Futterbewertung
„Wir können die Kühe endlich besser versorgen!“
Warum nicht an ein bestehendes Futterbewertungs-System anknüpfen, z.B. CNCPS? Wir haben bei einem der „Macher“ des neuen Systems nachgefragt.
In den kommenden Jahren wird sich das System der Futterbewertung in Deutschland verändern. NEL und nXP fallen künftig weg, stattdessen führen die Forschenden neue Kennzahlen ein. Was genau sich ändert und welche Auswirkungen das haben wird, haben wir für Sie zusammengestellt:
Gleichzeitig stellt sich die Frage: Warum dieser Umbruch? Wäre es nicht einfacher gewesen, sich an ein bestehendes Futterbewertungs-System anzugliedern? Das haben wir ein Mitglied des Ausschusses für Bedarfsnormen der Gesellschaft für Ernährungsphysiologie (AfBN) gefragt.
Interview
Elite: Herr Prof. Spiekers, eigentlich heißt es, „never change a winning team“. Warum werfen wir jetzt alles über den Haufen?
Spiekers: Die Energiebewertung ist 40, die Proteinbewertung 25 Jahre alt. Alles hat sich weiterentwickelt: Produktionsbedingungen, Milchleistung, Messmethoden. Wiegetröge gibt es z. B. erst seit 25 Jahren. Seit gut zehn Jahren wissen wir, dass die alten Empfehlungen nicht mehr passen und konnten dank Fördergeldern ein neues, in sich logisches System entwickeln.
Elite: Wo sehen Sie die größten Stärken des neuen Systems?
Spiekers: Wir können die Kühe besser versorgen, weil das NEL-System standardmäßig die Bedarfe über- bzw. unterschätzt. Das neue ist genauer und berücksichtigt die Dynamik in den Vormägen abhängig von der Futteraufnahme. Allerdings ist es in Analytik und Anwendung anspruchsvoller. Weil wir mehr erfassen, fallen die Unterschiede zwischen Futtermitteln, aber auch die individuellen Lösungsmöglichkeiten größer aus.
Elite: Aber wäre es nicht besser gewesen, sich an ein bestehendes System „anzukoppeln“? CNCPS zum Beispiel berücksichtigt die Faser-Verdaulichkeiten längst.
Spiekers: Ein mit Steuergeld entwickeltes System muss herleitbar, nachvollziehbar und von der Berufsschule bis zur Universität anwendbar sein. Beim CNCPS-System ist die Berechnung eine „Blackbox“. Die neuen Empfehlungen basieren auf internationalen Daten, geprüft für Deutschland und Europa. Das ist pragmatisch und international anschlussfähig. Komplett neue Versuche wären unbezahlbar.
Elite: Was sind nun die nächsten Schritte?
Spiekers: Der wissenschaftliche Rahmen steht, jetzt müssen wir in den Versuchseinrichtungen Erfahrungen sammeln und für die Praxis umsetzen. Auch die Labore müssen sich umstellen, das Futtermittelrecht, Lehrbücher, Rationsberechnungsprogramme … Ziel ist, die Ernte 2025 mit dem neuen System zu rechnen.
Elite: Das klingt ambitioniert.
Spiekers: Das mag sein, aber: Wir sind dabei, alle Beteiligten informiert mitzunehmen. Die Änderungen im Futtermittelrecht sind moderat, zwei Jahre bieten Raum für positiven Wettbewerb, z. B. zwischen den Laboren. Falls es nicht klappt, passen wir den Zeitrahmen an. Es ist doch genial, dass wir in der Tierernährung unsere „Gesetze“ selbst machen dürfen – das Bessere für die Kühe sollte doch möglich sein!
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