Kühe sind in ihrem Alltag vielen Herausforderungen ausgesetzt: Sie müssen sich in ihrer Gruppe behaupten, um genug Zeit zum Liegen und Fressen zu bekommen. Sie müssen all das Futter aufnehmen, das ihr Körper benötigt, um die vorgesehene Milch zu produzieren. Und dazu sollen sie auch noch tragend werden und Krankheitserreger erfolgreich abwehren. Das alles kostet viel Energie.
Je mehr Risikofaktoren, desto schwieriger wird die Kompensation
Eigentlich ist eine moderne Milchkuh durchaus...
Kühe sind in ihrem Alltag vielen Herausforderungen ausgesetzt: Sie müssen sich in ihrer Gruppe behaupten, um genug Zeit zum Liegen und Fressen zu bekommen. Sie müssen all das Futter aufnehmen, das ihr Körper benötigt, um die vorgesehene Milch zu produzieren. Und dazu sollen sie auch noch tragend werden und Krankheitserreger erfolgreich abwehren. Das alles kostet viel Energie.
Je mehr Risikofaktoren, desto schwieriger wird die Kompensation
Eigentlich ist eine moderne Milchkuh durchaus in der Lage, diese Herausforderungen zu meistern. Leider sind jedoch in vielen Ställen die Bedingungen nicht optimal. Das ist unproblematisch, solange es sich um eine begrenzte Anzahl an Herausforderungen handelt: So kann eine Kuh durchaus den Stress kompensieren, der durch einen engeren Laufgang oder eine halbe Stunde mehr auf dem Weg zum Melken entsteht. Je mehr Risikofaktoren jedoch zusammenkommen, desto schlechter ist eine Kuh in der Lage, mit der Summe der Stressoren umzugehen.
Eins und eins macht drei
Das Problem: In Ställen mit Überbelegung ist schon von vorn herein ein Stressfaktor fest „eingebaut“. Kommt dann noch ein weiteres Problem hinzu, z. B. Hitzestress, schlechte Liegeboxen, zu wenig ausgefütterte Ration oder ein höherer Krankheitsdruck, „explodiert“ die Herausforderung für die Kuh. Sie ist dann nicht mehr in der Lage, alle nötigen Aufgaben aufrechtzuerhalten und wird beinahe automatisch an einer dieser wichtigen Funktionen sparen (Übersicht 1): Die Milchleistung sinkt, die Immunabwehr nimmt ab, die Reproduktion wird eingestellt.
Natürlich sind manche Kühe besser in der Lage, mit Überbelegung umzugehen, als andere:
- Mehrkalbige oder gesunde Kühe schafften es in einer Studie (Hill et al., 2006) besser als Färsen oder lahme Kühe, auch bei hohen Belegungsdichten bis zu 140% die Milchleistung zu erhalten.
- Auch bei Kühen gibt es Charakter-Unterschiede. Stieg das Tier:Fressplatz-Verhältnis von 1:1 auf 2:3 an, waren es vor allem die aktiv-entdeckenden Kühe, die freie Fressplätze häufiger aufsuchten und dadurch ihre Trockenmasse-Aufnahme aufrecht erhielten (Schwanke et al., 2024). Ängstlichere Kühe wichen auf weniger besuchte Zeiten aus und mussten sich häufiger „aufraffen“, weil die Futteraufnahme pro Besuch zurückging.
Erholung für den Pansen
Letztlich war immer wieder das Problem, dass zwar insgesamt vielleicht die Wiederkauzeit gleich blieb, das Wiederkauen im Liegen jedoch zurückging. Neben anderen negativen Effekten (mehr Unfälle, mehr Verletzungen, auch mehr Stress für Mitarbeitende) führte Überbelegung in diesen Studien dadurch immer zu einem Ungleichgewicht im Pansen: hastiges Fressen, eine zu geringe Futteraufnahme, weniger Wiederkauen, weniger Pufferung, niedrigerer Pansen-pH, Unwohlsein, noch weniger Liegen.
Gerade das Wiederkauen im Liegen optimierte den Pansen-pH-Wert, führte zu einer höheren Futteraufnahme und besseren Milchinhaltsstoffen.
80 % bei Transitkühen
Empfehlenswert ist daher gerade bei Vorbereitern und Frischmelkern eine Belegungsdichte von maximal 80 % am Futtertisch bzw. einer Fressplatzbreite von mindestens 76 cm/Kuh. Außerdem gilt: jeder Kuh eine Liegebox!
Je größer der Stall, desto eher gilt auch für Laktierende die Orientierung an einem Fress- und Liegeplatz-Verhältnis von 1 : 1 – insbesondere und gerade dann, wenn Färsen gemeinsam mit den mehrkalbigen Kühen laufen. Alle Kühe müssen jederzeit Zugang zu Futter, Wasser und Liegeplätzen vorfinden können.
Futter vor die Kühe
Gleichzeitig können Kühe natürlich nur jenes Futter fressen, das ihnen auch vorliegt. Neben der Belegungsdichte sind daher weitere wichtige Faktoren:
- max. 3,5 h täglich außerhalb des Stallabteils,
- Fressplatzbreite von mind. 60 cm/Kuh,
- gleichmäßige Futtervorlage (Uhrzeit, Mischung, Menge),
- Ranschieben des Futters regelmäßig ab zwei Stunden nach der Fütterung (Futter vor den Kühen halten!),
ausreichend Futterrest (ca. 3 bis 5 %), maximal 3 h ohne Futter (noch besser nie!),
- Tiefliegeboxen,
- Maßnahmen gegen Hitzestress,
- nach Möglichkeit Trennung der Herde in Erst- und Mehrkalbskühe.
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