Jan und Sanne van der Zijl aus dem niederländischen Vegelinsoord und Mitglieder der European Dairy Farmers waren sich der vielen Risiken, wie verschärfende Umwelt- oder Haltungsauflagen, wohl bewusst, als sie 2023 in einen neuen Laufstall investierten. Aber: „Du musst Risiken eingehen, um etwas zu erreichen. Manchmal hat man dann Glück, manchmal kann es auch daneben gehen“, fasst Jan van Zijl seine Lebens- und Unternehmensphilosophie zusammen.
Die Reportage über den Milchkuhbetrieb Haskerweide entstand im Rahmen des Jahreskongresses der European Dairy Farmers.
Doch das Risiko eines Neubaus hat sich für die Milchkuhhalter ausgezahlt. Die beiden melken, zusammen mit ihren Eltern, inzwischen 240 Kühe in einem neuen Stall mit einem innovativen Gülleseparations- und Lagersystem. Der Betrieb hat außerdem 140 Jungtiere. Insgesamt bewirtschaften sie 145 Hektar Ackerland, das aus Torf und Sandboden besteht.
Wohl durchdacht
Langsam beginnen die Kühe, von der Weide hinauf zum Stall zu traben. Die ersten Kühe erreichen das offene Stalltor und stürmen schnurstracks zum frisch befüllten Futtertisch. Sowohl Jan als auch Sanne wollten die Milchkuhbetriebe ihrer Eltern weiterführen, aber nicht an zwei Standorten parallel melken. Deshalb beschloss das Ehepaar, die beiden Betriebe zusammenzulegen. Im Jahr 2016 zogen die rund 100 Milchkühe von Sannes elterlichem Milchkuhbetrieb deshalb nach Vegelinsoord, wo Jans Familie 150 Milchkühe hielt.
Der Liegeboxenstall der Familie Van der Zijl war jedoch für die Kuhanzahl nicht ausreichend, außerdem musste in einen neuen Güllelagerraum investiert werden. „Da wir viele Investitionen tätigen mussten, entschieden wir uns recht schnell dazu, komplett neu zu bauen", fügt der Betriebsleiter hinzu. „Nur den alten Melkstand haben wir erst einmal behalten. Über neue Melktechnik wollen wir erst in ein paar Jahren nachdenken“, ergänzt seine Frau.
Planen, planen, planen
Bei der Planung des neuen Stalls hatten die beiden Unternehmer die Zukunft immer fest im Blick. Nicht nur für das Heute bauen, sondern sich alle möglichen Optionen offenhalten, das war ihr Antrieb. Deshalb sprach Sanne van der Zijl auch mit Spezialisten der Universität Wageningen und der Offizialberatung, um sicherzugehen, einen wirklich zukunftsfähigen Stall zu bauen. Eine eindeutige Antwort erhielt die junge Betriebsleiterin jedoch nicht.
Deshalb verbrachten die beiden passionierten Milcherzeuger viel Zeit damit, den neuen Stall zu planen. Diskutierten mit Experten und schauten sich verschiedene Betriebe an. Dabei diskutierten sie, wo der Stall stehen und wie die Laufwege aussehen könnten. Ein wichtiger Punkt war auch die Verbesserung des Tierwohls. So entschieden sie sich schließlich für einen zweireihigen Laufstall und bauten diesen an den alten Liegeboxenstall an. Den neuen Stall statteten sie mit einem großzügigen Abkalbebereich, Gummiböden und Tiefboxen aus, die mit Stroh eingestreut sind. „Die Kühe liegen sehr gut darin und eine automatische Einstreuanlage macht das Nachfüllen des Strohs einfach", erklärt Sanne van der Zijl den Stallgrundriss.
Alle Optionen offenhalten
Darüber hinaus legten die beiden Milcherzeuger großen Wert darauf, sich keine zukünftigen Optionen zu verbauen. „So haben wir viel Platz zwischen dem alten und dem neuen Stall gelassen. Momentan melken wir weiterhin in unserem alten 2 x 14 Side-by-Side-Melkstand. In Zukunft können wir uns jedoch auch vorstellen, auf automatisches Melken umzustellen. Dank des vielen Platzes haben wir nun die Möglichkeit, Melkroboter ohne große Umbauarbeiten zu installieren", so Sanne van der Zijl.
„Ich will alles alleine machen können“
Der alte Stall wurde gleichzeitig komplett entkernt und auf der einen Seite für das Jungvieh umgebaut. Die andere Seite des alten Stalls wurde mit einem Wartebereich vor dem Melkstand, einem Separationsbereich und einem Platz für den Klauenpflegestand ausgestattet. Durch diesen Umbau ist es den Betriebsleitern nun möglich, alle Arbeiten in der Herde notfalls auch allein durchzuführen. „Ich möchte alles ohne Hilfe erledigen können, auch das Umstallen im Abkalbebereich“, erklärt die Milcherzeugerin. Deshalb kontaktierte sie den Hersteller ihrer Stalltore und suchte nach einer Lösung. Herausgekommen ist dabei ein Tor an Schienen (siehe Foto), dass sie hin und her schieben kann. So kann sie die Größe der Gruppenbuchten ohne Hilfe variieren und die Kühe von einer Bucht in die nächste zu bringen.
