Eutergesundheit

Euter-Ampel: Bei ROT sofort handeln!

Eine neu entwickelte Euter-Ampel hilft, Signale der Eutergesundheit schnell zu erfassen und sofort zu reagieren, wenn Handlungsbedarf besteht.

Das Euter ist nicht nur das Arbeitsorgan der Milchkuh, es bildet auch die Basis für Wohlbefinden und gute Leistung. Eine gestörte Eutergesundheit, erhöhte Zellzahlen, führen denn neben Leistungseinbrüchen auch infolge von Schwellung und Entzündung zu Schmerzen. Zudem bedeutet veränderte Milch, die nicht abgeliefert werden darf, mehr Arbeit, zusätzliche Kosten und das Risiko, dass sich eine Infektion unbemerkt weiter ausbreitet.
Ein im Rahmen des Projektes #FitForCows entwickeltes Ampelsystem hilft, die Tierbeobachtung zu verfeinern und frühzeitig auf Störungen reagieren zu können. So ist es möglich, die multifaktoriellen Einflussfaktoren auf die Eutergesundheit im Griff zu behalten.

So funktioniert die Eutergesundheits-Ampel:

  • Grün: Kein Handlungsbedarf
  • Gelb: Leichte Veränderung: Einzeltier beobachten, wenn mehr als zwei Kühe betroffen sind, Kontrolle des Herdenmanagements, Risiken abstellen
  • Rot: Schwerwiegende Veränderung: Akuter Handlungsbedarf! Ggfs. Tierarztpraxis einschalten

GRÜN: Die Eutergesundheit ist okay

Die Kühe in der Herde haben hoch über dem Sprunggelenk aufgehängte Euter, die sich gut melken lassen. Bauch-und Schenkeleuter befinden sich auf einer Höhe. Die Zitzen sind nicht zu dick, richtig positioniert und lang genug, sodass Melkzeuge einfach angesetzt werden können und keine Luft ziehen.
  • Mehr als 70 % der Herde haben in der aktuellen Milchkontrolle Zellzahlen/ml bis 100.000. In der ersten Kontrolle nach der Kalbung zeigen nur wenige vorher eutergesunde Kühe einen Zellzahlanstieg.
  • Die Neuinfektionsrate in der Trockenperiode liegt unter 15 %. Im Melkstand fallen monatlich weniger als 2 % der melkenden Kühe mit Mastitissymptomen auf, müssen behandelt und in die Kanne gemolken werden.
  • Regelmäßig wird die Milch von „Flockenkühen“ im Labor untersucht. Dabei gibt es keinen Nachweis von ansteckenden Mastitiserregern.
  • Die Überwachung der Eutergesundheit erfolgt kontinuierlich und ist ein festgelegtes Managementziel.

Mastitismilch sollte regelmäßig im Labor untersucht werden. (Bildquelle: Weerda)

GELB: Risikofaktoren identifizieren und abstellen!

In der Herde gibt es einen höheren Anteil an Kühen mit tiefhängendem Euter, zu dicken Strichen und Engstand der Zitzen. Beim Blick auf die Milchkontrolldaten weisen die folgenden Zellzahlabweichungen – jede für sich - auf ein erhöhtes Mastitisrisiko hin:
  • Nur noch die Hälfte (50 %) der Kühe sind eutergesund und weisen in der Milchkontrolle Zellzahlen bis 100.000/ml auf.
  • Jede vierte gesunde Kuh (25 %) infiziert sich neu in der Trockenperiode (> 100.000 Zellen/ml).
  • Der Anteil an Kühen, die mehr als dreimal über 700.000 Zellen/ml Milch (chronisch euterkrank mit schlechten Heilungsaussichten) lagen, liegt bei 2 %. Bei Letzteren wird eine antibiotische Therapie keine zufriedenstellenden Heilungsraten mehr erreichen können. Im Melkstand fällt jede zehnte Kuh mit rauen, verdickten Ringen (Hyperkeratosen) an mindestens einer Zitzenspitze auf. Diese Zitzenkondition erschwert einen guten Zitzenschluss und erleichtert es Umwelterregern in das Viertel vorzudringen.
  • Milchproben wurden schon lange nicht mehr zur Untersuchung ins Labor geschickt. Ein Maßnahmenplan kann helfen, die Ursachen kontinuierlich abzustellen und den Erfolg zu kontrollieren.

