Milchkühe produzieren aufgrund ihrer hoher Stoffwechselleistung viel Körperwärme. Rund ein Drittel der aufgenommenen Energie aus dem Futter setzen sie in Wärme um. Eine Kuh kann bis zu 1,2 kW Wärmeleistung aufbringen, das ist eine ganze Menge. So lässt sich theoretisch mit der Abwärme von drei Kühen eine Wohnung beheizen.
Das Problem ist, dass mit steigender Milchleistung sich die Wärmeabgabe einer Kuh erhöht. Um nicht zu überhitzen, müssen die Tiere vermehrt Wärme an ihre...
Milchkühe produzieren aufgrund ihrer hoher Stoffwechselleistung viel Körperwärme. Rund ein Drittel der aufgenommenen Energie aus dem Futter setzen sie in Wärme um. Eine Kuh kann bis zu 1,2 kW Wärmeleistung aufbringen, das ist eine ganze Menge. So lässt sich theoretisch mit der Abwärme von drei Kühen eine Wohnung beheizen.
Das Problem ist, dass mit steigender Milchleistung sich die Wärmeabgabe einer Kuh erhöht. Um nicht zu überhitzen, müssen die Tiere vermehrt Wärme an ihre Umwelt abgeben. Das fällt ihnen ab einer Umgebungstemperatur von 20° C immer schwerer. Besonders in der warmen Jahreszeit, denn dann heizen sich die Stallgebäude auf, nicht selten erwärmen sich aber auch die Lauf- Liegeflächen. Das wiederum erschwert den Tieren die Wärmeabgabe erheblich.
Für eine Milchkuh beginnt Hitzestress denn auch schon, sobald die Lufttemperatur im Stall die 20° C-Marke überschreitet – vor allem bei gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit sinkt dann die Futteraufnahme und letztlich auch die Milchleistung. Auch die Fruchtbarkeit leidet, denn bei hohen Temperaturen nimmt die Qualität der Eizellen ebenso ab wie die Konzentrationen wichtiger Reproduktionshormone. Letztlich führt dies zu einer verzögerten embryonalen Entwicklung mit erhöhter Embryonen-Sterblichkeit. Der Besamungserfolg verringert sich denn auch nicht selten um 20 bis 30%.
Bei Lufttemperaturen oberhalb von 25° C und mehr im Stall ist selbst bei gut belüfteten Außenklimaställen ohne zusätzliche Kühlung ein nennenswerter Rückgang der Futteraufnahme und Milchleistung von 10 bis 20 % vorprogrammiert. Ab 30° C und gleichzeitig hoher Luftfeuchte beginnen die körpereigenen Temperatur-Regulationsmechanismen der Kuh – langsam aber sicher - zu versagen, die Körpertemperatur steigt an – nicht selten auf über 40° C. Die Kühe fangen an zu „pumpen“. Eine hochleistende Kuh kann diesen Stress zwar eine Zeitlang kompensieren, aber nur, wenn sie sich z.B. nachts auf der Weide abkühlen kann.
Im Sommer auch in Deutschland täglich Hitzestress
Bei reiner Stallhaltung (24/7) und nicht optimal quer zu belüftenden Ställen, stellen sommerliche Temperaturen selbst in unseren Breitengraden die Kühe immer häufiger vor Probleme. Laut Auswertungen der Landesforschung Mecklenburg-Vorpommern hat in den vergangenen Jahren die Anzahl der Stunden, in denen sich eine Hochleistungskuh wohlfühlt, abgenommen. In nur noch 10 % der Stunden wird eine Temperatur von 8° C unterschritten (der optimale Temperaturbereich bei 35 kg Milch liegt zw. -6° und 8° C). Eine in Rheinland-Pfalz durchgeführte Studie belegt, dass in den Jahren 2020 und 201 von Juni bis Ende August fast an jedem Tag zumindest zeitweise Hitzestress in den Kuhställen aufgetreten ist.
Deshalb sollten die Kühe - zumindest über die warme Jahreszeit hinweg (Mai bis Oktober) - gekühlt werden. So lassen sich die Belastungen für die Kühe in Grenzen halten. Am einfachsten gelingt dies mit Hilfe von Ventilatoren. Ventilatoren können bei einer Luftbewegung von 2 m/sec am Tier die gefühlte Temperatur um ca. 12 °C reduzieren. Zwar sind diese schon in vielen Kuhställen installiert, doch leider tragen sie oftmals wegen falscher Einstellungen nicht in dem gewünschten Maß zur Abkühlung der Tiere bei.
Viele Milcherzeuger haben mittlerweile eine Lüftung im Stall eingebaut. Doch wie prüft man, ob auch tatsächlich genügend kühlende Luft bei den Kühen ankommt?
Viele Lüfter blasen über die Kühe hinweg
Das legt eine in Wisconsin durchgeführte Praxiserhebung nahe, in der die Ausstattung von Kuhställen mit Ventilatoren und die Wurfrichtung der Luft überprüft wurde. Wie sich herausstellte waren viele Ventilatoren falsch ausgerichtet bzw. eingestellt waren. So betrug die mittlere Luftgeschwindigkeit anstatt der erforderlichen 2,0 m/s oft nur 1,0 m/s, zudem haben viele Lüfter die Luft nicht auf die Kühe in den Liegeboxen geworfen, sondern darüber hinweg „geblasen“ (nicht „steil“ genug eingestellt). Auch waren oftmals zu wenig Ventilatoren über den Liegeboxen installiert, stattdessen waren Lüfter über dem Fressgitter angebracht.
