (LAND & Forst)