Seit zwei Jahren sind Tierhalter verpflichtet, Eigenkontrollen zum Tierschutz durchzuführen, bisher ohne offizielle Vorgaben. Endlich gibt es praxistaugliche Ansätze, die Sie nutzen können.
Seit 2014 sind Eigenkontrollen im Tierschutzgesetz denjenigen vorgeschrieben, die Tiere zu Erwerbszwecken halten. Das wussten Sie nicht? Keine Sorge. Bisher...
Seit zwei Jahren sind Tierhalter verpflichtet, Eigenkontrollen zum Tierschutz durchzuführen, bisher ohne offizielle Vorgaben. Endlich gibt es praxistaugliche Ansätze, die Sie nutzen können.
Seit 2014 sind Eigenkontrollen im Tierschutzgesetz denjenigen vorgeschrieben, die Tiere zu Erwerbszwecken halten. Das wussten Sie nicht? Keine Sorge. Bisher kommen Sie bei einer Kontrolle wohl mit einer Verwarnung davon, wenn Sie keine Dokumentation über diese Eigenkontrollen vorzeigen können. Denn eine Vorgabe, wie diese auszusehen haben, gibt es bisher von offizieller Seite nicht.
Umso wichtiger ist es, eine Lösung zu finden, die sowohl die Behörden (hohe Aussagekraft) als auch die Milchviehhalter (vertretbarer Aufwand) und die Verbraucher (Probleme werden erkannt und abgestellt) akzeptieren und zufrieden stellt. Nicht zuletzt, um einem „Überstülpen“ von bürokratischen Vorgaben zuvorzukommen, haben verschiedene Forscherguppen Vorschläge für Checklisten entwickelt. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen!
Datenbasiert oder „Frag die Kuh“?
„Tiergerechtheit“ bedeutet im Falle des Tierschutzgesetzes, dass eine Kuh angemessen ernährt und gepflegt und so untergebracht werden muss, dass sie ihr natürliches Verhalten ausleben kann. Ihr dürfen keine Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden und der Betreuer muss fachkundig sein.
Grundsätzlich lässt sich ein Kuhstall auf zwei verschiedene Arten bewerten: entweder datenbasiert, dann geht es um Abgangsraten oder Krankheitshäufigkeiten. Oder nach dem Ansatz „Frag die Kuh“ – wie ist die Körperkondition der Tiere, wie dreckig sind sie, wie schnell legen sie sich ab? Während die Herdendaten anhand von Kennzahlen des LKV berechnet werden können, geht der zweite Ansatz nicht, ohne tatsächlich die Kühe im Stall anzuschauen. Doch welche Methode eignet sich am besten?
Eine Projektstudie in Sachsen-Anhalt hat 60 Betriebe anhand einer tiergesundheitlichen Risikoanalyse nach der Höhe der Kuhverluste 2014/15 ausgewählt und diese in zwei Gruppen eingeteilt: Die erste Gruppe wies mehr als 40% Merzungen oder mehr als 10% verendete Tiere auf, die zweite Gruppe weniger als 25% Merzungen bzw. weniger als 5% verendete Tiere. Auf 30 Betrieben wurden mittels MLP-Daten eine Reihe datenbasierter Kennzahlen erhoben. Zudem wurden dort insgesamt 11.732 Kühe „befragt“, Stoffwechselprofile angelegt und Haltungsparameter (u.a. Liegeboxenmaße, Lauf- und Fressgangbreiten) erfasst.
Zum Schluss wurden alle Ergebnisse zusammengefasst und überprüft, ob in Bezug auf den Tierschutz kritische Betriebe mit diesen Parametern hätten erkannt werden können. Ergebnis:
- Tiergerechtheit kann sowohl datenbasiert als auch mit der „Frag die Kuh“-Methode eingeschätzt werden. Daher eignen sich beide Ansätze, um die Pflicht zur Eigenkontrolle zu erfüllen.
- Der datenbasierte Ansatz beruht auf standardisierten MLP-Daten und sollte daher auch zwischen Betrieben gut vergleichbar sein. Vorteil: So lässt sich die Entwicklung des Betriebs bewerten.