In einer weiteren, ebenfalls in Wisconsin durchgeführten Untersuchung, wurde in Liegeboxenlaufställen gemessen. Wie sich die unterschiedliche Luftgeschwindigkeiten (von Ventilatoren) auswirken. Die Luftgeschwindigkeit wurde dabei in den Liegeboxen in 0,5 m Höhe gemessen. Unterschieden wurden drei Luftgeschwindigkeiten: 0,2m/sec (Kontrolle); 1,7 m/sec (60 % ) und 2,4 m/sec (100 %). Ergebnis (Übersicht 2):
- Mit zunehmender Hitzebelastung (THI) stieg die Körpertemperatur der Kühe, sofern diese nicht gekühlt wurden!
- Bei einer Luftgeschwindigkeit von über 2,0 m/sec blieb trotz zunehmender Hitzebelastung die vaginale Körpertemperatur gleich bzw. verringerte sich sogar leicht.
- Ein Abfall der Milchleistung konnte durch den vollen Einsatz der Ventilatoren verhindert werden.
- Auch verringerten sich die Liegezeiten der Kühe nicht, sofern die Ventilatoren unter Volllast liefen. Gekühlte Kühe (2,4 m/sec) lagen durchschnittlich 13,9 Stunden täglich in den Boxen, ungekühlte Kühe nur 13,2 Stunden.
Ordentliche Luftbewegung hält Milchleistung konstant
Unbedingt Trockensteher kühlen!
Unbedingt gekühlt werden sollten auch die Trockensteher, denn diese Tiere werden keinen guten Laktationseinstieg hinlegen, wenn sie vor der Kalbung warmen Temperaturen ausgesetzt waren. Eine große Wärmebelastung kann bereits vor der Geburt Stoffwechselprobleme auslösen, zudem wirkt sich Hitzestress während der Trockenphase auf die Zellteilung aus. Das führt aufgrund geringerer Eutermasse dann zu einer schlechteren Milchproduktion in der nachfolgenden Laktation.
Aber auch das ungeborene Kalb leidet unter der Wärmbelastung. Wissenschaftlich nachgewiesen ist. Dass Kälber, deren Mütter gegen Ende der Trockenstehzeit unter Hitzestress litten, in den nachfolgenden Laktationen oft eine geringere Milchleistung haben als Kälber, die unter kühleren Temperaturen ausgetragen wurden. Hohe Temperaturen während der Trächtigkeit scheinen demnach einen Einfluss auf die Entwicklung des Euters ungeborener Kälber zu haben.
Mit Sensoren Klima regeln
Deshalb sollte immer sichergestellt werden, dass im Stall überall eine Luftbewegung von mindestens 2,0 m/sec vorhanden ist (bis zu 5 m/sec sind kein Problem für die Kuh!). Moderne sensorgesteuerte Lüftungsanlagen sind in der Lage, das Stallklima automatisch zu überwachen. In Abhängigkeit von Temperatur, Luftgeschwindigkeit und Luftfeuchte können die Anlagen die Temperatur herunterregeln und Hitzestress vermeiden.
Tipp: Ob Ventilatoren in Reihe über den Liegeboxen installiert werden oder aber quer dazu (an den Seitenwänden), das muss im Einzelfall entschieden werden. Die Lüfter werden in einer Höhe von 2,7 m Ventilatorunterkante und mit einer Neigung von 15 bis 25° installiert. Die Wurfweite der Lüfter richtet sich nach dem Rotordurchmesser. Als Faustzahl kann je 10 cm Rotordurchmesser eine Wurfweite von 1 m angesetzt werden.
Tipp: Staubschichten reduzieren die Leistung von Ventilatoren um bis zu 30 %. Es lohnt sich also, die Geräte mindestens jährlich zum Saisonstart zu Entstauben.
Tipp: Radial-Ventilatoren mit einem Rotordurchmesser von ca. 3 bis über 7 m, die unter dem First angebracht sind, haben je nach Fabrikat und Größe mit bis zu 700.000 m3 je Stunde einen deutlich höheren Luftvolumenstrom als Axial-Lüfter. Theoretisch sollen die Rotor-Ventilatoren die Luft von der Dachhaut nach unten in den Stall drücken. Bei hohen Temperaturen besteht aber die Gefahr, dass der Kühleffekt ausbleibt bzw. sich Gegenteilenteil verkehrt – zumindest bei unisolierten Dächern! Warum? In vielen herkömmlichen Außenklimaställen lassen sich im Sommer unter der Dachhaut Temperaturen von 80° C und mehr messen. Die Radial-Ventilatoren verteilen diese heiße Luft im Stall (drücken sie nach unten), was keinesfalls zur Abkühlung der Kühe beiträgt, im Gegenteil, der Hitzestress dürfte dadurch noch zunehmen!
So lässt sich Hitzestress berechnen
- Um Hitzestress einschätzen zu können, kann der Temperatur-Luftfeuchte-Index (engl. Temperature-Humidity-Index =THI) zu Rate gezogen werden. Der THI berechnet sich aus der Umgebungstemperatur und der relativen Luftfeuchte.
- Moderater Hitzestress beginnt bei einem THI von 68, der wird erreicht bei 21° Celsius und 70 % Luftfeuchtigkeit.
- Von starkem Hitzestress spricht man ab einem THI von 80 (28° C und 80 % Luftfeuchte bzw. 31° C und 50 % Luftfeuchte).
Staubschichten reduzieren die Leistung von Ventilatoren um bis zu 30 %. Es lohnt sich also, die Geräte mindestens jährlich zum Saisonstart zu Entstauben.
Eine Klimatisierung für Vorwartebereich und Melkstand bzw. AMS lohnt sich! Tipps und Beispiele aus der Praxis.
Mithilfe von Sensoren lässt sich die täglich die Steh- und Liegedauer der Kühe überprüfen. Abweichungen vom Mittelwert deuten auf vermehrten Hitzestress hin.