Wer Treibewege im Kuhstall durchdenkt und Tore an der richtigen Stelle platziert, kann Zeit sparen und Stress verhindern. Tipps von Tierärztin Virpi Kurkela.
Kuh Nummer 821 soll in den Separationsbereich. Das Problem: Sie liegt am anderen Ende des Stalls gemütlich in einer Liegebox. Soll nur eine Person diese Aufgabe unter Zeitdruck erledigen, kann dieses Szenario schnell zu einer Geduldsprobe werden. Wenn die Kuh einfach nicht in die richtige Richtung laufen will und sich immer wieder umdreht kann das den Treiber ganz schön ins Schwitzen bringen. Am Ende sind alle gestresst, der Mitarbeiter genauso wie die Kuh.
Umgruppierungen und das Treiben von Kühen gehören zum Arbeitsalltag im Betrieb. Um Stress für Mensch und Tier zu reduzieren, sollten die Treibewege so einfach wie möglich und mit so wenig Personenkontakt wie möglich ablaufen. Das Ziel: Eine Person treibt die Kuh entspannt von A nach B. (Wie Sie Kühe entspannt von A nach B treiben, lesen Sie hier). Funktionale Tore helfen, den Kuhverkehr im Stall zu lenken und zu leiten.
Kühe unkompliziert separieren
Kein Platz für einen Wartebereich vor der Melkeinheit? Wollen Sie Treibewege im Stall abtrennen, haben aber keinen Platz für praxisübliche Schwingtore? Kein Problem. Bauen Sie eine Hubschranke ein. Diese nach oben zeigende Schranke lässt sich zum Schließen mit wenig Kraftaufwand nach unten ziehen. So entsteht innerhalb von wenigen Sekunden eine flexible Abtrennung. Die Tore sind meist flexibel in der Länge und können über Bereichen mit unterschiedlichen Breiten angebracht werden.
Schiebe- und Wendetore eignen sich ebenfalls dort, wo Gruppen separiert werden sollen. Überall dort, wo zu wenig oder keinen Platz für normale Schwingtore gibt, bieten sich Schiebe- und Wendetore an. Das Schiebetor wird zum Öffnen vertikal nach oben geschoben, das Wendetor Öffnen um 90° gedreht. Soll das Tor nicht täglich geöffnet, ist das Schiebetor eine gute Lösung. Wird das Tor hingegen jeden Tag mehrfach geöffnet, empfiehlt sich das Wendetor. Dieses in der Handhabung im täglichen Gebrauch etwas leichter, da es zum Öffnen weniger Kraft benötigt. Jedoch ist wegen der Richtung etwas mehr Platz nötig als beim Schiebetor.
Beide Tore sind stabil genug und halten es aus, wenn Kühe sich an ihnen reiben oder bei Brunst Kontakt zu ihren Nachbarinnen suchen. Daher sind diese Tore gut für länger andauernde Gruppentrennungen geeignet.
Kühe laufen nicht gerne dahin, wo etwas außerhalb ihres Sichtfeldes liegt, also z. B. um Ecken. Die Lösung: Gebogene Tore. Diese sind besonders für die Stellen im Kuhstall geeignet, an denen Kühe um Ecken oder Kurven laufen. Dafür können normale Schwingtore gebogen werden. Gerade dort, wo Kühe jeden Tag mehrfach entlang gehen sollen, lohnt es sich, die Wege an die Wege und Tore an die Kühe anzupassen, nicht andersherum! Geben Sie sich nicht mit Standardlösungen zufrieden. Fragen Sie z.B. den nächstgelegenen Schmied, ob er Ihnen bestehende Tore „abrundet“.
Zuweilen laufen Kühe nach dem Melken zurück in Richtung Melkstand und blockieren dort den Ausgang. Dann verschaffen Einwege-Tore Abhilfe, z.B. mit zwei Flügeln. Sie eignen sich für alle Verkehrswege im Stall mit einer Laufrichtung. Bewährt hat sich z.B. in AMS-Betrieben, einen am Futtertisch liegenden Bereich im Ausgangsbereich des AMS mit einem Einwegetor vom Laufbereich der Kühe abzutrennen. So können die Kühe nach dem Melken entspannt fressen, ohne von anderen Kühen gestört zu werden.
Wichtig für die effiziente Nutzung von Toren im Stall ist, dass die Kühe die Tore kennen und sie zu nutzen wissen. Dafür kann es helfen, bereits im Jungviehstall ein Tor einzubauen. Geeignet sind dafür z. B. Einwege-Tore, die stets geöffnet sind und nur einige Male z.B. vor dem Füttern geschlossen sind, sodass die Tiere hindurch gehen müssen, um ans Futter zu gelangen.
Ohne Training kann es sonst passieren, dass die Tiere planlos vor einem Tor stehen, bis sie sich den Durchgang bei einer älteren Kuh abgucken. Zudem empfiehlt die finnische Tierärztin, gute Qualität zu wählen und nicht auf günstige zu setzen.
„Sparen Sie nicht an der Qualität. Denken Sie daran, dass Tore ein Hilfsmittel sind, das Sie jeden Tag im Kuhstall benutzen.“
Virpi Kurkela (Tierärztin)
Übrigens: Nicht nur die Kühe, auch die Personen im Kuhstall können durch Tore gelenkt werden. Dafür helfen schmale Durchgänge nur für Menschen an den richtigen Stellen im Stall, Personenschlupfe. Sie erhöhen die Arbeitssicherheit, wenn sie z. B. ein schnelles Ausweichen ermöglichen,etwa im Jungrinderstall. Diese Schlupfe dürfen nur bis 40 cm breit sein, damit sie Kühe zurückhalten.
Personenschlupf: Diese Tore sparen Zeit und erhöhen die Arbeitssicherheit.
(Bildquelle: Weerda)
Im folgenden Video sehen Sie die verschiedenen Tore im Einsatz:
Tore im Kuhstall können die Arbeitsqualität für mitarbeitende Familienmitglieder erhöhen, weiß Virpi Kurkela. So sind besonders die Hubschranken so einfach zu bedienen, dass eine Person alleine Kühe treiben und separieren kann.
Die körperliche Anstrengung ist dabei nicht hoch, die Arbeitssicherheit hingegen schon, sodass auch ältere oder jugendliche Familienmitglieder die Tore einfach bedienen können und mit in die Arbeit im Kuhstall mit einbezogen werden können. Gerade auf Familienbetrieben können so alle arbeitswilligen Familienmitglieder mit in den Arbeitsalltag eingebunden werden und z.B. abends auch noch kalbende Kühe separieren.
Und die Kühe? Sind entspannt und produzieren Milch, ganz ohne Stress.