ROT: Jetzt zügig handeln!

Akuter Handlungsbedarf besteht, wenn mindestens einer der folgenden Befunde erhoben wird:
  • Ein Blick in die Milchkontrolldaten zeigt, dass nur noch jede fünfte Kuh eutergesund ist.
  • Über 40 % der Kühe infizieren sich in der Trockenperiode neu mit Mastitiskeimen.
  • Mehr als 5 % der Kühe zeigen dauerhaft (mehr als dreimal hintereinander) sehr hohe Zellzahlen (> 700.000 /ml). Sie zählen zu den chronisch euterkranken Kühen mit schlechten Heilungsaussichten. Beim Melken fällt jede fünfte Kuh mit chronischen Zitzenkonditionsmängeln auf. Einige Tiere zeigen akute Zitzenkonditionsstörungen (Quetschungen, Blutergüsse) oder Zitzenhauterkrankungen (z.B. Warzen).
  • Mehr als 8 % der Kühe müssen wegen verändertem Milchsekret (Flocken) in die Kanne gemolken werden.
  • Bei der Milchprobenuntersuchung werden ansteckende Mastitiserreger (Sc. agalactiae, St. aureus, Mykoplasmen) nachgewiesen.

Eine Zitze mit Hyperkeratose schließt nicht mehr gut. (Bildquelle: Weerda)

Sofortmaßnahmen

Kühe mit klinischen Symptomen müssen sofort tierärztlich behandelt werden. Treten akute Zitzenprobleme auf, müssen umgehend die Einstellungen der Melktechnik, der Zustand der Zitzengummis und die Melkarbeit kontrolliert werden. Bei Infektionen an der Zitzenhaut müssen sofort und ausnahmslos Einmal-Eutertücher zum Vorreinigen eingesetzt und desinfizierend gedippt werden, um die Hauterreger nicht weiterzuverbreiten. Beim Nachweis ansteckender Keime, wird ein Prophylaxe- und Therapieplan mit dem Tierarzt oder der Tierärztin erarbeitet.
Wenn die Euterkennzahlen (ROT) umgehendes Handeln erfordern, ist neben den Sofortmaßnahmen eine systematische Risikoanalyse im Bestand wichtig, um die Probleme langfristig loszuwerden. Die Eckpunkte sind immer gleich:
  1. Mastitismilchproben im Labor untersuchen lassen (Leitkeimbestimmung)
  2. Erregerquellen identifizieren und Überprüfung der Faktoren, die zur Weiterverbreitung beitragen
  3. Kontrolle der Risikofaktoren (Körper- und Zitzenabwehr)
  4. Erstellen eines betriebs- und leitkeimspezifischen Bekämpfungsplans
Fazit: Das Ampelsystem hilft, die Tierbeobachtung zu verfeinern und frühzeitig auf Störungen reagieren zu können. Nur so ist es möglich, die multifaktoriellen Einflussfaktoren auf die Eutergesundheit im Griff zu behalten.

Mehr Wissen und Praxistipps im kostenfreien, digitalen Ausbildungstool #fitforcows

(Bildquelle: elite)

Das Projekt #FitForCows soll den Blick von Milcherzeugerinnen und Milcherzeugern schulen, damit diese zügig auf Veränderungen am Tier reagieren können und Abhilfe schaffen. Ziel ist die Verbesserung des Tierschutzes im Kuhstall. Bei dem Projekt steht der Wissenstransfer aus der Wissenschaft in die Praxis im Mittelpunkt. Im Rahmen eines digitalen Ausbildungstools und einer kostenlosen App (verfügbar ab Herbst 2024) kommt ein neu entwickeltes Ampelsystem zum Einsatz. Die Eutergesundheit ist dabei eine von mehr als zehn verschiedenen E-Learning-Einheiten.

(Bildquelle: elite)

 
 
 


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