Kälber gesund aufziehen

Kälber: Nach zwei Tagen in die Gruppe

Intensive Tränke, Hygiene und frühe Gruppenhaltung: Den Kälbern im LVZ Futterkamp wird ein optimaler Start ermöglicht. Das zeigen die Aufzuchtverluste von weniger als 1%.

In der Kälberbucht, in der frisches Stroh großzügig verteilt liegt, herrscht quirliges Treiben. Einige Kälber lassen ihrem Bewegungsdrang freien Lauf. Ausgelassen springen sie im Stroh umher, jagen von einer Ecke in die andere.
Die Kälber im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp sind eine wirklich gesunde Truppe. Denn die Kälberverluste liegen bei den Kälbern von Erstlaktierenden (in den ersten sieben Lebenstagen, inklusive Totgeburten) bei 6,5%, bei Kälbern ab der zweiten Kalbung bei 6,6% und ab dem achten Lebenstag für alle Kälber nur noch bei 0,7%.

Serie „Kälber gesund aufziehen“, Teil 3 Betrieb LVZ Futterkamp– Zusammenfassung

Eine intensive Tränke, gründliche Hygiene und eine frühe Gruppenhaltung sind für Herdenmanager Sönke Huuck die entscheidende Erfolgsfaktoren für gesunde Kälber. Um den Kälbern der 200-köpfigen Herde (Leistung: 12.500 kg) so schnell wie möglich Kolostrum zu füttern, nutzen Sönke Huuck und seine Kollegen die Daten des Abkalbesensors bzw. des Pansenbolus, um den Geburtszeitpunkt nicht zu verpassen. Nach der Biestmilchgabe wechseln die Kälber für nur 48 h in ein Einzeliglu, um anschließend in der Gruppe am Tränkeautomaten versorgt zu werden.
Beeindruckt von diesen Zahlen haben wir mit Herdenmanager Sönke Huuck gesprochen, was für ihn die wichtigsten Faktoren sind, damit die Kälber gesund ins Leben starten.

Totgeburten vermeiden: Im Abkalbestall werden die Kuhgruppen streng zusammengehalten, um Stress für die Tiere zu vermeiden. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Alles fängt im Abkalbestall an

Der Herdenmanager legt den Grundstein für niedrige Kälberverluste nicht erst in der Aufzucht, sondern bereits im Abkalbebereich. Hier ist es für ihn entscheidend, die Totgeburtenrate so niedrig wie möglich zu halten: „Im Abkalbestall versuchen wir, die Kuhgruppen zusammenzuhalten, um Stress zu vermeiden. Wir stellen sicher, dass Tiere von der Weide oder aus einem Stallabteil auch im Abkalbebereich zusammenbleiben. Besonders wichtig ist es jedoch, Färsen und Mehrkalbskühe zu trennen.“
Vor ein paar Jahren hätten sie wegen eines Umbaus die Färsen und Mehrlaktierenden in derselben Abkalbebucht kalben lassen und hätten sich gewundert, dass die Zahl totgeborener Kälber bei den jungen Kühen plötzlich angestiegen sei. „Der körperliche Unterschied zwischen den Färsen, die inzwischen unter 24 Lebensmonaten abkalben, und den alten Kühen ist einfach zu groß. Es ist nicht selten, dass eine junge Kuh den Kürzeren zieht. Seit wir die beiden Gruppen streng trennen, ist die Totgeburtenrate wieder gesunken“, schildert Sönke Huuck seine Erfahrungen.
Besonders wichtig ist es, Färsen und Mehrkalbskühe zu im Abkalbestall zu trennen.
Sönke Huuck
Ein Grundstein für gesunde Kälber wird, nach seiner Ansicht, auch durch den Kalbeverlauf selbst gelegt. Kälber aus Schwergeburten hätten einen deutlich schwierigeren Start ins Leben. Das wirke sich noch lange Zeit negativ aus. „Seit wir die Jungrinder im Alter von 12 Monaten belegen und sie somit früh abkalben, haben wir deutlich weniger Probleme mit Schwergeburten. Früher, als die Färsen bis zu 30 Monate alt und überkonditioniert waren, war dies ein häufigeres Problem. Auch der Einsatz von gesextem Sperma hat dazu geführt, dass wir bei den jungen Kühen kaum noch Geburtshilfe leisten müssen“, schildert der Herdenmanager seine Erfahrungen.

