Schützt Heu vor Azidose?

Anfang des Monats erhielten wir eine Frage von einer Leserin. Sie stellte die Frage, ob sich Kühe selber Heu abholen, wenn sie in eine Azidose fallen und ob sich das positiv auf die Gesundheit und Leistung auswirkt. Außerdem fragt sie sich, ob es Sinn macht, Getreide im Ausgleichsfutter zu haben.

Darüber, ob das Anbieten von Heu bei laktierenden Kühen „richtig oder falsch“ ist, gibt es unterschiedliche Meinungen. Wir haben dafür den erfahrenen Fütterungsberater Dominik Bützler von der Tierarztpraxis LandVET aus Nordrhein-Westfalen gefragt, was seine Meinung ist.

Heu oder kein Heu?

Der Fütterungsexperte hat eine klare Meinung: Er empfiehlt es nicht, grundsätzlich den Kühen Heu zur freien Aufnahme anzubieten – vor allem nicht zur Verhinderung einer (subklinischen) Pansenazidose. Einzig in einer Frischmelkergruppe kann Heu als eine „gute Medizin“ zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Auf vielen Betrieben ist aber die praktische Umsetzung, nur den frisch melken Kühen Heu anzubieten, schwierig.

Ration optimieren, Azidose vorbeugen

Anstatt den Kühen Heu anzubieten, sollte der Ursache auf den Grund gegangen werden. Denn eine Pansenazidose bei Kühen kann viele verschiedene Ursachen haben. Tritt vermehrt Azidose in der Frühphase der Laktation auf, sollte unbedingt die Trockenstehphase und der Wechsel auf die melkende Ration kritisch analysiert werden. Kraftfuttermengen und Steigerungen müssen unter Umständen gesenkt werden. Dadurch steigt die Futteraufnahme am Trog. Dies wirkt sich positiv auf das Wiederkauen und die damit verbundene Speichelproduktion aus. Die vermehrte Speichelproduktion puffert den pH-Wert im Pansen ab, wodurch die Azidosegefahr sinkt.

Eine wichtige allgemeine Empfehlung: Selektion vermeiden. Daher ist es wichtig, dass man die Ration auf Selektierbarkeit prüft (z. B. Lochfraß am Futtertrog) und gegebenenfalls den Futtermischprozess unter die Lupe nimmt. Zudem wird Heu in den seltensten Fällen kurz geschnitten, was das Selektionsrisiko eher verschärft. Durch regelmäßiges Ausschütteln und Bestimmen der Trockensubstanz können Fehler und Abweichungen in der Selektion und Futteraufnahme schneller gefunden werden.

Auch die Zusammensetzung der Konzentrate einer Ration kann Azidosen vorbeugen. Dabei kann ein Teil des Getreides zum Beispiel durch Körnermais ersetzt werden. Laut Bützler hilft es, Natriumbicarbonate in einer Menge von bis zu 250 g pro Tier und Tag in die Ration zu mischen. Dadurch wird der pH-Wert im Pansen stabilisiert – gerade im Sommer!

Ein sehr wichtiges Argument, was gegen Heu spricht, sind die Unterschiede im Heu. Heu ist nicht gleich Heu – jeder Heubund hat eine andere Zusammensetzung und Schmackhaftigkeit. Nicht nur jahresbedingte Unterschiede fließen in die Zusammensetzung eines Heubundes ein, sondern auch flächenspezifische Unterschiede sind relevant.

Fazit: Heu für die Frühtrockensteher, um die Azidosegefahr vorzubeugen, empfiehlt Dominik Bützler nicht. Wenn Azidose ein Problem im Betrieb ist, muss der Ursache auf den Grund gegangen werden.