Nein, wie eine Feldspritze sieht das wuchtige Anbaugerät Ara von Firma Ecorobotics aus der Schweiz wahrlich nicht aus. Was mag sich bloß unter den drei großen Kammern im Heck verbergen? fragte sich so mancher Teilnehmer des Grünlandtages 2023 in Stühlingen in Baden-Württemberg (Lkr. Waldshut).
Die Schweizer Lohnunternehmer Stefan und Felix Zeugin lüfteten schließlich das Geheimnis: Unter jeder der jeweils 4 m2 großen Kammer sitzen zwei Kameras, jeweils eine 3D- und eine...
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Nein, wie eine Feldspritze sieht das wuchtige Anbaugerät Ara von Firma Ecorobotics aus der Schweiz wahrlich nicht aus. Was mag sich bloß unter den drei großen Kammern im Heck verbergen? fragte sich so mancher Teilnehmer des Grünlandtages 2023 in Stühlingen in Baden-Württemberg (Lkr. Waldshut).
Die Schweizer Lohnunternehmer Stefan und Felix Zeugin lüfteten schließlich das Geheimnis: Unter jeder der jeweils 4 m2 großen Kammer sitzen zwei Kameras, jeweils eine 3D- und eine 2D-Kamera. Sie erstellen vom Bewuchs bei der Überfahrt rund 1.200 hochauflösende Bilder in der Sekunde vom Bewuchs. Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) kann eine Bilderkennungssoftware dann z.B. Ampfer- von Nutzpflanzen unterscheiden. Sobald eine Ampferpflanze auftaucht und erkannt wird, sprühen die dafür nötigen Düsen nur über dieser einen Pflanze Spritzmittel aus.
Hohe Trefferquote und viel Einsparpotenzial
Offenbar mit einer sehr hohen Trefferquote und einem enormen Potenzial, den Spritzmittelverbrauch zu reduzieren. „Je nach Besatz lassen sich bis zu 95 % der ursprünglichen Pflanzenschutzmittel-Menge, die bei einer Flächenspritzung notwendig ist, einsparen“, sagt Jannik Pantel, Produktspezialist Digital Farming bei Fa. Eder in Tuntenhausen, die das Ara-Gerät in Süddeutschland vertreibt. Seine Einschätzung beruht vor allem auf Erfahrungen aus der Schweiz, wo bereits über 300 ha Grünland mit der neuartigen Spritze behandelt wurden. Unabhängige Vergleichsstudien fehlen aber bislang noch.
Drei Ampfer-Präzisionsspritzen am Markt
Die Neuheit aus der Schweiz ist aber nicht die einzige vielversprechende Präzisionsspritze zur Ampferbekämpfung auf Einzelpflanzenbasis. Gleich zwei weitere von Allgäuer Firmen drängen aktuell auf den Markt und stoßen angesichts des Verbots der Flächenspritzung in der Praxis auf steigendes Interesse. Auch sie versprechen ähnlich hohe Wirkungsgrade und Einsparmöglichkeiten von ca. 90 % des bisherigen Spritzmittelbedarfs.
Alle drei unterscheiden sich zwar im Grundaufbau, sind von ihrer prinzipiellen Funktionsweise her aber ähnlich. Rumex arbeitet auf 6 m Breite mit einem offenen Düsengestänge sowie Wasser- und Spritzmitteltank im Frontanbau. Die 88 Düsen mitsamt Kameras und LED-Leuchten des Rumbojet 880 verteilen sich auf 8,8 m Arbeitsbreite unter einer Plane im Heck. Diese beiden Geräte können im Gegensatz zur Ara-Spritze bisher nur Ampfer bekämpfen, weitere Unkräuter seien aber in Planung, sagen die Hersteller.
Die Rumex-Spritze verfügt über ein offenes Düsengestänge im Frontanbau mit 90 Düsen. Darüber sind drei Kameras positioniert.
(Bildquelle: Lehnert, Silvia)
Beim Rumbojet 880 sitzen 88 Spritzdüsen unter einer Plane im Heckanbau. Der Spritzmitteltank ist ebenfalls im Heck.
(Bildquelle: Markus Frick)
Mittelbedarf nach Ampferdruck justiert
Die Steuerung der Präzisionsspritzen erfolgt über ein kabelloses Tablet, wobei in der Regel nur die Kultur und die Art der Behandlung eingegeben werden muss. Die übrigen Parameter werden automatisch angepasst. Natürlich macht für den effizienten Einsatz aller drei Spritzen ein GPS-gesteuertes Fahrspurmanagement Sinn.
Der Mittelbedarf wird bei allen drei Fabrikaten vom Anwender anhand des Ampferdrucks auf der Fläche bestimmt und kann daher stark variieren. Rumex gibt z.B. von 5 Liter pro ha bis 30 Liter an. Lohnunternehmer lassen sich zur besseren Abschätzung des Mittelbedarfs oft von ihren Kunden schon im Vorfeld aktuelle Bilder von der Fläche schicken. Einsetzbar ist grundsätzlich jedes gängige Pflanzenschutzmittel.