Kalbeüberwachung ermöglicht zeitnahe Kolostrumgabe

Spätestens eine halbe Stunde nach der Kalbung erhalten die neugeborenen Kälber dann direkt drei Liter Kolostrum – auch nachts. „Wir nutzen für die Geburtsüberwachung zwei verschiedene Sensorsysteme, einen Abkalbesensor und einen Pansenbolus. Deshalb wissen wir in der Regel auch nachts, wann es losgeht, und können die Kälber zeitnah mit Biestmilch versorgen“, erklärt Sönke Huuck.
Das Kolostrum erhalten die Kälber immer mit einer Tränkeflasche mit Nuckel. „Zum Drencher habe ich seit zwei oder drei Jahren nicht mehr gegriffen“, sagt Sönke Huuck und ergänzt: „Die neugeborenen Kälber erhalten mit dem Drencher zwar zunächst genügend Kolostrum, aber die Reizungen im Hals durch die Zwangsernährung zeigen sich noch einige Tage später. Dies führt dazu, dass die Kälber weniger trinken, was sich fatal auf ihren Entwicklungsstart auswirkt.“
Wir nutzen einen Abkalbesensor und Pansenbolus, damit wir auch nachts die Kälber zeitnah mit Biestmilch versorgen können.
Sönke Huuck
Die Kolostralmilch wird immer untersucht: „Wir legen Wert darauf, dass die Biestmilch Brixwerte von mindestens 24% und mehr aufweisen.“

Frühe Gruppenhaltung bringt nur Vorteile

Spätestens zum ersten Melken der Kühe ziehen die Kälber dann in die Einzeliglus um. Hier bleiben sie aber nur kurz allein, nach 48 Stunden werden die Gitter hochgeklappt: „Wir wollten die frühe Gruppenhaltung testen, deshalb habe ich aus einzelnen Iglugittern eine Umzäunung als Stecksystem für die gesamte Gruppe gebaut“, erläutert Sönke Huuck hebt ein Gitterelement an und fügt hinzu: „Im Zuge dessen haben wir für den Bereich, in dem die Kälber ihre ersten 14 Tage verbringen, ebenfalls einen Tränkeautomaten angeschafft.“

Der Automat hält permanent temperierte Tränke vor, die auf 41°C aufgeheizt ist. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Die Gewöhnung in so jungem Alter sei unproblematisch. Es dauere in der Regel nur zwei Mahlzeiten bis sie selbständig an den Automaten gehen. „Die Kälber in der frühen Gruppenhaltung sind bei uns deutlich mobiler, gesünder und zeigen höhere Tageszunahmen“, erklärt der Herdenmanager. „Neben der Haltung trägt aber auch der Tränkeautomat zur guten Entwicklung bei. Der Automat hält permanent temperierte Tränke vor, die auf 41°C aufgeheizt ist. Wenn die Kälber an den Automaten kommen, müssen sie nicht warten und erhalten jederzeit eine Tränke mit gleichbleibender Qualität.“ Bereits an dieser Tränkestation können die Kälber bis zu 13,5 kg Tränke saufen: „Das holen sich in der zweiten Woche schon viele Kälber ab.“

Die Schaumbildung zeigt, dass beim Saufen ausreichend Speichel gebildet wurde. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Was Sönke Huuck an den Tränkeautomaten (Urban) auch gut gefällt ist, dass die Kälber hier aktiv, wie bei der Kuh, saugen müssen. „Das sieht man an dem Schaum, der unter dem Nuckel auf dem Boden liegt. Beim Saugen wird stark Speichel gebildet, das ist wichtig für die Verdauung der Kälber.“

Dicke, fest Strohmatte

Nicht nur bei den kleinen Kälbern, aber besonders in diesem Bereich legt er außerdem großen Wert auf eine top Einstreu. Die Kälber dürfen gerade in den ersten Tagen nicht kalt oder gar feucht liegen. Deshalb sorgt der Herdenmanager dafür, dass sie auf einer besonders dicken und festen Strohmatte liegen. Er betont: „Wir streuen mindestens 40 cm Stroh ein und treten diese Schicht ganz fest. Es ist wichtig, dass die Kälber keine Kälte von unten abbekommen.“
Das ganze System wird im Rein-Raus-Prinzip gefahren. „Die Iglus werden nacheinander belegt. Wenn dann das letzte Kalb aus der Einzeliglu-Gruppe in den Kälberstall gewechselt hat, misten, reinigen und desinfizieren wir. Erst dann kommen neue Kälber in die Iglus.“