- Bei der „Frag die Kuh“-Methode müssen alle Beteiligten die gleiche Auffassung einer lahmen Kuh oder eines BCS von 3 besitzen. Daher ist Training nötig. Zudem haben die Wissenschaftler festgestellt, dass Parameter, die auf Schmerzen oder Leiden hindeuten (z.B. dicke Gelenke, Technopathien, Lahmheit) stärker gewichtet werden müssen, wenn nur tierbezogene Merkmale verwendet werden.
- Stoffwechselprofile lassen Rückschlüsse auf das Management und die Fütterung zu. In dieser Untersuchung gab es aber keine Korrelationen mit den übrigen untersuchten Parametern, sodass Stoffwechselparameter nicht zur Bewertung von Tiergerechtheit herangezogen werden sollten.
- Am besten funktioniert eine Kombination von tierbezogenen „Frag die Kuh“-Elementen mit datenbasierten Kennzahlen. Dies erhöht die Sicherheit der Aussage und stellt sicher, dass die Kühe auch tatsächlich in Augenschein genommen werden. Denn eines stellt die Untersuchung klar: Durch bloßes Vermessen der Stalleinrichtung lässt sich nicht sagen, ob Kühe tiergerecht gehalten werden!
- Tiergerechtheit kann sowohl datenbasiert als auch mit der „Frag die Kuh“-Methode eingeschätzt werden. Daher eignen sich beide Ansätze, um die Pflicht zur Eigenkontrolle zu erfüllen.
- Der datenbasierte Ansatz beruht auf standardisierten MLP-Daten und sollte daher auch zwischen Betrieben gut vergleichbar sein. Vorteil: So lässt sich die Entwicklung des Betriebs bewerten.
- Bei der „Frag die Kuh“-Methode müssen alle Beteiligten die gleiche Auffassung einer lahmen Kuh oder eines BCS von 3 besitzen. Daher ist Training nötig. Zudem haben die Wissenschaftler festgestellt, dass Parameter, die auf Schmerzen oder Leiden hindeuten (z.B. dicke Gelenke, Technopathien, Lahmheit) stärker gewichtet werden müssen, wenn nur tierbezogene Merkmale verwendet werden.
- Stoffwechselprofile lassen Rückschlüsse auf das Management und die Fütterung zu. In dieser Untersuchung gab es aber keine Korrelationen mit den übrigen untersuchten Parametern, sodass Stoffwechselparameter nicht zur Bewertung von Tiergerechtheit herangezogen werden sollten.
- Am besten funktioniert eine Kombination von tierbezogenen „Frag die Kuh“-Elementen mit datenbasierten Kennzahlen. Dies erhöht die Sicherheit der Aussage und stellt sicher, dass die Kühe auch tatsächlich in Augenschein genommen werden. Denn eines stellt die Untersuchung klar: Durch bloßes Vermessen der Stalleinrichtung lässt sich nicht sagen, ob Kühe tiergerecht gehalten werden!
Kennzahlen reduzieren
Nun soll die Checkliste zur Eigenkontrolle nicht nur einen realistischen Eindruck vermitteln, sondern auch praxistauglich sein. Die bisherigen Kennzahlen sind jedoch nicht „mal eben“ zu erfassen. Darum war ein weiterer Ansatz des Projektes aus Sachsen-Anhalt, die aussagekräftigsten Parameter herauszufinden. Tiergerechte Haltung lässt sich demnach mit folgenden Kennzahlen bewerten (siehe auch Übersicht 1):
- Datenbasierte Kennzahlen: Merzungsrate Kühe, Verendungsrate Kühe, Abgänge bis 30. Laktationstag, Jungkuhabgänge, Anteil eutergesunder Kühe an der Herde, Färsen-Mastitisrate. Die Zahlen dazu finden Sie in HIT oder Ihrem MLP-Bericht. Kennzahlen zur Eutergesundheit (z.B. Färsen-Masitisrate) werden in manchen Bundesländern nur online ausgespielt (Übers. 2).
- Tierbezogene Kennzahlen: Verschmutzung von Hinterhand und Euter, Häufigkeit gelenksnaher Schwellungen, Lahmheits-Score, Technopathien (wunde oder haarlose Stellen an bestimmten Körperstellen). Zur Erfassung der tierbezogenen Kennzahlen sollten Sie Ihre Herde in Leistungsgruppen aufteilen (Trockensteher, Vorbereiter, Melkende bis 60 Tage, Melkende vom 61. bis 305. Tag) und aus jeder Gruppe 20% der Tiere oder mindestens drei Kühe bewerten.