Wird eine Ampferpflanze erkannt, sprühen punktgenau jeweils nur die Anzahl der zur Behandlung notwendigen Düsen Spritzmittel aus. Jede lässt sich über Magnetventile einzeln zu- und abschalten, auch bei Kurvenfahrt. Unabhängig vom Fabrikat der Spritze gilt: Je größer die Pflanze bzw. je mehr Blattmasse, umso langsamer muss die Fahrt für eine effektive Bekämpfung sein.
Die Grenzen des Einsatzes
Auch bei der Praxisvorführung im Südschwarzwald sind nur die Ampferpflanzen mit Spritzbrühe benetzt. Allerdings überragte dort das Unkraut vielfach schon den restlichen Bestand, die Abgrenzung zu den Nutzpflanzen fiel daher recht einfach. Doch was ist mit kleinen Ampferpflanzen, die unten im Bestand sitzen?
Erkannt werden in der Regel die Ampferpflanzen, die auch vom Auge erkannt werden, so die Hersteller. „Wenn aber z.B. das Gras deutlich höher ist als der Ampfer, könnte es schwierig werden“, gibtThimo Heer von der ZG Raiffeisen zu, die die Rumexspritze vertreibt.
Der optimale Zeitpunkt gegen Ampfer vorzugehen, ist – unabhängig von der Spritze, die nun eingesetzt wird – im Herbst im Rosettenstadium, wenn das Unkraut beginnt, Nährstoffe in die Wurzeln einzulagern. „10 bis 14 Tage nach der Mahd im Herbst im Rosettenstadium des Ampfers ist seine Bekämpfung ideal“, so Heer weiter. Man treffe zwar auch kleinere Pflanzen: „Nur können kleinere Blätter oft nicht so viel Wirkstoff aufnehmen, dass die Wurzel kaputt geht.“ ergänzt Andreas Breher von Allgäu Automation.
Ara: Highend für Tag- und Nachtfahrten
Bei der ARA-Spritze hängen die drei Arbeitsmodule am Dreipunkt im Heck (siehe Übersicht). Der 500 Liter-Wasser- sowie der Spritzmitteltank mit rund 200 Liter Fassungsvermögen sitzen im Frontaufbau. Von dort führen zwei Leitungen nach hinten. Die 156 Düsen im Abstand von jeweils 4 cm ermöglichen eine Arbeitsbreite von 6 m. Pro Stunde sind laut Fa. Eder bei einer maximalen Fahrtgeschwindigkeit von 7 bis 8 km/h auf einer Fläche mit durchschnittlichem Ampferbesatz 4 ha pro Stunde überfahrbar.
Ein Blick „unter die Haube“ der Ara-Spritze: Die Hochleistungskameras mit Steuereinheit und Düsengestänge.
(Bildquelle: Lehnert, Silvia)
ARA funktioniert rein elektrisch: Die Zapfwelle treibt einen Generator an, der z.B. für die Anpassung des Höhenzylinders auf einen Abstand von 20 cm über den Unkräutern oder für den Pumpendruck von 3 bar sorgt. Das Besondere bei ARA ist gegenüber den beiden Vergleichsgeräten ist, dass durch konstante Lichtverhältnisse (LED-Spotlights) in den drei Modulen auch nachts gefahren werden kann. Wind sei durch die angebrachten Schutzplanen während der Anwendung ebenfalls kein Problem.
Wir erwischen damit 90 bis 95 % aller Ampferpflanzen und sind damit vergleichbar zur Flächenspritzung, allerdings bei deutlich geringerem Mittelaufwand.
Stefan Zeugin, Lohnunternehmer
Mehr Praxisstimmen zum Einsatz der verschiedenen neuen Spritzen finden Sie unter folgendem Link.
Neue Feldspritzen bekämpfen einzelne Ampferpflanzen mithilfe künstlicher Intelligenz. Doch halten Sie, was die Hersteller versprechen? Wir haben drei Praktiker befragt.
Außerdem kann Ara aktuell nicht nur zur Bekämpfung von Ampfer eingesetzt werden kann, sondern auch gegen Disteln. Weitere Behandlungen im Acker- und Gemüsebau wie etwa in Zuckerrüben oder im Mais sind möglich. In der Entwicklung ist die Bekämpfung von Jakobskreuzkraut im Grünland.
Der Preis für die Maschine und für die regelmäßigen Software-Updates können aktuell bei den Vertriebspartnern, Fa. Eder in Tuntenhausen (für Bayern und Baden-Württemberg) und Agravis Raiffeisen AG, abgefragt werden.
