Das Wichtigste in Kürze:
- Durchfallerreger kommen in jedem Stall vor. Ob Durchfall auftritt, hängt von den Abwehrkräften des Kalbes ab.
- Kälber mit wässrigem Kot sollten umgehend mit Elektrolyttränken versorgt werden.
- Mithilfe von Schnelltests kann der krankmachende Erreger identifiziert werden.
- Kryptosporidium parvum gehört zu den Zoonosen und kann sowohl Menschen als auch andere Kälber krank machen.
- Werden Kryptosporidien oder Kokzidien nachgewiesen, ist Spezialdesinfektion nötig.
Die Durchfallsymptome erkennen
Erstes Anzeichen von Durchfall ist dünner, später wässriger Kot, der auch blutig sein kann. Die Kälber nehmen je nach Krankheitsgrad immer weniger Tränke auf und sind dann schnell unterzuckert, wenn sie nicht ausreichend mit Milch versorgt werden oder diese nicht mehr aufnehmen. Die Körpertemperatur reicht von Fieber (>39,5 °C) über Normal- bis zur Untertemperatur (<38,5 °C). In schweren Fällen liegen die Kälber mit eingesunkenen Augen fest und können nicht mehr selbstständig saufen. Schlimmstenfalls sterben sie ohne sichtbare, äußere Symptome an einer Blutvergiftung durch Bakteriengifte.
So richtig Durchfallkälber behandeln
Grundlage der Durchfall-Therapie ist die Zufuhr von Flüssigkeit, Elektrolyten, Puffersubstanzen und Energie (Milch). Je früher der Flüssigkeitsersatz beginnt, desto besser sind die Heilungschancen. Sobald die ersten Anzeichen von Durchfall sichtbar werden, sollten anfänglich dreimal täglich zwei Liter Elektrolytlösung angeboten werden. Die Milchtränke kann zeitgleich auf mehrere kleinere Portionen (ein bis zwei Liter) verteilt werden.
Bei ad-libitum-Milchtränke nur solche Elektrolyttränken verwenden, die mit Milch kompatibel sind. Beenden Sie die Elektrolytgaben erst, wenn die Kotkonsistenz wieder normal ist. Besonders Durchfallkälber brauchen Energie, deshalb muss Milch unbedingt weiter getränkt werden.
Spätestens dann, wenn Kälber nicht mehr selbstständig saufen, ist der Tierarzt einzuschalten. Der zunehmende Austrocknungsgrad wird sonst schnell lebensbedrohend. Der Tierarzt hat die Möglichkeit, große Infusionsmengen zu verabreichen und so verlorene Flüssigkeit zu ersetzen.
Wärmezufuhr (Rotlichtlampe), Kälberdecke, trockene und saubere Einstreu sowie geduldiges Anregen zum Trinken unterstützen den Heilungsverlauf. Eine Behandlung mit einem Antibiotikum ist nur dann erforderlich, wenn der Durchfall bakteriell bedingt ist, das Kalb Fieber hat und eine zusätzliche Krankheit wie Nabel- oder Lungenentzündung diagnostiziert wird.
Die Erregern identifizieren
Kälberdurchfall gehört zu den typischen Faktorenkrankheiten. Das bedeutet, dass ein gesundes Kalb mit einer geringen Menge Infektionserregern zurecht kommt. Kommen jedoch mehrere Stressfaktoren zusammen, wird das Kalb krank. Zu den infektiösen Ursachen gehören:
- Einzeller (Kryptosporidien)
- Viren (Rota- und Coronavirus)
- Bakterien (E. coli, Clostridien)
- Kokzidien („Rote Ruhr“)
Untersuchungen von Kotproben sind sinnvoll, um die beteiligten Erreger zu identifizieren und eine auf den Keim zugeschnittene Therapie einzuleiten. Das Tier darf nicht antibiotisch vorbehandelt sein, da sich dann die Erreger nicht mehr nachweisen lassen.
Der Kot muss frisch aus dem Enddarm des Kalbes entnommen werden. Schnelltestsysteme machen es möglich, innerhalb von wenigen Minuten zu zeigen, um welchen Durchfallerreger es sich handelt: Kryptosporidien, E.coli, Rota-Coronavirus oder Clostridien.
Was tun bei Kryptosporidien?
Beim Labornachweis von Kryptosporidien hilft die orale Eingabe von Halofuginon (Halagon, Halocur, Kriptazen). Vorsicht! Das Arzneimittel hat eine geringe therapeutische Breite und muss exakt dosiert werden. Sind Colikeime am Durchfallgeschehen beteiligt, kann Paromomycin (Parofor) unterstützend eingesetzt werden. Hefekulturen (z.B. von SmartCare) können signifikant die Dauer und Schwere der Infektion mit Kryptosporidien senken.
Entwicklungszyklus von pathogenen Kryptosporidien
- Im Tier/Mensch: Kryptosporidien sind Protozoen, die im Magen-Darm-Trakt leben. Sie sind wenig wirtspezifisch. Die pathoge Art Cryptosporidium parvum kommt auch beim Mensch vor.
- Infektion: Die Infektion erfolgt oral. Die Sporozoiten schlüpfen in den Darmepithelzellen. Dort vermehren sie sich und befallen weitere Darmzellen. Anschließend werden Oozysten ausgeschieden.
- In der Umgebung: Oozysten werden in der Regel ein bis zwei Wochen lang ausgeschieden, sind sehr ansteckend und nicht durch normale Reinigung und Desinfektion eliminierbar.
Was tun bei Kokzidien?
Werden Kokzidien bei Absetzern oder zugekauften Kälbern im Kot nachgewiesen, dann helfen kokzidienwirksame Arzneimittel. Zu den Wirkstoffen gehören beispielsweise:
- Diclazuril (Vecoxan, Diclazuril, Diacox)
- Toltrazuril (Baycox bovis, Toltranil) oder
- Sulfonamide (z.B. Bigram, Hefo trim)
- Diclazuril und Toltrazuril sind zur Metaphylaxe zugelassen, d.h. sie werden bereits vor dem erwarteten Kokzidien-Ausbruch eingesetzt. Diese Behandlung soll verhindern, dass die Infektion ausbricht oder zumindest die Symptome lindern.
- Neben der Therapie ist in diesem Fall auch die Desinfektion der Kälberbereiche mit einem kryptosporidienwirksamen Desinfektionsmittel nötig.
Mehr zum Beiträge Thema Kälberdurchfall:
Was tun bei Kryptosporidien? Kryptosporidiendurchfälle sind sehr schwer zu bekämpfen. In den letzten Jahren haben sie drastisch zugenommen. Was hilft gegen Kryptosporidien?
Ad libitum-Tränke ohne Durchfall: Viele Milcherzeuger haben Sorge vor vermehrtem Durchfall, wenn sie ihre Kälber ad libitum tränken. Zehn Tipps, wie das Tränkeregime gelingt.