Weidemanagement

AMS und Weide: Tipps aus der Praxis 

Mit diesen Tipps lässt sich ein erhöhter Nachtreibeaufwand und Milchleistungsverluste beim Weidegang für Kühe, die am Melkroboter gemolken werden, verhindern.

Bei der Kombination von Weide und Automatischem Melken muss es Milcherzeugern gelingen, die Kühe dazu zu motivieren, sich mehrmals täglich von allein zwischen Weide (Fressen) und Stall (Melkungen, Auslastung AMS) hin- und herzubewegen. Dabei gilt es aus arbeitswirtschaftlichen Gründen, den Nachtreibeaufwand so gering wie möglich zu halten.
Dass das gelingt, wird vor allem durch zwei Dinge maßgeblich beeinflusst, zeigt eine Studie der Hochschule Osnabrück, in der die Weidestrategien von 16 AMS-Betrieben mit Weidegang untersucht wurden:
  • Je geringer die Stall : Weide-Entfernung war, umso weniger Kühe mussten zum Melken reingeholt/nachgetrieben werden. Bei einer Entfernung von 50 m waren dies z.B. nur vier bis fünf Tiere pro Tag (7%). Waren Weide und AMS über 300 m voneinander entfernt, waren es mehr als die Hälfte der Kühe (53%), die nicht von allein zum Melken zurück in den Stall kamen.
  • Auch die Länge der Weidedauer beeinflusste die Anzahl der nachzutreibenden Kühe. So blieben deutlich mehr Tiere nach einer kurzen Weidezeit (weniger als 6 h) auf der Fläche zurück (56 %), wogegen bei einer Weidedauer von mehr als 12 Stunden nur 29 % der Tiere nachgetrieben werden mussten. 
  • Zudem beeinflusste die Witterung das Laufverhalten der Kühe stark. Bei sehr heißem oder regnerischem Wetter blieben die Kühe eher im Stall, worunter die Futteraufnahme aus der Weide litt.

Diese Anreize halten die Kühe am Laufen

Um den Nachtreibeaufwand gering zu halten, gilt es Anreize zu schaffen, sodass die Kühe trotz weit entfernter Weidefläche von selbst zum Stall zurück kehren bzw. vom Stall zurück auf die Weide gehen.

Um den Melkroboter trotz Weidegang möglichst gleichmäßig über 24 h auszulasten (und Kuhstaus zu verhindern), ist ein ausgeklügeltes und konstantes Management von Weide, Stall und Zufütterung nötig. (Bildquelle: Berkemeier)

  • Anreize, um in den Stall bzw. zum AMS zurück zu kehren:
Neben der Kraftfuttergabe im Melkroboter lockt die Kühe eine gezielte, häufigere Vorlage von ergänzendem Raufutter bzw. der Teil-TMR in den Stall sowie ein Anschieben der Futterration. Etwa zu den Zeiten, in denen die Kühe tendenziell am schlechtesten Laufen (wenigste Melkungen) und wenn es gilt Kühe zu kontrollieren/zu besamen usw. .
Ein angenehmes Stallklima, auch insbesondere vor und in der Melkeinheit, lockt die Kühe insbesondere bei heißen Tagen zum Roboter bzw. in den Stall. Siehe auch Das Laufverhalten fördern – die Melkbox muss ein schöner Ort sein! 
Neuer Weidezugang nach dem Melken: Das Wissen über den Zugang zu frischem Gras nach einer Melkung  motiviert die Kühe ebenfalls sehr gut, mehrmals pro Tag von der Weide zur Melkbox zu laufen. Das erfordert allerdings, eine tägliche bzw. mehrmals pro Tag erfolgende Zuteilung von frischem Gras.
  • Anreize, um auf die Weide zu gehen:
Das beste Mittel, die Kühe zum Gang auf die Weide zu motivieren, ist dass sie sich darauf verlassen können, bei jedem Gang auf die Weide (nach jeder Melkung…) frisches, schmackhaftes Weidegras vorzufinden, und nicht nur einen Rest.
Das gilt insbesondere, wenn weite Stall-Weide-Entfernungen vorliegen und hohe Futteraufnahmen aus der Weide angestrebt werden. Ein Mehrflächensystem (Portionsweide/Rotation) ist hier das Mittel. Der Arbeitsaufwand für das Zuteilen frischer Weide (Zu- und Abzäunen) mehrmals am Tag bedeutet allerdings einen hohen Arbeitsaufwand.
Automatische, mit dem Melksystem gekoppelte, Weideselektionstore erlauben es, die Kühe gezielt zu steuern und können den, für das Zäunen erhöhten Arbeitsaufwand ausgleichen. 