In Kreisläufen denken
Neben dem Stall wollten die Betriebsleiter auch beim Thema Nährstoffmanagement für die Zukunft bauen. „Das Stroh, dass wir in Poldergebieten zukaufen und für die Tiefboxen verwenden, ist auch gut, um Humus bei unseren Böden aufzubauen“, erklärt der Betriebsleiter und fügt hinzu: „Außerdem wollten wir einen effizienten Nährstoffkreislauf für unseren Betrieb.“ Van der Zijls haben deshalb so gebaut, dass bei ihnen drei verschiedene „Dünger“ anfallen: Urin und aus der Separation Feststoffe sowie die Flüssigphase. „Sie hat allerdings einen anderen Düngewert als bei normal separierter Gülle, da der Urin ja bereits separiert wurde“, so Jan van der Zijl.
„Früher standen die Kühe auch auf Stroh und produzierten Gülle als Dünger. Leider ist dieser Dung schwer zu lagern, deshalb schicken wir den Dung hier durch einen Separator“, erklärt Sanne van der Zijl. Durch den gezielten Einsatz dieser Güllearten wollen sie jetzt zielgerichteter düngen. „Früher standen die Kühe auch auf Stroh und sie produzierten als Dünger Mist. Dieser Mist ist jedoch leider kam zu lagern, weshalb wir den Mist hier durch einen Separator schicken“, erklärt Sanne van der Zijl.
Urin wird abgeführt
Ein leises Summen ist zu hören, gefolgt von einem feinen Sprühnebel, der sich über die Gummiböden der Laufgänge legt. Um Urin und Kot trennen zu können, haben van der Zijls in einen emissionsmindernden Boden investiert, der den Urin ableitet. Der Boden weist eine dreiprozentige Neigung und Längsschlitze auf ausgestattet. In den Längsschlitzen befinden sich Löcher, durch die der Urin abgeführt werden kann. Der Boden wird alle 1,5 Stunden mit Regenwasser eingesprüht und kurz darauf mit einem Mistschieber abgeschoben. Der Urin mit Spülwasser wird im Keller unter dem Stall gesammelt.
Der abgeschobene Kot wiederum, soll separiert werden. Allerdings funktionieren aufgrund des hohen Strohanteils aus den Liegeboxen normale Gülleseparatoren nicht. Seit einigen Wochen testen sie einen neuen Separator, bisher mit Erfolg. Die trockene Gülle fällt in ein Güllesilo und wird dann ein- bis zweimal pro Woche mit dem Teleskoplader zusammengefahren und mit Folie abgedeckt.
Mit Sensoren Emissionsminderung messen
Die drei Dungströme (Urin, feste und flüssige Phase) sollen künftig, je nach Zusammensetzung, so gezielt wie möglich eingesetzt werden. Wie die Zusammensetzung dieser Güllearten genau aussehen wird, wissen die Betriebsleiter noch nicht. Sie wird derzeit untersucht.
Um in die Maßnahmen zur Ammoniakreduzierung investieren zu können, erhalten Sanne und Jan van der Zijl Unterstützung von der RVO (Nationales Büro für Unternehmen in den Niederlanden). „Voraussetzung, um diese Subvention zu bekommen, war, dass man nachweisen kann, wie man die Ammoniakemissionen nachhaltig reduzieren will", erklärt Jan van der Zijl. So muss z.B. die separierte Gülle luftdicht verschlossen werden. Außerdem müssen die Betriebsleiter nachweisen, dass sie die Stallemissionen tatsächlich reduzieren. „Deshalb haben wir Sensoren in den Stall gehängt.“
Weiter selbst mit Kühen arbeiten!
Sobald sie die Gülle endlich auch langfristig separieren und später zielgerichtet verwenden können, haben die beiden Betriebsleiter ein wichtiges Etappenziel erreicht. Die nächste Herausforderung, hoffentlich erst in vielen Jahren, wird die Arbeitserledigung sein. Denn noch arbeiten Jan und Sanne van der Zijls Eltern tatkräftig mit. „In ein paar Jahren werden wir sicherlich mit Mitarbeitern planen müssen. Aber eine Vergrößerung des Bestands kommt auch dann nicht infrage. Wir beide wollen weiter selbst mit den Kühen arbeiten!“, betont Sanne van der Zijl.
Hohe Umweltauflagen, steigende Kosten: Wie können Milcherzeuger gegenhalten? Eine der Fragen, die auf dem Kongress der European Dairy Farmers diskutiert wurden.
