Bei klirrender Kälte und nasskalten Temperaturen denkt man schnell an die Kälber. Vor allem in Außenklima-Ställen. Ist den Kleinen warm genug, liegen sie trocken, zieht es? Verbrauchen sie womöglich im Kampf gegen den Kältestress zu viel Energie, die sie sonst ins Wachstum stecken würden? Da kommt häufig die Frage auf, ob eine Decke zum Schutz gegen die Kälte hilft.
Kälberdecken: ja oder nein?
Die Frage hat sich Herdenmanager Hilmar Zarwel gestellt und einen kleinen...
Bei klirrender Kälte und nasskalten Temperaturen denkt man schnell an die Kälber. Vor allem in Außenklima-Ställen. Ist den Kleinen warm genug, liegen sie trocken, zieht es? Verbrauchen sie womöglich im Kampf gegen den Kältestress zu viel Energie, die sie sonst ins Wachstum stecken würden? Da kommt häufig die Frage auf, ob eine Decke zum Schutz gegen die Kälte hilft.
Kälberdecken: ja oder nein?
Die Frage hat sich Herdenmanager Hilmar Zarwel gestellt und einen kleinen „Erfahrungs-Test“ bei den Tieren der Lehr- und Versuchsanstalt Iden durchgeführt. Vom 1. Dezember 2020 bis zum 31. März 2021 bekam jedes zweite Kalb eine Decke. Die übrigen Kälber überwinterten ohne Decke. Als Vergleichskennzahl zog er die Tageszunahmen heran. Die Ergebnisse:
- Der Unterschied zwischen den Gruppen war über den gesamten Winter betrachtet nicht signifikant.
- Bei genauer Betrachtung der einzelnen Wintermonate zeigte sich jedoch, dass in den besonders kalten Monaten von Dezember bis Februar die mittleren Zunahmen der Kälber mit Decke numerisch höher lagen.
- Ein genau umgekehrtes Ergebnis war im März zu beobachten. Die Kälber ohne Decke nahmen in diesem Monat durchschnittlich mehr zu.
Hilmar Zarwel schlussfolgert daraus, dass bei starker Kälte eine Decke sinnvoll ist, bei moderaten Temperaturen aber eher kontraproduktiv.
Vergleich der Tageszunahmen (g/d)
Was sagt die Forschung?
Ob alle Kälber prophylaktisch im Winter eine Decke brauchen, darüber sind sich die Experten uneinig. In einer britischen Studie konnten die eingedeckten Kälber bis zum Abtränken höhere Zunahmen erreichen. Andere Wissenschaftler fanden hingegen keine signifikanten Unterschiede. So auch eine Studie des Instituts für Tierproduktion Mecklenburg-Vorpommern in Dummerstorf.
Und was heißt das für die Praxis?
Sowohl wissenschaftliche Studien als auch betriebsindividuelle „Selbstversuche“ zeigen, dass es nicht die eine Lösung für den Einsatz von Kälberdecken gibt. Es kommt auf den Stall, die Außentemperatur und die Gesundheit der Kälber an und muss betriebsindividuell abgewogen werden.
Wer sich unsicher ist, kann auf dem eigenen Betrieb einen kleinen „Selbstversuch“ durchführen, so wie ihn Hilmar Zarwel gemacht hat. Dementsprechend kann jeder Milcherzeuger selbst entscheiden, ob Kälberdecken im eigenen Betrieb sinnvoll sind und wenn ja in welchem Umfang (Jahreszeit, Dauer, Tiere etc.). Als Kontrollinstrument eignen sich immer die Tageszunahmen sowie Gesundheitsdaten. Sowieso lohnt es sich die Kälber regelmäßig zu wiegen und die Tageszunahmen zu kontrollieren.
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Vorbeugend alle Kälber einzudecken ist aber nicht unbedingt erforderlich. Ein langes Eindecken kann außerdem dazu führen, dass sich das Haarkleid schwächer entwickelt. Wenn die Decke abgenommen wird, hat das Kalb kaum einen natürlichen Schutz durch das Fell. Deshalb empfiehlt sich besser ausreichend trockene und lose Einstreu (Langstroh) für alle Kälber zur Verfügung zu stellen. Daraus können sie sich ein warmes Nest bauen.
Wichtige Tipps zum Einsatz von Kälberdecken:
1. Immer sinnvoll: Junge oder kranke Kälber an kalten Tagen
Wenn es so richtig kalt ist, kann eine Decke für die ganz kleinen oder kranke Kälber sehr sinnvoll sein. Richtig kalt heißt Temperaturen unter 10 °C und die ganz kleinen Kälber sind jünger als drei Wochen. Die haben kaum schützende Fettreserven und leiden schneller unter der Kälte als ältere Tiere. Kalt kann ihnen bereits ab 15 °C werden, während ältere Kälber bis 4,5 °C keinen Kältestress bekommen. Die Decke hilft, die Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Wichtig ist darauf zu achten, dass die Kälber vor dem Eindecken richtig trocken sind. Deshalb empfiehlt es sich frisch neugeborene Kälber die ersten 24 Stunden unter einer Wärmelampe zu trocknen.
2. Wenn Decke, dann richtig – Was gilt es beim Einsatz von Decken zu beachten?
- Das Fell muss trocken sein!
- Nur so lange wie nötig eindecken!
- Braucht das Kalb die Decke nicht mehr, sollte sie am besten morgens abgenommen werden. Das Kalb kann sich den wärmeren Tag über akklimatisieren.
- Nasse und stark verschmutzte Decken austauschen!
- Kontrolle: Gurte nachstellen, auf den richtigen Sitz und Scheuerstellen untersuchen und überprüfen, ob das Fell unter der Decke feucht ist.
Das ist die optimale Kälberdecke:
- Maschinenwaschbar bis 60 °C
- atmungsaktiv
- wasserabweisende Oberfläche
- Gurte zum Befestigen aus weichem, nicht einschneidendem Material
- mit Schnellverschlüssen (Klettverschlüsse sind schwer zu reinigen)
- an die Größe des Kalbes anpassbar
3. Regelmäßige Reinigung und Desinfektion
- Vorreinigen der Decken mit Hochdruckreiniger oder Kaltwasser und Bürste, um festgetrocknete Kot- und Milchreste zu entfernen
- Waschen in der Waschmaschine bei mindestens 60 °C mit ausreichend Waschpulver
- Schnelles Trocknen der Kälberdecke zum Beispiel im Trockner
- Desinfektion der Kälberdecken mit geeigneten, antiparasitären, in der Liste der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) gelisteten Desinfektionsmittel mit nachweislicher Eignung gegen Cryptosporidien
Dabei ist darauf zu achten, dass die Kälberdecke sowohl für den Waschgang in der Maschine als auch für den Trockner geeignet ist. Mehr dazu:
Die Kälberdecken regelmäßig reinigen und desinfizieren!
Quelle: u.a. Hilmar Zarwel, AHDB Dairy
Kälberdecken können in der kalten Jahreszeit sehr junge oder erkrankte Kälber dabei unterstützen, ihre Körpertemperatur zu regulieren. Wir zeigen Ihnen wann der Einsatz wirklich sinnvoll ist.