Rumex: Leicht, kompakt und nur für Ampfer
In kleinerem, kompaktem Format, aber mit offenem Düsengestänge im Frontanbau kommt die Rumex-Ampferspritze vom Allgäuer Hersteller, der Rumex GmbH aus Rettenbach, daher. Mit drei Hochleistungskameras, künstlicher Intelligenz zur Objekterkennung und 90 Düsen deckt die Spritze eine Arbeitsbreite von 6 m ab. Der 200 Liter Spritzmitteltank sitzt ebenfalls in der Front. Dieser Vorteil aus Frontanbau und offenem Spritzbalken ermöglicht laut Hersteller in Echtzeit auf das Spritzergebnis durch verschiedene Einstellungen, z.B. die Genauigkeit der Unkrauterkennung oder die Aufwuchshöhe, Einfluss zu nehmen. Dadurch sei laut Michael Thier von der Rumex GmbH ein optimales Arbeitsergebnis gewährleistet. Bisher erkennt die Spritze nur Ampfer, die Erkennung weiterer Unkräuter sei aber in Planung.
Der Anwender kann bei der Rumex-Spritze z.B. die Genauigkeit der Unkrauterkennung oder die Aufwuchshöhe einstellen.
(Bildquelle: Werkbild)
Da das Gerät mit ca. 1.000 kg bei vollem Tank deutlich leichter ist als Ara, reicht hier laut Anbieter ein 60 bis 70- PS-Schlepper. Für die Straßenfahrt lässt sich das auf einem gefederten Fahrwerk sitzende Gestänge per elektrischer Fernsteuerung hochfahren sowie ein- und ausklappen. Sobald das Gestänge runtergefahren ist und die Zapfwelle läuft, ist der Spritzmodus aktiv. Erkennbar an einer grünen Lampe.
Über ein Tablet in der Kabine kann der Anwender das Gerät steuern und die Einstellungen optimieren, z.B. ob die Düsen schon bei einer niedrigeren Sicherheit der Unkrauterkennung auslösen sollen. Der Reinigungsmodus mit 30 Liter Frischwasser ist ebenfalls darüber auszulösen.
Die Effizienz und die Zeitersparnis mit der Spritze sind enorm.
Reinhard Weber, Lohnunternehmer
Aktuell sollen laut Hersteller Michael Thier rund 45 Geräte bei Landwirten und Lohnunternehmen in Deutschland und der Schweiz laufen. Die aktuellen Preise können laut Michael Thier bei den RUMEX Vertriebsparntern: AGRAR Landtechnik (CH), BayWa (D) und ZG Raiffeisen (D) angefragt werden.
Nach ersten Berichten aus der Praxis verlangen die Lohnunternehmer für die Behandlung von 1 ha zwischen 60 bis 80 € zuzüglich Mittelkosten und Mehrwertsteuer.
Rumbojet 880: Breiter und schneller
Als angehängtes Komplettsystem im Heck des Schleppers kommt schließlich die dritte Einzelpflanzenspritze, Rumbojet 880 von der Allgäuer Firma Allgäu Automation GmbHdaher. Das dreiteilige, hydraulisch einklappbare Gestänge (Hersteller: Wanner) mit 88 20 °-Flachstrahldüsen (Fa. Lechler) ist durch eine Plane abgedeckt, LED-Leuchten darunter sichern eine gleichmäßige Bildqualität ab. Das Gestänge mit einer fixen Höheneinstellung von 50 cm über dem Boden ist in sechs Teilbreiten mit jeweils einer Multispektralkamera, einer LED-Leuchte und einer Verrechnungseinheit ausgestattet. Die Farbe rot der Plane sorge laut Andreas Breher von Allgäu Automation für eine optimale Lichtreflektion des vorhandenen Bewuchs im infraroten Spektralbereich.
Die rote Plane über dem Gestänge sorge laut Andreas Breher von Allgäu Automation für eine optimale Lichtreflektion des vorhandenen Bewuchs im infraroten Spektralbereich und damit für eine höhere Trefferquote.
(Bildquelle: Allgäu Automation)
Der 600 Liter Haupt- und der 60 Liter-Klarwassertank sitzen ebenfalls hinten. Je nach Aufwuchsstadium gibt der Hersteller, eine Trefferquote zwischen 85 und 99,9 % an. Die Mitteleinsparung beziffert er auf ca. 90 % je nach Ampferbesatz. Wie bei den Mitbewerbern sind die 88 Düsen über Magnetventile einzeln ansteuerbar. Am Tablet kann außerdem die Blattgröße klein, mittel und groß eingestellt werden. Für die Fahrgeschwindigkeit von bis zu 10 km/ha – je nach Flächenzuschnitt – reiche ein kleinerer Schlepper mit ca. 70 PS aus.
Die Effizienz des Verfahrens hängt vor allem davon ab, ob man zum optimalen Zeitpunkt behandelt.
Markus Frick, Landwirt und Lohnunternehmer
In Hanglagen empfiehlt der Hersteller 100 PS. Bei einer rechteckig zugeschnittenen Fläche seien 7 ha in der Stunde möglich. An der Erkennung weiterer Unkräuter werde laut Andreas Breher gearbeitet, so z.B. am Kreuzkraut.
Das bedeutsamste Unkraut der Grünlandwirtschaft in Europa ist der Ampfer. Seine Bekämpfung erfordert einen großen finanziellen und zeitlichen Aufwand. Am effektivsten ist die Bekämpfung im...