Elite Dairy Tour 2024

Von der Stadtnähe profitieren

Der Betrieb von Dirk Feldhaus ist umgeben von Städten im Ruhrgebiet. Statt die Enge zu betrauern, nutzt er die Nähe für ein vielfältiges Geschäftsmodell.

Der Weg zu Dirk Feldhaus führt durch Herten, eine kleine Stadt im Ruhrgebiet nördlich von Gelsenkirchen. Und es sieht genauso aus, wie man sich das Ruhrgebiet vorstellt: schmale Reihenhäuser aus rotem oder dunkelbraunem Backstein, robust, bodenständig, zwischendurch immer wieder alte Industrieanlagen. Zwar führen die letzten 800 Meter bis zum Hof wieder durch Acker- und Grünlandflächen, dennoch – die Nähe zur Stadt ist unübersehbar. „Das hier ist keine reiche Gegend. Es gibt eine hohe Arbeitslosigkeit und viel Multikulti“, beschreibt Dirk Feldhaus seine ‚Standortbedingungen‘, „der Bedarf an bezahlbaren Lebensmitteln ist groß“.
Und diese Lücke füllt der geschäftstüchtige Milchbauer. Statt sich über knappe Flächen zu ärgern, hat er den Betrieb über die Jahre vielfältig aufgestellt: Kartoffeln, Milch und Eier vermarktet seine Schwester über einen kleinen Hofladen. Im Sommer stellt er rund 15 ha Buschbohnen, Zuckermais und Kartoffeln zum Selberernten ab Feld bereit. „An diesen Wochenenden kommt das ganze Revier!“, sagt Feldhaus. Ganze Familien reisen an und ‚kaufen‘ z.B. 10 m Kartoffeln. Diese rodet Feldhaus ihnen dann, damit sie ihre Ernte aufsammeln können. Das sind intensive Tage: Rund 15 Personen (Neffen, Nichten, Aushilfen) sind nötig, um den Andrang zu steuern und zu beaufsichtigen.

Betriebsspiegel

  • 300 Holstein-Kühe, 360 Tiere Nachzucht (200 ausgelagert) und 20 Mastbullen
  • 13.200 kg Milch (3x Melken, 4,00% Fett und 3,45% Eiweiß), 170Tsd. Zellen
  • 135 ha Fläche (95 ha Ackerbau mit Mais, Kartoffeln, Gerste, Ackergras, Zuckermais, Buschbohnen und Kürbissen, 40 ha Grünland)
  • vier Standbeine: Milch, Zuchtvieh, Direktvermarktung im Hofladen und ab Feld, vermietete Hofkäserei
  • 11 Angestellte (inklusive Teilzeit, mit Hofladen und Direktvermarktung)
Das bei weitem wichtigste Standbein ist jedoch die Milch: 300 schwarzbunte Milchkühe produzieren gut 3,6 Mio. kg pro Jahr. Knapp die Hälfte, rund 1,5 Mio. kg Milch, vermarktet Dirk Feldhaus wiederum auf eine ganz besondere Art. „Über Monate habe ich hunderte Liter Milch an einen syrischen Mann verkauft, der daraus Käse hergestellt hat“, berichtet Dirk Feldhaus, „irgendwann hat er gefragt, ob ich ihm nicht eine Käserei bauen könnte.“ Das Gebäude zwischen Hofladen, Wohnhaus und Kälberstall hat Ridar Haj Mostafa heute von Feldhaus gepachtet, die Milch kommt direkt aus dem Tank. Zehn Cent mehr erhält der Milcherzeuger dafür, der Rest geht an das DMK.
Irgendwann hat Ridar gefragt, ob ich ihm nicht eine Käserei bauen könnte. Bevor dieser Absatz wegbricht, habe ich das natürlich gemacht.
Dirk Feldhaus
In der LEJI Käserei stellt Mostafa mit seinen Mitarbeitenden syrische Spezialitäten her, insbesondere verschiedene Frischkäse-Arten mit Schwarzkümmel. Dafür ist zwar viel Kühl-, aber keine Lagerkapazität notwendig: Die 1.500 kg Käse pro Tag werden direkt am nächsten Tag verkauft. Neben Gastronomen und kleineren Supermärkten schätzen vor allem arabische bzw. muslimische Menschen dieses Angebot: Immer wieder fahren Autos auf den Hof, Menschen mit und ohne Kopftuch treten in den Verkaufsraum und nehmen sich verschiedene Käse aus einem Kühlschrank.