In der Bucht für die kleinsten Kälber haben sie die beiden Tränkestationen direkt an die Wand gestellt. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Alle diese Maßnahmen und die hohen Tränkemengen sorgen dafür, dass das Auftreten von Erkrankungen in den ersten zwei Wochen, nach Aussage des Herdenmanagers, gegen Null geht. Als alleinige Gesundheitsvorsorge wird den Kälbern zu Beginn Vitamin E, Selen und Eisen gespritzt, sowie die Nabel mit einem Desinfektionsmittel auf Kräuterbasis eingesprüht.
Bereits top entwickelt, wechseln die Kälber dann nach den zwei Wochen in den Holsteiner Kälberstall, in feste 10er Gruppen. Jedem Kalb stehen hier 5m² zur Verfügung. Die Gruppen starten im hintersten Abteil und wandern dann von Bucht zu Bucht weiter nach vorne.
„In der Bucht für die kleinsten Kälber haben wir die beiden Tränkestationen direkt an die Wand gestellt. Wir haben bemerkt, dass sie sie so beim Erkunden der neuen Umgebung schneller finden, als wenn sie in der Mitte am Fressgitter stehen“, so Huucks Beobachtung.

Bereits top entwickelt, wechseln die Kälber dann nach den zwei Wochen in den Holsteiner Kälberstall. (Bildquelle: Ostermann-PalzDesinfektionsmittel bewusst ausgesucht)

Desinfektionsmittel bewusst ausgesucht

Hygiene ist dem Herdenmanager auch hier sehr wichtig. So streuen sie alle zwei Tage ein und misten alle 14 Tage den gesamten Stall. Nach einem Durchgang werden die Buchten außerdem gereinigt und desinfiziert: „Wir wissen, dass wir Kryptosporidien unterschwellig im Bestand haben, die aber im Moment keine Probleme bereiten. Damit das auch so bleibt, haben wir uns für ein Desinfektionsmittel entschieden, das gegen Kryptosporidien wirkt.“
Für noch mehr Hygiene, gerade auch im Tränkebereich, sind die Tränkestationen von Urban mit einer UV-C Desinfektion ausgestattet, die den Nuckel und das Gehäuse durch Bestrahlung nach jeder Mahlzeit desinfizieren.

Für noch mehr Hygiene, gerade auch im Tränkebereich, sind die Tränkestationen von Urban mit einer UV-C Desinfektion ausgestattet. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Vollautomatische Klimasteuerung im Kälberstall

All diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass es hier im Aufzuchtbereich kaum kranke Kälber gibt. So sind Durchfallerkrankungen eine Seltenheit. „Wenn wir überhaupt Probleme haben, dann sind es meist klimabedingte Atemwegserkrankungen.“ Der Stall ist so ausgerichtet, dass der Wind diagonal von West nach Ost durchzieht. Besonders im Winter strömt der kalte, feuchte Wind von der Ostsee ungehindert in den Stall. „Wir haben nun eine Schlauchbelüftung installiert, die künftig durch Sensoren für Temperatur, Feuchtigkeit und Ammoniak gesteuert wird“, freut sich Sönke Huuck und fügt hinzu: „Wir planen außerdem, den Dachfirst umzubauen und einen Lichtfirst zu installieren. So können wir verhindern, dass kalte Luft von oben hereinfällt.“
Sönke Huuck scheint sich, trotz der bereits sehr guten Gesundheitszahlen, nicht mit dem Status quo zufrieden zu geben, und das zeigt sich deutlich an seinen Vorhaben für die Kälberaufzucht. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich der Bestand im Lehr- und Versuchsgut Futterkamp in den kommenden Jahren entwickeln wird.                                                                                                                                                                                       

Eine intensive Tränke und gründliche Hygiene tragen dazu bei, dass es hier im Aufzuchtbereich kaum kranke Kälber gibt. (Bildquelle: Ostermann-Palz)

Kälber gesund aufziehen

Mehr als 1.000 g Tageszunahmen

von Birte Ostermann-Palz

Intensive Tränke, Hygiene und feste Arbeitsroutinen: Für Betriebsleiterin Laura Bühring sind das die Erfolgsfaktoren für gesunde Kälber und hohe Tageszunahmen.

Kälber gesund aufziehen

Automatische Tränke ab Tag Drei

von Katrin Schiewer

Oliver Bolwerk und Dominik Schwedler ziehen ihre Kälber in einem modernen Stall mit automatischer Tränke auf. Tiergesundheit und Arbeitswirtschaft überzeugen!


Mehr zu dem Thema