Fütterung am Melkroboter

Nicht zu viel Stärke am Futtertisch

Für Claudia und Stephan Hoffmann ist die Trogration entscheidend für die Lauffreudigkeit der Kühe. Daher feilt der Milcherzeuger akribisch an der Ration.

Serie: „AMS-Herden erfolgreich füttern“ Teil 3 „Nicht zu viel Stärke am Futtertisch“

Fast 12.000 kg Milch mit 4,17 % Fett und 3,40 % Eiweiß gaben die Kühe von Claudia und Stephan Hoffmann im vergangenen Jahr. Für die beiden Milcherzeuger sind die Erfolgsfaktoren für diese Leistung ein Zusammenspiel aus Tierwohl, Abwesenheit von Stress, Tiergesundheit und natürlich der Fütterung.
Stephan Hoffmann legt viel Wert auf kurz gehäckselte Silagen und eine unselektierbare Ration. Die Ration ist außerdem auf einen Stärkegehalt von 20 % ausgelegt. Die Kraftfuttergabe im Melkroboter fällt mit maximal 3,0 kg bei 3,2 bis 3,4 Melkungen relativ gering aus. Diese Kraftfuttermenge wird bis zum 100. Laktationstag stabil gefüttert, um eine gute Persistenz zu erhalten.
Eine helle Färse bewegt sich im Laufschritt auf den blauen Melkroboter zu. Das Tor öffnet sich und die junge Kuh tritt, ohne zu zögern ein.
Fast 12.000 kg Milch mit 4,17 % Fett und 3,40 % Eiweiß gaben die Kühe von Claudia und Stephan Hoffmann im vergangenen Jahr. Was ist ihr Erfolgsrezept? Für die beiden Milcherzeuger aus Kopp in Rheinland-Pfalz, ist es ein Zusammenspiel aus Tierwohl, Abwesenheit von Stress, Tiergesundheit und natürlich der Fütterung.

Fast 12.000 kg Milch mit 4,17 % Fett und 3,40 % Eiweiß gaben die Kühe im vergangenen Jahr. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Mit drei Melkboxen weniger Stress

Seit 2020 melkt das Betriebsleiterehepaar mit drei DeLaval-Melkrobotern VMS 300 im Schnitt 150 Kühe. Die Melkungen liegen bei dieser Auslastung zwischen 3,2 und 3,4.
Für Hoffmanns sind 150 bis 155 Kühe die Grenze an ihren Melkrobotern. „Die Roboter können mehr, aber wir haben uns ganz bewusst dazu entschieden, sie nicht bis ans Limit auszulasten“, sagt Stephan Hoffmann. Als sie vor fünf Jahren den Stall planten, wollten sie sich eigentlich auf zwei Melkboxen und die entsprechende maximale Kuhzahl beschränken. Ihr Ziel war es aber, dass die tägliche Stallarbeit im Notfall eine Person allein erledigen kann. „Wenn die Melkroboter aber bis an ihre Auslastungsgrenze gefahren werden, dann entsteht sehr schnell Stress und Routinen kommen durcheinander, wenn mal eine Melkbox ausfällt. Das wollten wir für uns einfach vermeiden“, bekräftigt der Betriebsleiter ihre bewusste Entscheidung.
Sie hätten deshalb den alten Stall ganz abgerissen und komplett neu, nach ihren eigenen Vorstellungen gebaut. Obwohl die Roboter nicht bis an die Grenzen gefahren werden, erreichen auch Hoffmanns immer noch eine Auslastung bis zu 2.000 kg pro Melkbox.

Aktive Kühe fressen mehr

„Kompromisslos“ waren die beiden Milcherzeuger auch bei der Investition in Tierwohl. Neben großzügig dimensionierten Fressgängen von 4,80 bzw. 4,20 m, sind alle Laufgänge im gesamten Stall mit Gummimatten ausgelegt. Im alten Stall hatten sie anfangs nur im Fressgang Matten, weshalb sich hier immer viele, oft brünstige Tiere aufgehalten haben, die dann auch noch die fressenden Kühe störten. Um dies zu vermeiden wurden nach und nach im alten Stall schon alle Gänge mit Matten ausgelegt.
Wenn die Melkroboter bis an ihre Auslastungsgrenze gefahren werden, dann entsteht sehr schnell Stress und Routinen kommen durcheinander.
Stephan Hoffmann
Daher war es keine Frage, dass der neue Stall auch bis auf den letzten Quadratmeter mit Gummimatten ausgelegt werden sollte, damit die Kühe sich im ganzen Stall gleichmäßig verteilen. „Die gute Lauffreudigkeit der Kühe auf den Laufmatten spiegelt sich nicht nur in einer hohen Aktivität Richtung Melkroboter, sondern auch in Richtung Fressgitter wider“, so Claudia Hoffmanns Beobachtung.