Arbeitskräftemangel ist ein großes Problem

Multikulti ist auch das Team, mit dem Dirk Feldhaus seine Kühe managt: Vier Vollzeitkräfte arbeiten im Stall, sie kommen aus Tadschikistan, der Türkei und Deutschland. Zwei- bis dreimal die Woche übernehmen zudem Jugendliche aus dem Ort die abendliche Melkzeit, die sonst Dirk Feldhaus selber macht. Gemolken wird dreimal am Tag, denn neben der um rund 10 % höheren Milchleistung sind Melkzeiten und Spülung auf den Bedarf der Käserei ausgerichtet.
„Ich würde gerne etwas weniger arbeiten“, stellt der Betriebsleiter fest und hebt die Schultern, „doch wo fängt man an? Es greift einfach alles zu gut ineinander.“ Auch der Arbeitskräftemangel sei ein großes Problem, beklagt er. Man müsse wirklich lange suchen, um motivierte Mitarbeitende zu finden. „Am besten bildet man die Leute selber aus“, sagt Feldhaus. Und, selbstkritisch: „Ich weiß, dass ich kein einfacher Typ bin. Aber ich bilde die Leute weiter, kaufe moderne Technik, Gehilfen beginnen bei 20 Euro brutto. Das macht einen Arbeitsplatz auch attraktiv.“

Bei den Kühen detailverliebt

Feldhaus verlangt, dass seine Mitarbeitenden mitdenken, wenn es um das Wohl der Kühe geht. Dafür arbeiten sie gemeinsam an einer Herde, die beachtliche Ergebnisse aufweist: über 13.000 kg Milch, bei ordentlichen Inhaltsstoffen und einer sehr soliden genetischen Basis, bei einer Abgangsleistung von 44.800 kg Milch. Das zeigt sich auch in dem Verkauf der abgekalbten Rinder, die das letzte Standbein des Betriebes bilden. Dirk Feldhaus zieht doppelt so viele Färsen auf wie nötig und vermarktet sie über die Auktionen seines Zuchtverbandes. Rund 2.200 Euro erzielt eine Jungkuh sechs Wochen nach der Kalbung.
Er schmunzelt: „Das ist schon viel Arbeit, 100 Rinder pro Jahr zusätzlich abkalben und für die Auktionen fertig machen. Die Zucht ist aber auch mein Hobby. Von diesen Terminen bringe ich mir auch ab und zu gerne selbst ein schönes Tier mit zurück.“ Einen weiteren Vorteil sieht er in der weiteren Verbesserung seiner Herde, denn den besten Nachwuchs behält er selbst.
Zwar bekommen alle Melkenden die gleiche Ration, doch Färsen und Kühe leben getrennt. So lässt sich der vorhandene Raum optimal nutzen. Überhaupt: Es ist erstaunlich, wie gut Kühe auch in Altgebäuden zurechtkommen, wenn sonst alles stimmt. Die Laufgänge sind eng, doch die Boxen sind voll mit Einstreu, die Ration ausgefeilt und das Herdenmanagement von Tadschike Nosim dank Sensorunterstützung nah dran an den Kühen. Teilzeit-Herdenmanager Stefan arbeitet außerdem als Klauenpfleger und kümmert sich intensiv um die Klauengesundheit der Feldhausschen Herde. Komplett zufrieden ist Dirk Feldhaus aber noch nicht. „Wir müssen die Eutergesundheit und die Trockensteherfütterung noch weiter optimieren“, sagt er und zeigt in die Strohbox, „die Kühe haben manchmal zu wenig Biestmilch.“ Da der Betriebsleiter die Kälber selber füttere, sehe er ihnen schnell an, ob die Kuh Probleme hatte.
Nach der Schule ist das Wichtigste im Leben, abzugucken. Ich besichtige nur noch Betriebe, die besser sind als ich.
Dirk Feldhaus

