Bürokratie-Abbau: Wer packt das jetzt an?

Herr Nussel, Sie sind seit sieben Jahren Beauftragter für Büro­kratieabbau bei der Staats­regierung in Bayern. Was haben Sie bisher im Bereich Landwirtschaft erreicht?

Walter Nussel: Als wichtigen Erfolg sehe ich, dass wir in Bayern im ­Kabinett jedes Thema, also auch landwirtschaftliche Themen, seit 2018 einem Praxis-Check unter­ziehen. Das heißt, wir haben neben der Verwaltung immer Fachleute aus der Praxis dabei, die sagen, wo die Probleme draußen liegen und was ­umsetzbar ist. So sind beim Thema Gewässerrandstreifen auch immer Landwirte ein­gebunden. Beim Bau von ­Güllebehältern geben wir den Landkreisen mit dem „Gruber Modell“ eine Hilfe­stellung, damit sie nicht mit einem Chemiebehälter gleichgesetzt werden müssen.

Wenden die zuständigen Baubehörden z. B. das Gruber Modell flächendeckend an?

Nussel: Leider nein. Nicht alle bayerischen Landkreise wenden das Gruber Modell oder vergleichbare Lösungen an, es ist nicht verbindlich.

Warum setzen die Behörden die Auf­lagen trotzdem unnötig höher?

Nussel: Jeder Beamte will sich absichern, damit ihm nichts passieren kann. Oftmals geben die Gesetze das aber gar nicht her! So schrauben wir die Bürokratiespirale immer weiter nach oben. Hier brauchen wir einen Wandel in den Köpfen! Übrigens sorgt ja nicht nur die staatliche Verwaltung für mehr Bürokratie, sondern auch die nicht-staat­lichen Institutionen, wie z. B. die Berufsgenossenschaften!

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit wir nennens­wert Bürokratie abbauen können?

Nussel: Ich sehe in mehr ­Digitalisierung eine Chance, dass uns das gelingt. Allerdings ist dafür unser enorm hoher Datenschutz ein Hemmnis. In anderen EU-­Ländern funktioniert vieles schneller, weil sie sich nur auf die europäische Daten­schutzgrundverordnung ­beschränken, aber nicht noch wie wir in Deutschland ­zusätzliche nationale Hürden aufgebaut haben. Letztlich brauchen wir auch beim Bund vergleichbare Stellen, die sich nur um den Büro­kratieabbau kümmern und die in die ­Länder vernetzt sind. Wichtig ist auch, dass jeder Einzelne mitzieht.