Familie Lassen wollten sich nicht länger rechtfertigen, dass sie die Kälber nach der Geburt von den Müttern trennen. Jetzt bleiben die Kälber zunächst bei der eigenen Mutter, dann bei Ammen.
„Wie engagieren uns sehr in der Öffentlichkeitsarbeit und veranstalten Führungen auf dem Hof. Die Verbraucher fragten mich häufig, wann ich die Kälber von ihren Müttern trenne und warum ich das tue“, erzählt Gert Lassen. „Ich wollte mich nicht länger dafür rechtfertigen müssen, dass ich...
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„Wie engagieren uns sehr in der Öffentlichkeitsarbeit und veranstalten Führungen auf dem Hof. Die Verbraucher fragten mich häufig, wann ich die Kälber von ihren Müttern trenne und warum ich das tue“, erzählt Gert Lassen. „Ich wollte mich nicht länger dafür rechtfertigen müssen, dass ich die Kälber nach der Geburt von ihren Müttern trennen, deshalb haben wir im Januar 2019 die mutter- bzw. ammengebundene Kälberaufzucht eingeführt.“
Wir wollten uns nicht länger rechtfertigen müssen.“
Gert Lassen
Nach den ersten 14 Tagen kümmert sich eine Amme um vier Kälber. Insgesamt 25 Ammenkühe ziehen auf Ellinglund Økologi die weiblichen Kälber auf.
(Bildquelle: Hagemann)
Ausgeklüngeltes System
Es ist laut beim Betreten des Aufzuchtstalls. Die Mitarbeiter setzen gerade einige der 14 Tage alten Kälber von ihren Müttern ab und teilen sie den Ammen zu. Bis zu diesem Zeitpunkt waren Kuh und Kalb zusammen in einer separaten Box. Den Kälbern scheint die Abnabelung von ihren Müttern nichts auszumachen. „Sie sind ruhig und zufrieden, solange sie ein gut gefülltes Euter vor der Nase haben“, weiß Lassen. „Wem das Euter gehört, ist ihnen letztlich egal.“ Anders empfinden das wohl ihre Mütter, denn sie muhen und rufen ihrem Nachwuchs laut nach, als sie zurück in die Milchkuhherde gestallt werden.
Die Aufzucht im Tiefstreustall läuft wie folgt ab:
Das Kalb verbringt die ersten zwei Wochen mit seiner Mutter in einer Einzelbox.
Die Mutter wird weiterhin drei Mal täglich gemolken; zwischen den Melkzeiten 2 und 3 verbleibt sie in der Herde im Kuhstall.
Nach 14 Tagen wird das Kalb der Ammentante anvertraut.
Eine Amme kümmert sich um etwa vier Kälber. Es sind immer zwei Ammenkühe mit insgesamt acht Kälbern zusammengestallt.
Das Kalb bleibt die nächsten vier bis sechs Wochen in dieser Gruppe mit den zwei Ammen und acht Kälbern.
Anschließend wechselt die Amme mit „ihren“ vier Kälbern in die große Gruppe mit etwa acht bis zehn Ammen-Kühen (32 bis 40 Kälber). Diese Gruppe geht von April bis Oktober täglich für einige Stunden auf die Weide.
Nach vier bis fünf Monaten werden die Kälber von der Amme abgesetzt. Dazu werden sukzessive die ersten Ammenkühe aussortiert, so dass letztlich zehn Kälber für eine Woche an einer Kuh trinken. Dann wechseln die Kälber den Rinderstall.
Interessant ist, dass die Kälber auch an anderen Eutern als an dem eigenen Amme saufen. Gert Lassen hat schon beobachtet, dass manche Kälber sich umentscheiden, wenn sie in die große Gruppe wechseln und plötzlich nicht mehr bei „ihrer“ Amme trinken, sondern sich ein neues Euter suchen.
Nur wenige Kühe finden wieder den Weg zurück
Zu Beginn hat Lassen einiges ausprobiert und auch Lehrgeld bezahlt. „Beispielsweise dachte ich, wenn ich Kühe mit hohen Zellzahlen oder mit Klauenproblemen vorübergehend als Ammentante nutze (in Dänemark werden die Ammenkühe als Ammentanten bezeichnet), kann ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Problemkühe können sich regenerieren und die Kälber können an der Kuh bleiben. Doch leider lassen sich die meisten Kühe nach einem Jahr nicht wieder problemlos wieder in die Milchkuhherde integrieren. Auch verbessert sich die Eutergesundheit leider nicht. Zudem gaben im Melkkarussell viele Kühe die Milch nicht mehr her. So finden nur rund 20% der Ammentanten nach dem Absetzen der Kälber wieder zurück in die Herde, schildert der Milcherzeuger. „Die übrigen müssen dann leider irgendwann den Gang zum Schlachthof antreten.“ Nicht geeignet als Ammen sind auch Kühe, die im Melkstand nicht am Euter angefasst werden möchten, denn diese möchten auch nicht von Kälbern am Euter berührt werden.
Der Betriebsleiter Gert Lassen setzt auf die Dreirassenkreuzung aus Holstein x Montbeliarde x Rotvieh und auf mutter- / ammengebundene Kälberaufzucht.
(Bildquelle: Hagemann)
Sozial geprägte Kälber
Ein Nachteil der muttergebundenen Aufzucht ist der hohe Platzbedarf. Die fallen Kosten für die Aufzucht höher aus, weil die Kälber so viel Vollmilch trinken können, wie sie mögen. Doch da Hof Ellinglund ein Bio-Betrieb ist, müssen hier die Kälber sowieso relativ lange mit Vollmilch getränkt werden.
Schwieriger gestaltet sich auch die Kälberbeobachtung . Diese erfolgt jetzt, wenn die Mütter zum Melken bzw. die große Gruppe auf die Weide getrieben werden. Die Zeit, die früher zum Tränken der Kälber aufgewandt wurde, wird nun zum Treiben und Umstallen benötigt.
Die Vorteile der Aufzuchtmethode sieht Lassen in der guten Gesundheit (Durchfall ist kein Problem mehr), den hohen Tageszunahmen und auch in dem ausgeprägteren Sozialverhalten der Kälber . In der Gruppe spielen die Kälber bedeutend mehr und durch den Weidegang kennen sie bereits den Umgang mit Menschen, das Treiben, den Elektrozaun und das Gras fressen. Die Kälber sind recht menschenbezogen. Das erleichtert später den Umgang mit ihnen.