Stephan Hoffmann achtet aber penibel darauf, dass die TMR ausreichend feucht und nicht von den Kühen selektiert werden kann. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Eine sehr kompakte TMR

Stephan Hoffmann beugt sich über die Ration am Fressgitter, greift mit der Hand hinein und schließt sie fest zur Faust und öffnet sie wieder. Die auffällig kurzen Futterpartikel bleiben an seiner Handfläche kleben. 
Die Trogration, ausgelegt auf 34 bis 35 l, und deren Zusammensetzung ist für den Milcherzeuger der zentrale Punkt für hohe Leistungen und aktive Melkroboterkühe. Auf den ersten Blick könnte die Ration eine Kompakt-TMR sein, ist sie aber nicht. Stephan Hoffmann achtet aber penibel darauf, dass die TMR ausreichend feucht und nicht von den Kühen selektiert werden kann. Seit drei Jahren lassen Hoffmanns sowohl Gras- als auch Maissilage kurz häckseln und streben eine theoretische Häcksellänge (tHL) von 4 bis 6 mm an. „Wir arbeiten da eng mit unserem Lohnunternehmer zusammen, das hat die letzten Jahre sehr gut funktioniert“, freut sich der Milcherzeuger.

Gutes Grünland, gute Leistung

Damit nur hoch verdauliches und hochwertiges Grundfutter in die Ration kommt, legt er viel Wert auf die Qualität seines Grünlandes. „Wir setzen seit einiger Zeit auf tetraploide Deutsche Weidelgrassorten. Sie sollen schmackhafter und verdaulicher sein. Außerdem weisen sie eine höhere Nutzungselastizität auf“, begründet Stephan Hoffmann seine Entscheidung.
Wir arbeiten da eng mit unserem Lohnunternehmer zusammen, das hat die letzten Jahre sehr gut funktioniert.
Stephan Hoffmann
Um hochwertiges Futter zu haben, setzt er grundsätzlich Siliermittel ein. Auf die Maissilage siliert er außerdem eine ca. 80 bis 120 cm dicke Pressschnitzelschicht ein. Das hat für ihn zum einen den Vorteil, dass das Gewicht der Pressschnitzel, die Maissilage sehr gut verdichtet und damit nur sehr wenig Sauerstoff im Silostock verbleibt.
„Sollte es doch mal zu Schimmelnestern kommen, weil z.B. eine Folie beschädigt ist, kann man diesen Schimmel bei Pressschnitzeln deutlich besser erkennen und damit vor dem Füttern umfassend entfernen“, so Hoffmann. Wichtig sei, dass das Verhältnis von Maissilage zu Pressschnitzeln dabei auf der gesamten Länge des Silos immer gleich bleibt. Ein zusätzlicher Vorteil sei, ein höherer Vorschub und nur eine Miete statt zwei im Anschnitt.

Auf die Maissilage siliert er außerdem eine ca. 30 bis 40 cm dicke Pressschnitzelschicht ein. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Fließender Übergang
Um den Übergang für die Kühe von der alten Mais- auf die neue Maissilage so reibungslos wie möglich zu gestalten, hat Stephan Hoffmann die restliche Maissilage während der Ernte umsiliert und kleine Schichten der neuen Maissilage dazwischen siliert. Je weiter nach hinten im Silo gefüttert wird, desto mehr steigt der Anteil der neuen Silage. Außerdem hat er die ersten 10 bis 15 m mit Kaliumsorbat abgegossen, um eine Schimmelbildung zu verhindern.
Neben der Qualität der Grundfuttermittel ist ihm bei der Fütterung wichtig, dass die Ration nicht zu viel Stärke aufweist. Laut Berechnung liegt diese bei nur 20%. „Ist zu viel Stärke in der Ration, laufen die Kühe einfach nicht mehr zum Melkroboter“, so der Milcherzeuger.

