Verdickte Viertel bei hochtragenden Färsen oder Milch auf nur drei Vierteln beim ersten Anmelken – ein teures Ärgernis! Häufig haben Euterentzündungen bei Erstkalbenden schon früh ihren Ursprung. Ziemlich sicher ist auch, dass es für diese Färsen schwierig wird, wieder vollständig und langfristig eutergesund zu werden und ihre maximale Milchleistung zu erreichen.
Neben der Ansteckungsgefahr in der Herde entstehen Mehrarbeit und finanzielle Verluste. Auch der Verkauf dieser Jungkühe kann nur mit Werteinbußen einhergehen.
Das Ziel: 100% eutergesunde Färsen! Der Blick auf entscheidende Risikofaktoren und wichtige Prophylaxe-Maßnahmen können helfen, dieses Ziel zukünftig zu erreichen.
1. Risiko Sauger
Der Klassiker und wohl einer der Hauptursachen für erkrankte Euter von Jungkühen: Das gegenseitige Besaugen! Ein „Ansaugmastitis“ tritt sowohl im Stall als auch auf der Weide auf und beginnt bereits im Kälberalter. Bei Fleckvieh scheint das Problem ausgeprägter zu sein als bei Holsteins. Um dieser Unart entgegenzuwirken, sollte der Saugtrieb der Kälber mithilfe von Nuckeleimern und ausreichender Tränkemengen zu Teilen befriedigt werden. Den Eimer länger hängen zu lassen oder die Kälber nach dem Leeren der Tränkeeimer in einem Fanggitter zu fixieren, kann das Saugbedürfnis minimieren. Auch die Vorlage von Raufutter kann helfen, das Saugbedürfnis in Fresslust umzuwandeln und die Tiere „abzulenken“.
Tipp: Achtung, Freunde!
Kälber, die schon zu zweit gehalten werden, zum Beispiel im Iglu, bleiben häufig über die gesamte Aufzucht „gute Freunde“. Eine negative Folge kann das gegenseitige Besaugen sein – auch noch nach der Tränkephase in einer größeren Gruppe. Stallt man Pärchen zusammen ein, also Mutterkalb und Bullenkalb (sofern Bullenkälber länger als 14 Tage im Betrieb bleiben), wird dieses ab einem gewissen Alter getrennt und das Besaugen gestoppt.
Hilft das alles nichts, sollte man hartnäckigen „Saugern“ einen Nasenring einziehen, der sie am Saugen hindert. Hilft auch das nicht, müssen diese möglichst schnell separiert werden, denn ein angesaugtes Viertel, das vielleicht nicht sofort erkannt und behandelt wird, führt immer zur Erkrankung und oft zur Verödung.
Tipp: Den Sauger finden
Wenn es darum geht, den Sauger in einer Rindergruppe zu finden, hilft es, Farbe ins Spiel zu bringen. Besteht der Verdacht auf einen unbekannten Sauger, können alle Tiere in der Gruppe am Euter mit Farbe (z.B. Viehzeichenstift) angemalt oder besprüht werden. Den Sauger erkennt man kurze Zeit später an einer farbigen Nase.
2. Risiko Weide
Ein weiteres Risiko stellt die Weidehaltung tragender Jungrinder dar. Fliegen können Bakterien von Tier zu Tier übertragen, in der Folge kommt es zum Anschwellen der Euterviertels, einer fortschreitenden Entzündung, die bis zur Verödung des Viertels führen kann. Im Frühstadium ist so eine Infektion noch gut therapierbar. Wird die Infektion zu spät gesehen, ist oft keine Heilung mehr möglich. Vor allem nasse, waldnahe Standorte stellen eine Gefahr dar. Ein intensiver Parasitenschutz und regelmäßige Kontrollen sind hier besonders wichtig.
3. Risiko Euterödeme
Euterödeme (starke Schwellung durch Wassereinlagerung) können besonders zur ersten Kalbung Probleme bereiten. Schmerzen oder Zwischenschenkel-Ekzeme stören das Wohlbefinden, das Melken wird erschwert und der Euteraufhängeapparat kann nachhaltig zerstört werden. Zudem beeinträchtigt die Wassereinlagerung die lokale Immunabwehr im Zitzenbereich. Der Strichkanal ist geweitet, sodass Umweltkeime leicht eindringen können und erhöhte Zellzahlen bis zu Mastitiden provozieren. Somit ist die Eutergesundheit gefährdet!
