Die enormen Leistungssteigerungen vieler Milchkühe während der letzten Jahre sind sicherlich auch das Ergebnis stetiger Optimierungen des Herden- und Fütterungsmanagements. Doch die Fütterung muss mittlerweile mehr „leisten“, als nur eine hohe Milchleistung sicherzustellen. Die Zusammenstellung der Ration hat auch Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit, das Tierwohl und auf die Klimabilanz der Herde.
Fütterung beeinflusst das Immunsystem
Gerade für Hochleistungskühe gilt: Das...
Die enormen Leistungssteigerungen vieler Milchkühe während der letzten Jahre sind sicherlich auch das Ergebnis stetiger Optimierungen des Herden- und Fütterungsmanagements. Doch die Fütterung muss mittlerweile mehr „leisten“, als nur eine hohe Milchleistung sicherzustellen. Die Zusammenstellung der Ration hat auch Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit, das Tierwohl und auf die Klimabilanz der Herde.
Fütterung beeinflusst das Immunsystem
Gerade für Hochleistungskühe gilt: Das Immunsystem ist in der Phase um die Geburt besonders gefordert. Treten in den ersten vier bis sechs Laktationswochen vermehrt Stoffwechselstörungen, Metritiden und Mastitiden auf, ist davon auszugehen, dass der individuelle Immunstatus der betreffenden Kühe geschwächt ist.
Das Immunsystem einer Milchkuh wird wiederum maßgeblich vom Fütterungsregime der vorangegangen Trockenstehzeit und der ersten Laktationstage beeinflusst. Die wichtigste und effektivste Maßnahme das Immunsystem gesund zu erhalten, ist sicherlich die Minimierung der negativen Energiebilanz zu Beginn der Laktation. Zu Laktationsbeginn benötigt eine Kuh etwa das dreifache an Glukose, das fünffache an Fettsäuren und das vierfache an Kalzium im Vergleich zum Ende der Trockenstehzeit. Um diese Nährstoffe bereit stellen zu können, müssen die Kühe bereits in der Trockenperiode hohe Mengen an verstoffwechselbarer Energie aufnehmen. Durch eine hohe Trockenmasseaufnahme während der Trockenperiode lässt sich nach der Kalbung eine Kettenreaktion verhindern: So wird verhindert, dass die Kühe nach der Kalbung (zu) umfangreich Körperfett abbauen. Ein massiver Fettabbau führt unweigerlich zur erhöhten Bildung von NEFA (nicht-veresterte Fettsäuren) und letztlich zur Bildung von Ketonkörpern – welche wiederum die Leber belasten und die Fähigkeit zur Bildung von Glukose herabsetzen.
Konkret empfiehlt Phil Cardoso (Universität Illinois):
- an Trockensteher 75 bis 83 MJ an Energie täglich zu füttern. Bei einer täglichen Trockenmasseaufnahme von 13 kg sollte die Ration demnach eine Energiedichte von etwa 5,7 bis 6,3 MJ NEL/kg aufweisen. Fressen die Kühe 15 kg TM (was anzustreben ist), kann die Energiedichte auf 5,5 MJ NEL zurückgenommen werden.
- einen Stärkegehalt in der Ration von 15 % nicht zu überschreiten. Zudem sollte rund die Hälfte der NDF aus dem Grundfutter stammen.
- um den Kalziumstoffwechsel zu trainieren, sollte die Futtermischung eine Kationen : Anionen-Bilanz (DCAB) nahe Null aufweisen, besser wäre ein leicht negativer DCAB von bis zu -150 mEq/kg. Am ehesten zu erreichen ist dies durch die Aufnahme on Futtermitteln in die Ration, die wenig Kalium (K) und Natrium (Na) enthalten (K < 1,2% und Na 0,15%). Auch Phosphor (P) sollte begrenzt werden (0,25 bis 0,30%). Magnesium (Mg) muss in der Regel supplementiert werden Mg (Zielwert: 0,40%). Wichtig ist dass die Säuerung der Ration mit Hilfe des der Urin-pH einmal pro Woche kontrolliert wird. Der pH sollte einen Wert von 6,2 nicht unterschreiten, 6,5 aber auch nicht überschreiten. Ist das Säuern der Trockensteherration nicht möglich, können alternativ Aluminiumsilikate (Zeolite) zugefüttert werden (auf geringen Ca-Gehalt der Ration achten).
- Kalzium-Boli zur oralen Eingabe (enthalten in aller Regel 40 bis 80 g eines Kalziumsalzes) zur Milchfieberprophylaxe nicht Färsen oder Kühen ohne Vorerkrankungen zu verabreichen.
- eine ausreichende Vitaminzufuhr von 1.500 IE Vitamin E und 30.000 IE Vitamin D sicherzustellen.
Viel Eiweiß zu Laktationsbeginn
Trockenstehende Kühe sollten 1.200 g metaboliserbares (umsetzbares) Protein (MP) täglich aufnehmen. Wichtig ist zudem eine ausreichend Versorgung mit den Aminosäuren Lysin (0,54 % der TM) und Methionin (im Verhältnis 2,7 :1). Die beiden Aminosäuren begünstigen nach neueren Untersuchungen zu Laktationsbeginn die Stoffwechselprozesse, fördern die Zellteilung und reduzieren den Oxidativen Stress.