Häufiges „Feinjustieren“

Berechnung ist auch ein gutes Stichwort, wenn es um die Stephan Hoffmanns Fütterungsphilosophie geht. „Eigentlich wird bei mir nie so gefüttert, wie die Ration berechnet wurde“, sagt er und lacht. „Ich schaue mir regelmäßig die Leistungskennzahlen, Inhaltsstoffe, den Kot und die Kondition der Kühe an. Dann feile ich an der Mischung, bis mir die Zahlen und die Kühe gefallen.“ So testet er auch kontinuierlich die Trockenmasse der Ration mit der Heißluft-Fritteuse. Aufgrund der nassen Grassilage des ersten Schnitts 2024 liegt diese aktuell zwischen 32 und 33 %. Er achtet darauf, dass der TM-Gehalt der TMR niemals über 39 % steigt, ansonsten justiert er umgehend nach.
„Ist zu viel Stärke in der Ration, laufen die Kühe einfach nicht mehr zum Melkroboter.
Stephan Hoffmann
Außerdem arbeitet er intensiv mit dem Milchviehberatungsring Eifel zusammen. „Sie haben hier ein tolles Tool, und zwar den Milchcheck. Den machen wir monatlich, bei dem wir den IOFC für die gesamte Fütterung ausrechnen lassen.“ Sie seien im Arbeitskreis inzwischen 25 Milcherzeuger, die daran teilnehmen. So hätte er einen zeitnahen Vergleich mit anderen Betrieben und könnte schnell sehen, ob die Fütterung passt.

Ostermann-Palz (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Wenig Kraftfutter im Melkroboter

Alle Kühe und Färsen erhalten bis zum 100. Laktationstag, nach einer Anfütterungsphase, drei Kilogramm Kraftfutter am Melkroboter also etwas weniger als ein Kilogramm pro Melkung. Ab dem 100. Laktationstag werden die Tiere dann nach Leistung gefüttert, allerdings kann die tägliche Kraftfuttermenge maximal auf 2,0 kg zurückfallen. „Wenn eine Kuh in diesem Zeitraum krank wird und weniger Milch gibt, wird ihr ja automatisch weniger Kraftfutter zugeteilt, ohne dass man es wirklich mitbekommt. Die Leistung wird künstlich unten gehalten. Deshalb haben wir die Untergrenze bei 2,0 Kilogramm festgelegt, um dann ein Abstürzen dieser Kühe zu verhindern“, erklärt Stephan Hoffmann.
Die Menge von einem Kilogramm reiche in jedem Fall aus, damit die Kühe zum Melkroboter laufen. „Wahrscheinlich könnte man die Maximalmenge auch noch weiter senken.“

Ration darf nicht schmackhafter als Kraftfutter sein

Wie wichtig die Schmackhaftigkeit des Kraftfutters im Melkroboter ist, konnte das Betriebsleiterehepaar feststellen, als sie im Kraftfutter noch Rapsextraktionsschrot hatten, die Trogration aber Soja und DDGS enthielt. „Beim Umstieg auf Soja in der Ration liefen die Kühe auf einmal nicht mehr zum Melken. Die Trogration ist damit so schmackhaft, dass die Kühe kein Interesse mehr am Kraftfutter hatten. Die Trockenmasseaufnahme am Futtertisch stieg wahnsinnig an, während die Besuche im Melkroboter spürbar abnahmen“, beschreibt der Milcherzeuger seine Erfahrungen.
Wenn wir beide auf ein Problem stoßen, dann geben wir nicht eher Ruhe, bis wir die Lösung gefunden haben.
Claudia Hoffmann
Erst als sie das Rapsextraktionsschrot im Kraftfutter tauschten, kamen die Kühe wieder in Gang. Die Melkungen gingen um 0,3 bis 0,4 und die Torbewegungen auf sieben hoch. Inzwischen besteht das pelletierte Kraftfutter aus 43% Mais, 25% Melasseschnitzeln, 18% Sojaextraktionsschrot, 5% Weizenkleberfutter, Zuckerrübenmelasse, Natriumchlorid und Calciumcarbonat.
Herausgefunden haben Hoffmanns die Ablehnung der Kühe gegen das Kraftfutter nur deshalb, weil sie selbst akribisch nach der Lösung des Problems gesucht haben. „Wenn wir beide auf ein Problem stoßen, dann geben wir nicht eher Ruhe, bis wir die Lösung gefunden haben. Wir geben uns nicht mit halben Sachen zufrieden“, betont Claudia Hoffmann und ihr Mann ergänzt: „Ein Roboter ist nur für den geeignet, der sich wirklich für die Kühe interessiert.“