Selektionstore regeln den Weidezugang 

Automatische gesteuerte Weideselektionstore ermöglichen es, die Kühe nur mit einem bestimmten Melkanrecht und nach Uhrzeit auf die Weide zu lassen. Sind sie noch nicht gemolken bzw. ist ihr Melkanrecht schon zu hoch, werden sie nicht auf die Weide gelassen. Gleichzeitig bieten die mit der Melkeinheit gekoppelten Selektionstore die Möglichkeit z.B. Altmelker (geringer Euterdruck) oder Frischmelker (zu Laktationsanfang kein Weidegang) gesondert zu behandeln.
Der Einsatz der Tore reduziert den Anteil der von der Weide zu holenden Kühe deutlich. Zahlen aus einer Praxisstudie der HS Osnabrück (siehe oben) belegen das:
  • AMS-Betriebe mit Selektionseinheit (SE) mussten 36 % weniger Kühe von der Weide nachtreiben, als Betriebe ohne Weideselektionstor (78 %). Entsprechend geringer kann der durch die Weide bedingte zusätzliche Arbeitsaufwand geringer ausfallen. 
  • Außerdem konnten die Betriebe mit SE +0,2 mehr Melkungen pro Kuh und Tag erreichen (2,6 vs. 2,4).

Wichtig bei der Platzierung von Weideselektionstoren ist viel Platz, damit die Kühe sich ungestört bewegen können.  (Bildquelle: Berkemeier)

Welches Weidetor passt zu welchem Weidesystem?

  • Zwei-Wege-Selektion
Eine Zwei-Wege-Selektion (Weide oder Stall) kann dort eingeführt werden, wo kein täglicher Flächenwechsel erfolgen muss und die Kühe nur begrenzt Weidezugang haben (z. B. bei Stundenweide auf Kurzrasen). 

Das Zwei-Wege-Tor steuert die Kühe entweder auf die Weide (rechts-vorne) oder zurück in den Stallbereich (links-hinten). (Bildquelle: Ostermann-Palz)

  • Drei-Wege-Selektion
Soll die Weide intensiv (Vollweide) genutzt und gleichzeitig das freiwillige Laufverhalten der Kühe aktiv gehalten werden, bietet sich eine Mehrflächen-Weide an. Hierbei werden zwei (AB) oder drei (ABC) Weideflächen parallel genutzt, zwischen denen die Tiere wechseln und damit in verschiedene Richtungen gesteuert werden müssen. Für solch ein Weidesystem ist ein Selektionstor mit mindestens drei oder mehr Wegen erforderlich.
Ein Ablauf einer Drei-Wege-Selektion wird in der folgenden „Diashow“ gezeigt. Hier dient der Betrieb von Jörg Schwarting-Vos als Beispiel, der bereits seit 2019 mit diesem System Milch produziert.
Weitere Details und Tipps zur Ausführung eines Weidemanagements mit Drei-Wege-Selektion in der Praxis findet ihr im folgenden Beitrag zu unserem Beispielbetrieb:

Im Rahmen eines Betriebsrundganges konnten sich an Weide und Melkrobotern interessierte Milcherzeuger vergangene Woche anschauen, wie Jörg Schwarting seine 130 Kühe trotz Vollweide am AMS am...


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