Nach dem Abkalben, während der ersten 21 Laktationstage sollte die Ration laut Empfehlungen von Phil Cardoso und Bill Weiss (Ohio State Universität) 17 bis 18% Rohprotein (12% MP) enthalten. Die vergleichsweise hohe Rohproteinzufuhr sei in dieser Phase erforderlich, um das eingeschmolzene Körperfett optimal verwerten zu können und um (so) die Milchproduktion anzukurbeln. Rund ein Drittel des Rohproteins sollte pansenstabil vorliegen, also an den Pansenmikroben vorbei geschleust werden. Es bietet sich deshalb an, hochwertige Eiweißfuttermittel wie z.B. hitzebehandeltes Soja- oder Rapsschrot einzusetzen. Nach drei Wochen kann die Proteinzufuhr dann etwas, auf 16 bis 15 %, zurückgenommen werden.
Intensiv diskutiert wurde in diesem Zusammenhang auch die Frage, ob die Kalkulation der wichtigsten Aminosäuren in der Fütterungspraxis einen Nutzen verspricht. Einig waren sich die Fütterungsexperten darin, da …
- so die Kühe bedarfsgerechter (an die Leistung angepasst) versorgt werden können,
- durch die gezielte Versorgung unter dem Strich weniger Protein gefüttert werden kann, ohne dass ein Rückgang der Milchleistung befürchtet werden muss, was wiederum der Umwelt zu Gute kommt.
In grasbetonten Rationen kann Histidin knapp werden
Hochleistungskühe decken nur rund 60 bis 70 % ihres Aminosäurenbedarfs über die mikrobielle Proteinsynthese, so kann durchaus zu einer Unterversorgung mit Aminosäuren auftreten. Als erstlimitierend gelten die Aminosäuren Methionin, Lysin und Histidin. Während in Maissilage betonten Rationen Methionin und Lysin knapp werden könnten, dürfte in Grassilage reichen Futtermischungen Histidin limitierend wirken. Als Faustzahl gilt, dass eine Ration 0,4 % Lysin und 0,15 % Methionin enthalten sollte. Idealerweise sollte eine Berechnung mithilfe einer speziellen Fütterungssoftware erfolgen, die auf Basis des CNCPS (Cornell Net Carbohydrate and Protein System) arbeitet. Aber dennoch sei eine Punktlandung kaum möglich, gibt Chanhee Lee (Ohio State Universität) zu bedenken, denn die Bioverfügbarkeit der einzelnen Aminosäuren bzw. der Handelsprodukte variiere doch erheblich. Um exakte Aussagen treffen zu können, bedürfe es noch weiterer Forschungsergebnisse.
Vorsicht bei weniger als 16 % Rohprotein
Weitgehend abgesichert scheint indess, dass gerade in Futtermischungen mit einem geringen Rohproteingehalt von weniger als 16%, Histidin knapp werden könnte. Denn in diesen Rationen kommt dem Mikrobenprotein eine gewichtigere Rolle zu, das im Pansen neu gebildete Protein ist aber relativ „arm“ an Histidin, so Alex Hristov von der Penn State Universtät. Der Wissenschaftler verwies auf kürzlich durchgeführte Studien, dass in solchen (maislastigen) Rationen eine Histidin-Zulage sowohl die Milchleistung als auch den Milcheiweißgehalt ansteigen lässt. Hristov rät hochleistenden Kühen täglich 74 g der Aminosäure zu füttern.
Hinweis: In Deutschland erfolgt die Proteinbewertung künftig mit dem dünndarmverdaulichen Protein (sidP). Das neue System berücksichtigt die unterschiedlichen Dünndarmverdaulichkeiten der Aminosäuren (sidAA) von Futtermitteln. Mit den neuen Proteinkennwerten soll eine bedarfsgerechte Ergänzung einzelner Aminosäuren über das Futter möglich sein, was zu einer höheren N-Effizienz führt.
Western Canadian Dairy Seminar 2024
Auf dem diesjährigen Western Canadian Dairy Seminar stand die Optimierung der Fütterung von Hochleistungskühen im Fokus.
Methan-Ausstoß lässt sich Futtermittelzusätze um 20 bis 30 % reduzieren
Alex Hristov setzte sich auch mit der Frage auseinander, wie sich Kühe klimaschonend füttern lassen. Hier sind seine wichtigsten Aussagen:
- Die Fütterung von Maissilage verringert im Vergleich zu Grassilage oder zu anderen Raufuttermitteln den Methan-Ausstoß. Mit zunehmender Verdaulichkeit des Raufutters verringert sich der Methan-Ausstoß.
- Zuckerreiche Gräser konnten bislang noch nicht überzeugen.
- Mit zunehmendem Stärkegehalt der Ration sinkt der Methan-Output.
- Zusatzstoffe können zu einer erheblichen Verringerung der Methan-Ausbeute führen: Belastbare Ergebnisse liegen beim Einsatz mit 3-NOP vor. Nitrate und Tannine sind ebenfalls wirksam oder bedingt wirksam, allerdings lässt die Praktikabilität zu wünschen übrig.
- Noch keine durschlagenden Ergebnisse könnten mit Pflanzenextrakten oder mit Seetang erzielt werden.
Im besten Fall lässt sich der Methan-Ausstoß durch einen Futtermittelzusatz um 20 bis 30 % reduzieren, weitere Einsparungen von 10 bis 20 % sind bei Zufuhr eines zweiten Futterzusatzes möglich. Noch weitere 5 bis 10 % Methan lassen sich durch Optimierungen in der Futterernte, -Lagerung und durch die Rationszusammenstellung einsparen. Unter dem Strich sollte es möglich sein, 50 bis 60 % des Methans einzusparen.
Weitere Informationen zur 4-State Dairy Nutrition & Management Conference finden sie hier
40 % aller frischmelkenden Kühe zeigen zunächst keine Brunst … diese Tiere werden oft nur verspätet wieder trächtig. Wie lässt sich hier weiterhelfen?