Ostermann-Palz (Bildquelle: Landwirtschaftsverlag GmbH, Ostermann-Palz)

Saures Wasser und Raps ergab eine schädliche Mischung

Wie wichtig diese Eigenschaften sein können, haben die beiden jungen Milcherzeuger in den Jahren 2022/23 bitter erfahren müssen. Angefangen hatte es damit, dass die Kälber 2022 überhaupt nicht fit waren. Sie zeigten alle Durchfälle und ab Ende 2022 waren alle Kälber ausnahmslos zwischen dem 4. Lebenstag und bis zum Ende der ersten sechs Wochen richtig krank. Tests auf Durchfallerreger zeigten kein einheitliches Bild. „Wir wussten einfach nicht, woher es kam. Wir haben mit dem Tierarzt, Beratern sogar der Universität in Gießen gesprochen. Die Kälber blähten so stark auf, dass ich mir eine Kamera im Kälberstall installieren lassen habe. Ich bin dann nachts alle zwei Stunden aufgestanden, um zu schauen, ob es den Kälbern gut geht oder ob ich ihnen helfen muss“, beschreibt die junge Milcherzeugerin und schüttelt den Kopf. Zeitgleich lagen auch immer wieder Kühe fest und einige litten unter schweren Euterentzündungen. Insgesamt mussten 20 Kühe eingeschläfert werden.

Ostermann-Palz (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Bei all den Untersuchungen stellten sie fest, dass die Kälber also der Urin extrem sauer war. So kamen sie der Lösung des Problems nach und nach näher. Denn ihr Brunnenwasser hat nur einen pH-Wert von 5. Außerdem hatten Hoffmanns die Trockensteherration sowie die Ration der laktierenden Kühe in 2022 auf Raps statt Raps und Soja umgestellt, ein Futtermittel, dass auch säuernd wirkt. „Wir sind uns sicher, dass die Kühe alle unter einer Acidose litten und diesen Stress in der Trockenstehzeit auch weiter an die Kälber gegeben haben“, fast Stephan Hoffmann die Entwicklung zusammen.
Die Umstellung der Eiweißkomponenten sowie der Wasseraufbereitung hat uns in Sachen Tiergesundheit deutlich nach vorne gebracht.
Claudia Hoffmann
Inzwischen haben sie eine Aufbereitungsanlage für das Wasser, die den pH-Wert anhebt und das Wasser außerdem mit Zugabe von Clordioxid desinfiziert. Außerdem erfolgt die Eiweißversorgung bei den laktierenden Kühen jetzt wieder zusätzlich mit Sojaschrot und DDGS.
Die Trockensteher bekommen keine Rapsschrot mehr, sondern ausschließlich Soja und DDGS als Eiweißkomponente. (Soja 1,4 kg, DDGS 1,4 kg, Stroh 2 kg, Heu 2kg, Grassilage 10 kg, Maissilage 24 kg, MIFU 0,25 kg) „Die neugeborenen Kälber waren schon einige Wochen nach der Umstellung der Fütterung und der Wasseraufbereitung wieder fidel“, so Claudia Hoffmann. „Insgesamt ist das Immunsystem bei Kühen und Kälbern deutlich besser geworden. Die Umstellung der Eiweißkomponenten sowie der Wasseraufbereitung hat uns in Sachen Tiergesundheit deutlich nach vorne gebracht.“

Fazit

Trotz des großen Rückschlags haben es Hoffmanns geschafft ihre Herde wieder gesund zu bekommen. Das haben sie erreicht, weil sie ihre Kühe akribisch beobachten, Fehler und daraus folgend Lösungen suchen. Aber nicht zuletzt, weil sie echte Kuhmenschen sind!


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