Hohen Luckow

Hier werden 450 Kühe pro Stunde gemolken

Auf dem Gut Hohen Luckow wurde ein neues Melkzentrum eingeweiht. Es bietet viel Komfort für Mensch und Tier. Schon bald sollen hier 3.500 Kühe gemolken werden.

Das Gut Hohen Luckow (Satow, Mecklenburg-Vorpommern) ist weithin bekannt als eine der Top-Adressen der Milchproduktion in Deutschland. Auf der zum Gut gehörenden Milchkuhanlage werden derzeit rund 2.700 Milchkühe gemolken; das durchschnittliche Tagesgemelk einer Kuh liegt bei 43 kg Milch. Hochgerechnet auf 305 Tage ergibt dies eine Milchleistung von über 13.000 kg pro Kuh.
Zu einem Leistungssprung (von ca. drei Litern) beitragen hat kürzlich das neue Melkzentrum, dessen Herz ein 80iger Außenmelker-Karussell ist. 450 Kühe werden hier pro Stunde gemolken, künftig soll der Durchsatz auf  500 Tiere ansteigen, so Anlagenleiter Martin Moos. Der gebürtige Schweizer hat maßgeblichen Anteil  an der enormen Herdenleistung. Schon seit etlichen Jahren feilt er gemeinsam mit seinem 44 köpfigen Team an den Routinen in den Kuhställen und probiert immer wieder neue innovative Managementkonzepte aus, die ihm bei seinen Reisen rund um die Welt ins Auge springen

Max. (Arbeits)Komfort für Mensch und Kuh

So ist auch der Vorwartebereich im Melkzentrum einzigartig. Die Idee, einen runden - und nicht wie üblich einen rechteckigen – Vorwartehof zu bauen, hat er z.B. aus Neuseeland mitgebracht. „Für die Tiere ist es einfach entspannter“, glaubt Moos, „sie werden nicht so in Richtung Karussell gedrängt.“ Eine weitere Besonderheit sind die drei Treibe-Paddel. Dank dieser - den Uhrzeigern eines Ziffernblattes einer Uhr ähnelnden Abtrennungen - lassen sich zwei Tiergruppen gleichzeitig in den Warteraum zuführen. Zudem können zusätzlich noch einige wenig Kühe dort bei Bedarf separiert werden.
Auch der seitlich neben dem Melkkarussell angeordnete Separations-Stall (Behandlungszentrum) ist Martin Moos Kopf entsprungen. Dort lassen sich 60 Tiere im Fressgitter arretieren,  zudem gibt’s zwei Behandlungsstraßen (Palpation Rails) mit je 30 Plätzen und eine Bud Box.
„Wir haben unser komplettes System umgestellt, erklärt Moos, „früher haben wir alle Behandlungen in der Herde zwischen den Kühen durchgeführt, heute erledigen wir alles unmittelbar nach dem Melken in der Separation.“
Wir haben unser System komplett umgestellt!“
Martin Moos
Doch zurück zum Melkkarussell: Der Außenmelker ist komplett in Edelstahl ausgeführt, die Melker freuen sich über Hubböden (5 x 2) an den Arbeitsplätzen. Die versetzten oberen und unteren Rohre der rückwärtigen Begrenzung verhindern Tritte und gewährleisten eine perfekte Kuhpositionierung mit optimalem Zugang zum Euter. An jedem Melkplatz beherbergt  eine Konsole alle Zylinder, Sensoren und die Spülaufnahmen, die während des Melkvorgangs geschlossen bleiben.

Es wird direkt in den LKW gemolken

Während der drei täglichen Melkvorgänge sind drei Melker im Einsatz, einer rüstet an, die beiden anderen hängen einige Melkplätze weiter die Melkzeuge unter. Ein Sensor (Quick Start) gibt das Vakuum frei, sobald das Melkgeschirr leicht gedreht wird, was den Melkern die Arbeit deutlich erleichtert. Sobald die Melkzeuge vom Euter abgenommen worden sind, werden sie durchgespült und desinfiziert (Back Flush) und abgelassen, so dass sie nicht mehr verschmutzen können. Die Euterstriche werden, bevor die Kühe die Plattform verlassen, mit einem Dippmittel eingesprayt.
Ins Auge springt ein großer Monitor, auf dem der Vorwartehof zu sehen ist. So hat der Melker am Eingang des Karussells und die Selektion und somit immer den aktuellen Kuhfluss im Blick.
Die Technik (Pulsation, Milchmengenmessung, Sensorik usw.) ist das Innere der Plattform verlagert, so ist der Arbeitsbereich der Melker „freigeräumt“. Der Zugang in das Innere der Plattform wurde so ausgestaltet, dass es mit einem Hoflader befahren werden kann. Das ist im Hinblick auf die Milchkontrolle wichtig, denn so kann der Abtransport der Milchproben unkompliziert bzw. wenig kraftraubend erfolgen.
Alle Versorgungssysteme der Melkanlage sind redundant (doppelt vorhanden), dadurch soll auch im Fall eines technischen Problems, das Melken ohne jeglichen Zeitverzug fortgesetzt werden können.
Verzichtet wurde ganz bewusst auf die Lagerung der Milch in Kühltanks. Die frisch gemolkene Rohmilch wird in Sturzkühlern auf 6° C runtergekühlt und dann sofort in einen der LKW-Auflieger weitertransportiert, die unmittelbar neben dem Melkkarussell parken. Es lassen sich immer zwei Auflieger parallel befüllen, so dass theoretisch 24 Stunden lang gemolken werden kann. Dreimal täglich pendelt ein Lastzug zwischen dem Hofgut und der Molkerei (DMK).

1.000 Kühe kommen noch dazu

Bis Ende des Jahres soll der dritte, derzeit noch im Bau befindliche Kuhstall, bezugsfertig sein. Dann soll die Herde nochmals um knapp 1.000 Kühe aufgestockt werden, so dass ab 2025 rund 3.500 Kühe täglich durch das Melkzentrum geschleust werden. Mit dieser Herdengröße ist der Standort dann auch zu 100 % ausgelastet, „mehr Tiere bekommen wir hier nicht mehr genehmigt“, weiß auch Martin Moos. Schon eine Genehmigung für die bevorstehende Aufstockung zu erhalten, habe viel Überzeugungsarbeit bei den Behörden benötigt. Letztlich habe die komfortable Flächenausstattung des Guts und die Investitionen in die Gülletechnik (u.a. Verschlauchung, emissionsarme Ausbringung, …) überzeugt.
In Zukunft will Moos in den Kuhställen noch das Tierwohl und die Tiergesundheit weiter optimieren. Dabei will er auch auf moderne Sensoren und künstliche Intelligenz (KI) setzen. Gerade erprobt wird z.B. in Zusammenarbeit mit Experten des Fraunhofer Instituts, ein Bildgebungs-Verfahren zu automatischen Erkennung von Lahmheiten. Die größte Herausforderung sieht Moos jedoch in der Gewinnung von motivierten Arbeitskräften. Es werde immer schwieriger, trotz stetiger Optimierungen der Arbeitsplätze in den Stallungen, gute Leute zu überzeugen, sich auf dem Hofgut zu verdingen. Aber dennoch sieht Moos zuversichtlich in die Zukunft: „Wir leben gerade unseren Traum hier“, erklärt er schmunzelnd. Das soll auch weiterhin so bleiben!


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