Zitzenversiegler sind beim Trockenstellen verbreitet. Bei korrekter Anwendung gelangen keine Rückstände in die Milch oder die Melktechnik. Wir zeigen Ihnen, wie es geht!
Bei Färsen ist es nicht einfach, den Spagat zwischen Anfütterung und starker Ödembildung zu meistern, den Ödeme sind meistens fütterungsbedingt. Statt intensiv und nährstoffdicht sollten Färsen bis zum Kalben zuerst noch mit Bedacht, das heißt pansensynchron und faserbetont, gefüttert werden. Auch hohe Grassilageanteilen (Kaliumeintrag) oder eine Anfütterung mit getreidebetontem Kraftfutter steigern das Risiko für Ödeme.
Mehr Tipps, wie sich Euterödeme vermeiden lassen:
Ödeme sind oft fütterungsbedingt und gefährden die Eutergesundheit. Wie lässt sich der Spagat zwischen Anfütterung und starker Ödembildung bei Färsen meistern?
Schnell und effizient (be-)handeln!
Grundsätzlich sollten die Euter tragender Färsen sechs bis acht Wochen vor der Kalbung kontrolliert werden. Fallen zu diesem oder sogar einem noch früheren Zeitpunkt verdickte Viertel auf, sollte wie folgt vorgegangen werden, um das Viertel zu erhalten:
- Jungrinder möglichst zeitig fixieren und untersuchen; ggf. Fieber messen
- Entnahme einer sterilen Viertelgemelksprobe; Untersuchung im Labor
- Gezielte antibiotische und entzündungshemmende Behandlung
- Anschließend Eingabe eines passenden antibiotischen Trockenstellers, um bis zum Ende der Trächtigkeit Schutz vor Euterinfektionen zu bieten und die Ausheilung bestehender Infektionen zu unterstützen
Tipp: Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle!
Durch eine regelmäßige Kontrolle hochtragender Färsen können Eutererkrankungen schon früh erkannt werden. Außerdem dient der tägliche Rundgang auch der Gewöhnung an den Menschen. Auch ein frühes Anlernen an das Melksystem bringt Vorteile mit sich. Die Euter können gut kontrolliert und gegebenenfalls schon gedippt oder behandlet werden, wenn die Jungtiere schon vor der Kalbung durch den Melkstand laufen. Und: Je schonender Färsen an das Melksystem gewöhnt werden, desto besser melken sie. Das gilt auch für automatische Melksysteme!
Mehr Tipps zum Anlernen von Färsen:
Je schonender Färsen an das Melksystem gewöhnt werden, desto besser melken sie. Tipps für ein frühzeitiges Training mit wenig Zeitaufwand und großem Nutzen.
Zellzahlen im Blick
Empfehlenswert ist auch das kontinuierliche Monitoring der MLP-Daten von Jungkühen. Starten diese in die Laktation mehrheitlich mit hohen Zellzahlen (> 100.000 Zellen/ml), kann man davon ausgehen, dass „Ansauger“ im Jungtierbereich vorhanden sind, die Anfütterung nicht passt oder vermehrt Probleme im Zusammenhang mit der Weide entstehen. Wer mit den Eutergesundheitskennzahlen aus den MLP-Daten oder dem Eutergesundheitsbericht arbeitet, kann leicht erkennen, ob er Probleme mit Färsenmastitiden hat oder nicht. Wer hier genauer hinsieht, kann in Zukunft viel Geld sparen und das Potenzial seiner Herde besser nutzen.
Quellen: Tierarzt Winfried Schön, Tierarztpraxis Betzigau; Tierarzt Philipp Baumann, Tierarztpraxis Baumann GbR; Marlies Michligk, Agrargenossenschaft Uckro eG; Petra Lüttmann, Niedersachsen; Markus Tissen, NRW