Hofnachfolge offen

Um das Arbeitskräfteproblem in den Griff zu bekommen, würde er künftig gern auch Menschen aus Afrika einen Job anbieten. Doch obwohl es mittlerweile für Fachkräfte eine vereinfachte Einreise geben solle, dauerten die Prozesse ewig. Aktuell sorgt Feldhaus sich seit Monaten um eine Arbeits- und Einreise-Erlaubnis für einen Mann aus Uganda, der gerne für ihn arbeiten würde: „Ich muss mich ständig dahinterklemmen. Ich mache das, aber es ärgert mich, wie umständlich alles ist.“
Auch die Hofnachfolge ist noch unklar, aber der 61-jährige sieht die Stärken seines Betriebs. Meist überwiegt die Zuversicht, dass es am Ende weitergeht. „Je länger ich melke, desto weniger Schulden übergebe ich. Und letztlich ist auch der Standort zukunftsfähig: Wir sind nicht benachteiligt, wir sind bevorteilt!“

Das hat uns beeindruckt

Unternehmerisches Denken
Schon in den 60er Jahren hat Feldhaus‘ Vater Rohmilch in der Nachbarschaft verkauft, das hat eine gewisse Tradition. Dennoch: Den Betrieb so konsequent breit aufzustellen, braucht viel Einsatz und eine gewisse Freude am Kontakt mit Menschen.
Wenn ein Unternehmer nicht auch mal schlechte Ideen hat, hat er gar keine Ideen.
Dirk Feldhaus
Ein reflektierter Betriebsleiter
Dirk Feldhaus kann poltern, das merkt man schnell. Dennoch ist er sich seiner Art bewusst und schafft Ausgleich durch andere Faktoren, wie Hilfe bei Amtsgängen, Fortbildungen oder ein gutes Gehalt.
Kühe im Fokus
Ein guter Bauer denkt wirtschaftlich, aber immer pro Kuh: An den Details merkt man, dass die Kühe hier im Mittelpunkt stehen. Mangelt es an Arbeitskräften, wird halt die Hofstelle nicht gepflegt – die Kühe jedoch sind tipptopp in Ordnung!

Erfolgsfaktoren im Stall

Eine ausgeklügelte Fütterung

„Nicht zu teuer und trotzdem viel Milch“ – die gesamte melkende Herde erhält eine Ration auf Maisbasis. Feldgras ergänzt das Grobfutter und ist ein wichtiger Teil der Fruchtfolge: Die Kühe erhalten um die 30 kg Maissilage, 8 bis 9 kg Grassilage, 1,5kg Luzerne als Strukturkomponente, Rapsschrot (GVO-frei), Gerste, Maismehl und Trockenschnitzel. Feldhaus ist genaues Füttern wichtig, Geselle Hendrik übernimmt diese wichtige Aufgabe.

Die Trockensteher-Fütterung ist einphasig. (Bildquelle: Simon, Landwirtschaftsverlag GmbH)

Langjährige Zuchtstrategie

Das Ziel breite, ausbalancierte Kühe mit viel Milch. Feldhaus setzt dafür auf Vererber wie Barkley, Taos, Holy Smokes, Granada (RUW, Semex). Derzeit liegt der Fokus auf einer besseren Eutergesundheit.

Rinderzucht ist mein Hobby, schmunzelt Dirk Feldhaus. Von den monatlichen Auktionen bringt er sich gerne ab und zu ein selbst ein neues Tier mit. (Bildquelle: Simon, Landwirtschaftsverlag GmbH)

Früh dran dank Technik

Obwohl zu Beginn nicht überzeugt, will Dirk Feldhaus die Sensorunterstützung durch Cowmanager nicht mehr missen. Gerade bei einer Fütterung „auf Kante“ merke man sehr schnell, wenn es in die falsche Richtung geht. Außerdem hilft es dabei, Mitarbeiter an den Betrieb zu binden!

Cowmanager-Ohrmarken helfen dabei, auffällige Kühe besonders früh zu erwischen. (Bildquelle: Simon, Landwirtschaftsverlag GmbH)

Wir danken unseren Sponsoren! (Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH)

Hier erfahren Sie noch mehr zu unserer diesjährigen Dairy Tour:

Wir sind mitten drin: Elite nimmt Sie wieder mit auf große Reise! Diesmal zu Milcherzeugern in Deutschland, Österreich, der Schweiz und sogar in Südtirol! Folgen Sie uns.


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