- Datenbasierte Kennzahlen: Merzungsrate Kühe, Verendungsrate Kühe, Abgänge bis 30. Laktationstag, Jungkuhabgänge, Anteil eutergesunder Kühe an der Herde, Färsen-Mastitisrate. Die Zahlen dazu finden Sie in HIT oder Ihrem MLP-Bericht. Kennzahlen zur Eutergesundheit (z.B. Färsen-Masitisrate) werden in manchen Bundesländern nur online ausgespielt (Übers. 2).
- Tierbezogene Kennzahlen: Verschmutzung von Hinterhand und Euter, Häufigkeit gelenksnaher Schwellungen, Lahmheits-Score, Technopathien (wunde oder haarlose Stellen an bestimmten Körperstellen). Zur Erfassung der tierbezogenen Kennzahlen sollten Sie Ihre Herde in Leistungsgruppen aufteilen (Trockensteher, Vorbereiter, Melkende bis 60 Tage, Melkende vom 61. bis 305. Tag) und aus jeder Gruppe 20% der Tiere oder mindestens drei Kühe bewerten.
Die empfohlenen Kennzahlen hat die Projektgruppe als Checkliste mit Anleitung aufbereitet. Sie können die Vorlage unter ElitePLUS herunterladen.
Verschiedene Checklisten im Angebot
Doch nicht nur die Projektgruppe aus Sachsen-Anhalt, auch andere haben sich Gedanken gemacht:
- Das Kuratorium für Technik und Bauen in der Landwirtschaft (KTBL) hat einen Praxisleitfaden mit Tierschutzindikatoren herausgebracht. Die Inhalte stammen aus zwei Fachgesprächen mit 50 Experten aus Wissenschaft und Praxis. Der Leitfaden bietet ein Ablaufschema mit Empfehlungen für monatliche, halbjährliche und jährliche Auswertungen und bezieht ebenfalls datenbasierte und tierbezogene Kriterien ein. Der Leitfaden ist sehr umfangreich und zeitaufwendiger als die Checkliste aus der Projektgruppe in Sachsen-Anhalt, deckt aber als einziges Angebot systematisch auch Kälber und Mastrinder mit ab.
- Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen bietet mit „Cows and More“ eine digitale Checkliste an, die vorwiegend tierbezogene Indikatoren abdeckt und auch Handlungsempfehlungen ausgibt. Mit einem Preis von 2.200 € ist das Programm eher für Berater geeignet, die im Auftrag des Milchviehhalters die Haltungsbedingungen überprüfen.
- „Frag die Kuh“-Checklisten, in erster Linie aber Erklärungen und Hintergrundinformationen, bieten das DLG-Merkblatt 381 oder das Elite BestPractice „Stallcheck“ aus der Ausgabe 6/2016. C. Stöcker
- Das Kuratorium für Technik und Bauen in der Landwirtschaft (KTBL) hat einen Praxisleitfaden mit Tierschutzindikatoren herausgebracht. Die Inhalte stammen aus zwei Fachgesprächen mit 50 Experten aus Wissenschaft und Praxis. Der Leitfaden bietet ein Ablaufschema mit Empfehlungen für monatliche, halbjährliche und jährliche Auswertungen und bezieht ebenfalls datenbasierte und tierbezogene Kriterien ein. Der Leitfaden ist sehr umfangreich und zeitaufwendiger als die Checkliste aus der Projektgruppe in Sachsen-Anhalt, deckt aber als einziges Angebot systematisch auch Kälber und Mastrinder mit ab.
- Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen bietet mit „Cows and More“ eine digitale Checkliste an, die vorwiegend tierbezogene Indikatoren abdeckt und auch Handlungsempfehlungen ausgibt. Mit einem Preis von 2.200 € ist das Programm eher für Berater geeignet, die im Auftrag des Milchviehhalters die Haltungsbedingungen überprüfen.
- „Frag die Kuh“-Checklisten, in erster Linie aber Erklärungen und Hintergrundinformationen, bieten das DLG-Merkblatt 381 oder das Elite BestPractice „Stallcheck“ aus der Ausgabe 6/2016. C. Stöcker